Classic BattleTech 12: Bear-Zyklus 2: Clanwächter

Mit „Clanwächter“ legt Autor Arous Brocken bereits kurz nach seinem Debütroman „Katze unter Bären“ den zweiten Teil seines Bear-Zyklus aus dem „Classic BattleTech“-Universum vor. Die Karriere von Clankrieger George Geisterbär wird hier weiterverfolgt und nimmt einige unerwartete Wendungen.

von Dyotron

 

Nach dem Tod seines Vorgesetzten im Einsatz wird George Geisterbär zum Sterncommander befördert und führt seine neu zusammengestellte Kampftruppe weiter gegen die Banditen aus der Inneren Sphäre, welche ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legen, da sie sich mehrfach vom 371. Sturmsternhaufen quer durch die Besatzungszone jagen lassen, scheinbar ohne ein bestimmtes Ziel dabei zu verfolgen. Bei seinen eigenen Nachforschungen, die er auf der Polarbasis von Mannedorf begonnen hatte, trifft George auf die Clanwache, die nicht sonderlich über diese Eigeninitiative der Kriegerkaste erfreut ist und die zu Georges Überraschung um einiges mehr an Einfluss verfügt, als die Clannergesellschaft ihr eigentlich zugesteht. Das Buch endet ebenfalls wieder mitten im Handlungsverlauf, zwar nicht als unmittelbarer Cliffhanger, aber trotzdem offen genug, um den nächsten Teil ebenfalls lesen zu „müssen“.

Der Roman beginnt überraschenderweise aber nicht mit einer direkten Fortsetzung der im ersten Buch des Zyklus recht abrupt endenden Story, sondern präsentiert dem Leser erst einmal ein Kapitel, in dem man viele interessante Informationen zur Clanwache erfährt, ihren Strukturen, ihrem Vorgehen, ihren verschiedenen Abteilungen und auch ihren internen Probleme. Hier wird endlich mal wieder etwas Neuland betreten, denn die Wache wurde in allen bisherigen „BattleTech“-Romanen kaum oder nur am Rande erwähnt.

Danach geht es mit der bekannten Story weiter, jedoch hatte ich hier das Gefühl, nicht den zweiten, sondern den dritten Roman der Trilogie in der Hand zu halten. Die Handlung spielt ein paar Monate nach Mannedorf, es wird auf Ereignisse Bezug genommen, die dem Leser völlig unbekannt sind und ausserdem tauchen fremde Personen an Positionen auf, die eigentlich von jemand anderem besetzt sein sollten. Ich hatte kurzzeitig echte Befürchtungen, einen Fehldruck in der Hand zu halten.

Nach fünf Seiten löst sich das Ganze jedoch auf, und die „alte“ Story wird in Rückblenden wieder fortgeführt. Der Autor springt zwar auch ab und zu wieder in die „Jetztzeit“ zurück, allerdings immer nur kurz und relativ selten, bis die Rückblenden die fehlenden Storyteile aufgeholt haben. Ob dieses Stilmittel wirklich nötig ist, ist jedoch fraglich, zumal dem Leser dadurch einige Handlungselemente und Gefechtsausgänge bereits vorher verraten werden. Andererseits fragt man sich gleichzeitig auch, wie es wohl dazu kommen konnte. Ob das aber die Spannung ersetzt, nicht zu wissen, was auf den nächsten Seiten passiert, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich lege es Arous Brocken jetzt nicht negativ aus, diese Storyführung gewählt zu haben, bevorzuge jedoch lieber eine zeitlich geradlinigere, sich dramaturgisch langsam aufbauende Geschichte (wobei Rückblenden im Grunde völlig in Ordnung sind, der Leser aber nicht unbedingt vorher wissen sollte, was er in diesen Rückblenden alles zu erwarten hat).

Ein weiterer Punkt, der diskussionswürdig ist, sind die ganzen „Unclanmässigkeiten“, die in diesem Roman auftauchen. Zum einen bilden sie einen der zentralen Drehpunkte der Geschichte und es ist logisch, dass die Clans sich langsam an die Kampftaktiken der Inneren Sphäre anpassen, und zum anderen waren die Geisterbären schon immer einer der etwas „innovativeren“ Clans (nicht zuletzt wegen ihres – zeitlich nach diesem Roman stattfindenden – Umzugs aus den Pentagonwelten in ihre Besatzungszone oder ihres gigantischen, in früheren Romanen aufgetauchten Kampfschiffes). Dass aber ein Sterncolonel seinem Scoutstern aber direkt befiehlt, ab jetzt Zellbriggen im Kampf gegen die Sphärer zu missachten... Nun... Es gibt sicher einige Leser, denen diese Abkehr von den klaren Clanprinzipien missfallen wird, ebenso wie das Verhalten der Clanwache, denn es „verwässert“ die idealisierte Kriegergesellschaft der Clans und deutet an, dass es auch hier Dinge wie Korruption, Geheimniskrämerei und Täuschungen gibt, was harten Clanfans gar nicht gefallen wird.

