Chez Cthulhu

Mit wem hat man als Spieler der „Chez“-Reihe nicht schon alles die WG teilen müssen: Geeks, Goths, Genies und Guevaras. Jetzt kommen wahrlich blasphemische Zimmergenossen hinzu: Kultisten, Mythosforscher und Schlimmeres! „Chez Cthulhu“, der jüngste Spross der Fun-Kartenspiel-Reihe von John Darbros, Steve Jackson und Illustator John Kovalic, bringt den Horror von H. P. Lovecrafts „Cthulhu“-Mythos direkt in die heimischen vier Wände.

von Frank Stein

Wie eigentlich alle Spiele der „Chez“-Reihe ist auch „Chez Cthulhu“ ein satirisches Kartenspiel für zwei bis fünf Spieler, die – so weist eine gelbe Warntafel auf der stilecht tiefvioletten Box hin – möglichst volljährig sein sollten, aber deswegen keineswegs erwachsen sein müssen. (Kurioserweise definiert Pegasus Spiele „Volljährigkeit“ weiter unten als 12 Jahre. ;-) )

Die Spielregeln entsprechen im Wesentlichen denen seiner Vorgänger. Hat man also ein „Chez“-Spiel gespielt, hat man sie alle gespielt – mehr oder minder. Für diejenigen, denen das Konzept noch fremd ist, hier ein kurzer Überblick: In einem „Chez“-Spiel, also auch in „Chez Cthulhu“, verkörpert jeder Spieler den mehr oder minder gestörten Bewohner einer WG. Spielziel ist es, eine bestimmte Menge Slack zu sammeln (= Gelassenheit, Coolness – etwas in der Art). Wie viel Slack man während einer Partie sammeln muss, wird durch den Beruf angegeben, den man zu Beginn des Spiels zugeteilt bekommt (dieser Beruf kann auch wechseln). Bei „Chez Cthulhu“ tummeln sich beispielsweise so nette Menschen wie Kammerjäger (Slackziel 17), Totengräber (Slackziel 18) und Sanatoriumswächter (Slackziel 20). Die Berufskarte jedes Spielers informiert ihn auch darüber, wie viel Geld ihm pro Runde zur Verfügung steht und wie viel Freizeit er hat.

Beides ist wichtig, um Slack zu gewinnen. Für jeden Freizeitpunkt kann man nämlich, wenn man am Zug ist, entweder eine Aktivität unternehmen oder auf eine Shoppingtour gehen, während der man für sein Geld coole Dinge kaufen kann. Dies geschieht in Phase 4 des aus 5 Phasen bestehenden Zugs. Davor hat man noch in Phase 1 seine Handkarten auf 6 aufgefüllt (die Starthand ist 5), man hat in Phase 2 eventuell notwendige Würfelproben abgelegt und man hat in Phase 3 die Möglichkeit gehabt, Personen anzurufen, um diese entweder ins eigene Zimmer einzuladen (wenn sie Slack bringen) oder in die Zimmer der Mitbewohner zu stecken (wenn sie eher nerven). Denn natürlich ist „Chez Cthulhu“ keine Kuschelparty. Jeder Spieler wird durch hinterhältige Aktionen (vor allem sogenannte „Jederzeit-Karten“) versuchen, seine Mitbewohner alt, peinlich und slacklos aussehen zu lassen. Abgeschlossen wird der eigene Zug durch ein Reduzieren der Kartenhand auf 5.

Neu an „Chez Cthulhu“ ist der im Lovecraft-Zusammenhang beinahe unvermeidliche Wahnsinns-Spielmechanismus. Verschiedene Karten, wie der „Todesschrei“ oder die „Nächtliche Sezierung“ geben einem Wahnsinnsmarker (oder nehmen sie wieder). Dabei ist Wahnsinn nicht per se schlecht. Der eigene Slackwert sinkt nur, wenn man ein bisschen wahnsinnig ist. Als „Vollkommen Durchgeknallter“ (Wahnsinn 9+) ist einem der ganze Horror schon wieder egal und man bekommt stattdessen Slack, wenn einen Tentakel aus dem Kühlschrank grüßen oder die Liebste beim Schäferstündchen Ritualgesänge anstimmt. An dieser Stelle findet sich übrigens der einzige Schwachpunkt der ansonsten sehr gut verständlichen Regeln. Aus der Tabelle wir nicht ganz klar, ob die Slackmali der Wahnsinnspunkte kumulativ sind (sprich: man für jeden Wahnsinnspunkt Slack verliert) oder ob die Gesamtmenge an Punkten einen einzelnen generellen Malus gibt (z.B. 1 Wahnsinn -1, 5 Wahnsinn -3, 7 Wahnsinn -2 ect.). Einiges spricht für diese zweite Variante (denn ansonsten wäre der Mechanismus eigentlich zu heftig), aber der Absatz ist leider etwas unklar formuliert.

Die Karten selbst sind wie immer im liebe- und humorvollen Stil John Kovalics gehalten. Echte Schenkelklopfer bleiben aus, aber im Detail der Abbildungen findet sich durchaus einiges, das für ein Grinsen gut ist. Thematisch dreht sich natürlich alles um Kultisten und echt „tiefe“ Wesen. Vor allem Tentakel und Cthulhus grünes Haupt zieren viele der Motive.

Fazit: „Chez Cthulhu“ ist ein kurzweiliges Kartenspiel, das sich vor allem als Absacker nach einem Spieleabend anbietet und seinen Humorfaktor vor allem aus Zweierlei bezieht: Der Kenntnis des „Chulhu“-Mythos und der Unkenntnis des Spiels selbst – denn jeder der Kartenwitze ist natürlich am lustigsten beim ersten Lesen! (Vielleicht ist das auch der Grund, warum – wie bei Spielekollege „Munchkin“ – regelmäßig neue Varianten erscheinen.) Leute, die sich bevorzugt verbissen durch „Arkham Horror“ kämpfen, sollten einen weiten Bogen um das Spiel machen. Wer zur Spielerunde auch gerne mal ein paar Bierchen trinkt und Seegraszigarren raucht, dürfte dagegen eine gute Dreiviertelstunde unheiligen Spaß erleben.


Chez Cthulhu
Kartenspiel für 2 bis 5 Spieler
Steve Jackson, John Kovalic
Pegasus Spiele 2010
EAN: 4250231703386
112 Karten, 25 Wahnsinnsmarker, 1 Würfel, 1 Anleitung, deutsch
Preis: EUR 14,95

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