Buch 2: Raumflotte

Bei „Raumflotte – Wächter der Raumrouten“ gilt: nomen est omen. Hier finden sich eine Menge Informationen für angehendes Raumflottenpersonal. Aber der neue Quellenband enthält viel mehr als das. Unter anderem werden auch angehende Schiffsbauer diesen Band sehr interessant finden.

von Andreas Loos

Der vorliegende Quellenband ist nach „Söldner“ die zweite Regelerweiterung, der vom 13Mann Verlag für „Traveller“ übersetzt wurde. Wie schon vom Grundregelwerk und „Söldner“ bekannt, ist das Cover sehr schlicht gehalten. Der Titel steht in Grün auf schwarzem Grund. Der Verlag ist seiner Linie treu geblieben und hat auch diesmal den Band im Hardcoverformat mit Lesebändchen gestaltet. Das Ganze ist auch solide verarbeitet.

Auf 160 erfährt der Leser allerlei Wissenswertes zum Thema „Raumflotte“. Wurde bei dem Quellenbuch „Söldner“ noch größtenteils versucht „generisch“ zu bleiben, befasst sich Raumflotte fast ausschließlich mit dem Hintergrund des „Dritten Imperiums“. Vieles kann zwar problemlos umgemünzt werden, aber für ein Spielssystem, das den Anspruch erhebt generisch für alle möglichen Zukunftsszenarien zu sein, verstrickt sich „Raumflotte“, zumindest für meinen Geschmack, zu sehr in das Geflecht des „Dritten Imperiums“. Da die meisten Leute aber sowieso „Traveller“ mit dem dafür ausgearbeiteten Hintergrund spielen, ist das kein wirkliches Manko.

Nachdem der Leser ganz kurz darauf eingestimmt wird, was ihn erwartet, werden ein paar grundlegende Punkte geklärt. Zunächst bekommt man einen genaueren Einblick in den Aufbau der Imperialen Raumflotte. Die Aufteilung in Flotten und einzelne Geschwader steht hier im Mittelpunkt. Dabei wird im Wesentlichen das wiederholt – wenn auch mit etwas mehr Details –, was bereits im Quellenbuch über die „Spinwärtsmarken“ zu dem Thema geschrieben wurde.

Kapitel 1 befasst sich mit der Erschaffung von Raumflottencharakteren. Zu Beginn werden die Unterschiede zu der Charaktererschaffung eines Raumflottencharakters aus dem Grundregelwerk besprochen. Ähnlich wie auch schon bei „Söldner“ werden hier zum Beispiel Orden und Medaillen als sichtbare Zeichen besonderer Verdienste eingeführt, welche während der Charaktererschaffung dann in Wurfmodifikatoren umgewandelt werden können. In der Regel folgen die hier präsentierten Auszeichnungen denen, die man schon aus Söldner kennt. Aber ein paar sind auch speziell auf den Dienst in der Flotte gemünzt. Wer der Raumflotte beitritt, tut dies nur selten aus rein finanziellen Gründen. Neben dem Prestige, das mit einer Karriere bei der Raumflotte als sicht- und greifbarstes Symbol des Imperiums verbunden ist, kann man dank der oben erwähnten Auszeichnungen auch Ruhm und Ehre erwerben.

In der Folge werden die einzelnen Karrierewege aufgeschlüsselt. Alle sind mit ausführlichen Tabellen zur Charaktererschaffung versehen. Neben der Laufbahn als einfaches Besatzungsmitglied, gibt es noch spezialisierte Karrieren im Bereich Unterstützung, als Ingenieur, Bordschütze, Flugpersonal, Pilot (Jäger und andere Kleinfahrzeuge), Befehlsstab, beim Raumflottengeheimdienst und als Raumflotteningenieur (der darf mit dem neuesten Spielzeug experimentieren). Den Abschluss bildet eine Laufbahn beim Oberkommando der Raumflotte.

Um sich noch weiter von den Standardcharakteren aus dem Grundregelwerk abzugrenzen, werden neben zwei neuen Fertigkeiten auch ein paar neue Abfindungsmöglichkeiten eingeführt. Danach folgt eine kurze Abhandlung über Alienrassen in der Imperialen Raumflotte. Die hier gebotenen Informationen geben auch einen kleinen Einblick, wie Fremdrassen ihre eigenen Flotten strukturieren und welche Konzepte von diesen bevorzugt werden. Das Kapitel schließt mit der Beispielhaften Erschaffung eines Jägerpiloten namens Harek Haradson.

