Charon, Inc.

Im Jahre 2288 wird der Bergbau in unserem Sonnensystem von einigen wenigen Großunternehmen kontrolliert. Nicht mehr länger werden einzelne Völker oder Nationen ausgebeutet, sondern ganze Planeten und Monde. In „Charon, Inc.“ treten die Spieler als Vorstandsvorsitzende eines solchen Großunternehmens gegen die Vorsitzenden anderer Unternehmen an und versuchen, Charon (mit einem "ch" wie in "weich"), den größten Mond des Zwergplaneten Pluto, zu kolonisieren und seine Bodenschätze abzubauen.

von Jan Stetter

 

 

Der Spieleautor Emanuele Ornella ist Teilen der Spielergemeinschaft durch sein 2006 veröffentlichtes Spiel „Hermagor“ bekannt. „Charon, Inc.“ ist nun eine in Zusammenarbeit mit Fred Binkitani überarbeitete, leicht vereinfachte Version dieses Spieles. Es ist ansprechend im Comicstil gestaltet und hat eine kurze, gut verständliche Anleitung in Deutsch. Der Spielplan und die Karten sind dagegen in Englisch, aber da es sich jeweils nur um wenige Wörter handelt, kann „Charon, Inc.“ problemlos auch von Erwachsenen und Jugendlichen gespielt werden, die des Englischen weniger mächtig sind. (Notfalls gibt es für alle Aktionen Piktogramme, die sowohl im englischen als auch im deutschen Teil des Spieles identisch sind.)

Die Spieler stecken bei „Charon, Inc.“ ihre Schürfgebiete in den Minenregionen des Mondes ab, erwerben dadurch Rohstoffe in Form von Edelsteinen, um Fabriken zu bauen, nutzen mal mehr, mal weniger faire Spezialaktionen, um die anderen Vorstandsvorsitzenden zu übertrumpfen, und bauen ihr Wirtschaftsimperium zur Beherrschung des Planeten aus. Nach vier Runden gewinnt schließlich der Wirtschaftsboss mit den meisten Siegpunkten.

Pro Runde wird eine bestimmte Menge an Ressourcen (Edelsteinen), die sich nach der Anzahl der Spieler richtet, auf die einzelnen Schürfgebiete gelegt. Beginnend mit dem Startspieler, bestücken die Spieler danach das Spielfeld mit ihren Konzernflaggen, die sie von ihren jeweils fünf Aktionsfeldern nehmen. Ziel des Setzens ist das Erlangen von Mehrheiten in den Schürfgebieten. Jeder Spieler muss allerdings die letzte seiner fünf Flaggen auf ihrem Aktionsfeld belassen und kann nach der Setzphase diese spezielle Aktion durchführen (etwa eine Flagge umsetzen, eine zusätzliche Baukarte ziehen, einen Jokeredelstein bekommen, Edelsteinfarben zu günstigen Kursen tauschen usw.). Anschließend werden die Mehrheiten in den Schürfgebieten ermittelt, indem die einzelnen Flaggen auf den wichtigen Punkten eines Claims (also angrenzenden Wegpunkten und Straßen) gezählt werden. Das Ergebnis bestimmt den Claimeigner, der alle Edelsteine seines Claims erhält; bei Gleichstand besitzt jedoch kein Spieler den entsprechenden Claim.

Mit Hilfe ihrer Ressourcen können die Spieler nun Gebäude bauen. Dafür können sie eine Gebäudekarte aus ihrer Hand oder – ab Runde 2 – aus der offenen Auslage spielen, die angegebene Art und Menge der Ressourcen zahlen und die Karte vor sich ablegen. Da ein Spieler jedes Gebäude aber nur einmal bauen darf und die Gebäude unterschiedliche Wertigkeiten haben, sollte das Bauen natürlich gut durchdacht sein, denn es dürfen darüber hinaus auch nur maximal zwei Ressourcen in die Folgerunde mitgenommen werden; ein Horten der Ressourcen ist somit nicht möglich.

Nach der Bauphase erhält jeder Spieler wieder zwei Baukarten, von denen eine auf der Hand behalten und die andere in die offene Auslage gelegt werden muss. Am Ende der Runde kommen schließlich die Flaggen wieder zurück auf die Aktionsfelder.

Es sind also ständig wichtige Entscheidungen zu treffen und Taktiken der Gegner vorauszusehen, die Ressourcen sind stets knapp, die Gebietsmehrheiten sind bei gegnerischem Widerstand nicht leicht zu erringen. Erfreulich ist dabei die Balance zwischen starken und schwachen Spielern, da der wirtschaftlich stärkste Spieler einer Runde in der Folgerunde Startspieler wird und seine erste Flagge auch zuerst setzen muss. Das gibt den anderen Spielern den Vorteil, darauf reagieren zu können und das Rundengeschehen jeweils mit dem Setzen der letzten Flagge noch maßgeblich beeinflussen zu können.

Fazit: „Charon, Inc.“ ist ein Spiel der Mehrheitengewinnung und Gebietskontrolle, das gute und flüssig spielbare Mechanismen in sich vereint, die allerdings nicht (mehr) bemerkenswert originell sind. Aber das müssen sie ja auch nicht sein, denn die Stärken dieses Spieles liegen gerade in seinem einfachen Aufbau, der trotzdem vielfältige Planungsmöglichkeiten erlaubt. Das macht „Charon, Inc.“ zu einem empfehlenswerten Spiel sowohl für den Familienkreis als auch – mit einigen Einschränkungen bei der Komplexität – für Vielspieler und „Strategen“. Mit dem Thema SciFi hat „Charon, Inc.“ allerdings nur wenig zu tun.


Charon, Inc.
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 13 Jahren (ca. 60 Minuten pro Spiel)
Emanuele Ornella, Fred Binkitani
Pegasus Spiele 2010
EAN: 4250231703522
1 Spielbrett (englisch), 35 Plastikfähnchen, 106 Edelsteine, 1 Rundenzähler-Spielstein, 55 Baukarten (englisch), 1 Leinenbeutel, 1 Anleitung (deutsch)
Preis: ca. EUR 24,95

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