Auch meiner Meinung nach ist es ein ziemlicher Schritt, den Arous Brocken da unternimmt, der aber trotz allem realistisch und akzeptabel ist, besonders wenn man sieht, was im Dark Age aus den Clans geworden ist. Schon in den ersten Romanen der Claninvasion wurde ja bereits thematisiert, wie sich die Clans von dem Kontakt mit der Inneren Sphäre verändern, zwar nur sehr vereinzelt, aber trotzdem existent. Dieser Roman ist die logische Fortführung davon. Arous Brocken hat zwar einen recht mutigen Vorstoß unternommen, jedoch mit Recht, wie ich finde. Zumal das chalcas Verhalten auch immer wieder im Roman selbst behandelt wird.

Leider werden diverse offene Fragen aus dem ersten Roman nicht wieder aufgegriffen, was ich gehofft hatte, wie etwa die Computerviren in den Systemen des „Naga“, die beim Laden der Raketen eingeschleust wurden. Das lässt ein paar lose Handlungsstränge übrig, was für einen Leser immer etwas unbefriedigend ist. Auch sonst schraubt Arous Brocken seine Neigung zur BattleMech-Technik in diesem Roman wieder etwas herunter, was ich persönlich schade finde. Eine kurze „Liebes“-Szene, wie schon im letzten Buch, findet sich allerdings erneut wieder.

Obwohl es im Vergleich zum letzten Buch etwas weniger geworden ist, so tauchen die negativen Punkte, die ich im Vorgängerroman bemängelt habe, ein weiteres Mal auf. Auch in dieser Publikation sind in den Kämpfen hier und da Konzepte aus dem Computerspiel „Mechwarrior: Ghost Bears Legacy“ entnommen worden, wie die in einer Eiswüste plazierten, stationären PPK-Geschütze oder der Angriff auf ein Landungsschiff, bei dem Elementare für einen Selbstmordangriff mit nuklearen Sprengsätzen bestückt sind. Auch Inkonsistenzen finden sich wieder. So wird erklärt, das Landungsschiff hätte nur eine leichte Laserbewaffnung, die gegen Mechs nichts ausrichten könnte und nur zur Infanterieabwehr gedacht sei, und ein paar Seiten später zerlegen diese Laser dann doch einen beschädigten Feindmech, sind aber „nicht beweglich genug, um etwas so Kleines wie Elementare (= gepanzerte Infanterie) anzuvisieren“ – obwohl sie zur Infanterieabwehr vorgesehen sind? Also bitte!

Abgesehen davon sind die Kämpfe gewohnt gut und spannend, wobei der Ausgang des letzten Gefechts in diesem Buch dann aber doch ein wenig unrealistisch wirkt, wenn man mal den Tonnageunterschied zwischen den Clannern und den IS'lern betrachtet (auch wenn Clanmechs noch so fortschrittlich sein mögen).

Weiterhin auffällig sind ebenfalls wieder die moderat auftretenden Rechtschreibfehler, der allererste gleich im Klappentext. Auch mit den Wort-trennungen kam das Setzungsprogramm für dieses Buch wohl nicht so recht klar, denn an einigen Stellen be-finden sich diese mitten im Text. So etwas wirkt einfach nur schlampig! Auch Kapitel mit falschen Monatsangaben kann man abermals entdecken und der Autor sollte auch mal etwas genauer auf seine Sternenkarten gucken: Das System heisst Stemwerde, und nicht Sternwerde, wie im Text mehrfach fehlerhaft aufgeführt.

Fazit: Wie schon beim letzten Buch macht mir „Clanwächter“ eine Bewertung recht schwierig. Vom reinen Lesen her macht es wieder viel Spaß, was nicht zuletzt an Arous Brockens gutem Schreibstil liegt. Die Story an sich ist ebenfalls okay, mit weniger allgemeinen Claninformationen und mehr zu dem interessanten Thema der Clanwache, auch wenn ihr „chalcas“ Verhalten nicht unbedingt jedem gefallen mag. Leider scheint dieser Handlungsbogen am Ende des Romans jedoch abgeschlossen zu sein, zumindest sieht es danach aus, auch wenn sich die Geschichte von George Geisterbär mit Sicherheit auf interessante Weise weiterentwickeln wird. Da die negativen Punkte aus dem letzten Buch leider immer noch auftreten, kann ich dem zweiten Teil des Bear-Zyklus leider nur ein eher nach unten tendierendes „gut“ geben.


Classic BattleTech 12: Bear-Zyklus 2: Clanwächter
Rollenspiel-Roman
Arous Brocken
Fantasy Productions 2007
ISBN: 389-0-64491-0
352 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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