Damit kommen wir zu Kapitel 2, welches sich mit neuen Raumfahrzeug-Optionen befasst. Kurz und knapp gesagt: Hier finden sich allerlei nützliche Regeln und neue Ausrüstungsgegenstände für den angehenden Schiffsdesigner. Neue Waffensysteme, wie etwa Railguns und Torpedos, Optionen für den Sandwerfer, Schwarzschildgeneratoren und neuartige Sensorsysteme sind nur ein paar der beschriebenen Neuerungen. Auf diesen Teil habe ich mich persönlich noch am meisten gefreut. Die hier geschilderten Neuerungen sind sehr vielfältig und modifizieren das Basissystem aus dem Grundregelwerk erheblich.

Spezielle Regeln für das Kleinfahrzeugdesign (10 – 99 Tonnen) schließen sich unmittelbar an. Zusammen mit den vorangegangen Regeln kann man nun alles, vom Shuttle bis zum Jäger, entwerfen.

Das Grundregelwerk bot nur eingeschränkt die Möglichkeit, große Schiffe zu konstruieren. Die Sektion über das Großschiff-Design schafft da Abhilfe, denn damit können Schiffe bis zu 1.000.000 Tonnen gebaut werden. Auch hier werden noch einmal spezialisierte Regeln präsentiert, die ein umfassendes Design ermöglichen. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Vorgangs verzichte ich aber auf eine nähere Beschreibung. So viel sei aber gesagt: Wer schon immer Schlachtschiffe und Superträger bauen wollte, ist hier genau richtig.

Damit man nicht den Großteil eines Spielabends damit verbringt, alle Waffen seines neuen Schlachtschiffs einzeln abzufeuern, gibt es in Kapitel 3 erweiterte Regeln für den Raumkampf mit den wirklich großen Schiffen. Regeln für Salvenangriffe, Initiative, Angriffe mit Zentralgeschützen, Handhabung von Schäden am Schiff, Regeln für den Einsatz von Jägerformationen sowie optionale Regeln über die Erteilung spezieller Befehle, mit denen ein Kommandant seinem Schiff besondere Boni verschaffen kann.

Zum Schluss gibt es noch ein paar alternative Regeln zur Bewegung von Raumschiffen mittels Miniaturmodellen.

Das nächste Kapitel widmet sich Beispielfahrzeugen aus dem Bereich Kleinfahrzeuge. Die hier präsentierten kleinen Schiffe sind zumindest teilweise Neuauflagen von Schiffen, die im Grundregelwerk zu finden sind. Hier nun werden sie aber unter Verwendung der neuen Regeln zum Kleinfahrzeugdesign abgedruckt. Insgesamt werden neun Designs vorgestellt. Alle Designs sind mit einem entsprechenden Deckplan abgebildet.

In der Folge werden dann Beispiele für Große Schiffe gegeben. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Schiffstypen im Buch. Da wären ein Schlachtschiff mit 200.000 Tonnen, ein ausgehöhlter Planetoid, der es auf 30.000 Tonnen bringt, ein Kreuzer, ein Großes Geleitschiff, ein leichter Träger und ein Superfrachter. Wie schon bei den Kleinfahrzeugen finden sich auch hier detaillierte Schiffspläne, die sich über etliche Decks und mehrere Seiten jeweils erstrecken.

Das letzte Kapitel befasst sich mit Abenteuern bei der Raumflotte. Außerdem gibt es eine Seite mit Tipps für eine Kampagne in der Raumflotte. Anhand von Tabellen kann man seine eigenen Missionen und Abenteuer zufällig erstellen.

Ein Index rundet den Quellenband dann ab. Was ich leider vermisst habe, ist ein Charakterbogen, wie man ihn bei „Söldner“ finden konnte. Ein weiteres Manko sind die nicht unerheblichen Fehler, die dem Lektorat beziehungsweise Korrektorat entgangen sind. Zwischenzeitlich wurde eine Errata mit etwa drei Seiten Umfang auf der Homepage des Verlags veröffentlicht.

Fazit: Für jeden, der eine Kampagne in der Raumflotte spielen möchte, ist dieses Regelwerk natürlich ein Muss. Aber auch jeder, der gerne neue Schiffe entwirft, wird hier unbedingt fündig – zudem man nur hier die Regeln für den Bau wirklich großer Schiffe finden kann. Die Regeln für den Raumkampf können sich ebenfalls sehen lassen. Wer den Band „Händler und Kanonenboote“ sein Eigen nennt, kann diesen ohne „Raumflotte“ nur bedingt nutzen. Für mich ist „Raumflotte“ die bis dato wichtigste Regelerweiterung. Deshalb gebe ich trotz der Schwächen des Lektorats eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.


Buch 2: Raumflotte
Quellenbuch
Marc Miller u.a.
13Mann Verlag 2010
ISBN: 978-3941420021
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

bei amazon.de bestellen