Batman: Joker

Es ist keine neue Erkenntnis, dass Batmans Erzfeind Joker dank Heath Legers Darstellung in Christopher Nolans unvorstellbar erfolgreichem Blockbuster „The Dark Knight“ einen gigantischen Popularitätsschub erlebt hat und zum eigentlichen Star des Films avanciert ist. Mit „Batman: Joker“ liegt nun auch ein Comic vor, der den Clownprinzen des Verbrechens ins Zentrum der Handlung rückt.

von Bastian Ludwig

Handlung

Gotham City: Jonny Frost ist ein kleiner Krimineller, einer, der die Aufgaben erledigt, die sonst keiner erledigen will. Eine dieser Aufgaben führt ihn vor die Tore des Arkham Asylums. Hier, wo versucht wird, den gefährlichsten Psychopathen Gothams ihren Wahnsinn auszutreiben, soll Jonny einen der Insassen abholen. Offensichtlich ist es diesem Irren gelungen, die Ärzte davon zu überzeugen, dass ihre Therapie bei ihm tatsächlich zum Erfolg geführt hat. Ein schwarzes Gittertor schwingt zur Seite und Jonny blickt in das Gesicht des schlimmsten Verbrechers, der Gotham je terrorisiert hat: Der Joker ist zurück, und er will die Kontrolle über seine Stadt zurückerobern.

Der arglose Jonny wird zu seiner rechten Hand. Aufgestiegen in die oberste Liga von Gothams Untergrund muss er jedoch langsam erkennen, wie wahnsinnig und skrupellos sein neuer Boss wirklich ist.

Besprechung

„Ein Joker wie im Film“, verspricht die Tagline dieses Comics werbewirksam. Was die Optik anbelangt, ist das nicht zu leugnen. Auf jeder Seite grinst dem Leser das durch „The Dark Knight“ so berühmt gewordene Glasgow Smile mit den schwulstigen Lippen entgegen, und auch die Kleidung in gedeckten Farben hat wenig mit dem strahlenden Violett und Grün vergangener Tage zu tun.

Die Charakterisierung des Jokers jedoch ist eine eigene, was kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dass die Entwicklung der Story schon im Jahr 2006 begann, wie Autor Brian Azzarello in einem Interview mit newsarama.com erklärte, und somit der Kinofilm nicht als Vorbild, sondern eher als gleichzeitig entstandenes Vergleichsprojekt zu sehen ist.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Comic ursprünglich „Joker: The Dark Knight“ heißen sollte, was aber schließlich zugunsten von Nolans Film schlicht in „Joker“ geändert wurde, wobei es den Joker sicherlich gar nicht zum Lachen bringen dürfte, dass er in der deutschen Version den Titel seines Comics mit dem Dunklen Ritter teilen muss, tritt dieser doch in der Geschichte nur am Rande in Erscheinung, wenngleich der Joker sich sicher ist, dass sein Erzfeind ungesehen im Schatten lauert und ihn permanent beobachtet.

Nun aber zurück zur Art und Weise, wie uns der Charakter im Comic präsentiert wird. War Heath Ledger eher die personifizierte Aushebelung aller gesellschaftlichen Ordnung und rührte sein Wahnsinn aus dem Wunsch nach Chaos, so sehen wir hier auf der einen Seiten die klassische Joker-Darstellung des skrupellosen Mörders, der tötet, weil das Ableben seiner Opfer für ihn den ultimativen Gag bedeutet, auf der anderen Seite aber auch einen Bandenboss, der seinen Teil des Kuchens zurückhaben will und dafür gezielt über Leichen geht.

„Batman: Joker“ ist ein Kind des „real-life-touch“-Konzepts, das seit Bryan Singers „X-Men“-Adaption in der Welt der Superhelden Einzug gefunden hat und von dem auch „The Dark Knight“ geprägt war. Klassische Motive wie das kräftemessende Spiel mit Batman, tödliche Scherzartikel, allen voran der Elektroschocker und das Joker-Gas, oder das Ziel, Gotham in ein Tollhaus zu verwandeln, treten deswegen bei dieser härteren, realistischeren Auslegung der Jokerfigur zurück. Dafür werden Sadismus, Drogenkonsum und Vergewaltigung thematisiert. Das Faszinierende, Besondere der Figur ist dadurch leider etwas verloren gegangen, denn was übrig geblieben ist, ist eigentlich nur ein „normaler“ psychopathischer Massenmörder, wie man ihn auch in einem Psychothriller jenseits des Superheldengenres antreffen könnte. Dennoch ist der Joker spannend genug gestaltet, dass man ihn gerne durch die Handlung begleitet.

Der Begriff „begleiten“ trifft dabei den Nagel auf den Kopf, denn Azzarello hat gezielt die Entscheidung getroffen, die Geschichte nicht aus der Perspektive des Jokers selbst zu erzählen, sondern aus dem Blick seines Gehilfen Jonny Frost. So vermeidet er es, in die Psyche eines völlig Wahnsinnigen eindringen zu müssen. Das Unverständliche hinter diesem Wahnsinn wird auf diese Weise herausgestellt, denn genauso wenig wie Jonny, versteht der Leser, was im Gehirn des Jokers abläuft, falls dort überhaupt etwas ablaufen sollte.

Eingefangen werden Jonnys Erlebnisse mit seinem neuen Boss in Bildern, die von Zeichner Lee Bermejo stammen. Sein Stil ist kantig und hart, das Inking ist flächig, kennt keine Schraffuren. Nur auf einigen ausgewählten Seiten wechselt er vom graphischen Stil zu feiner Malerei. Obwohl die Farbgestaltung selbst nicht besonders dunkel ist, sorgt eine monochrome Seitengestaltung zusammen mit dem unbequemen Zeichenstil für eine gelungene Unterstützung der düsteren Atmosphäre der Geschichte.

Fazit: Obwohl sich „Batman: Joker“ in der Vermarktung verständlicherweise an „The Dark Knight“ anhängt und auch optisch auf ihn referiert, haben Azzarello und Bermejo hier einen in Stil und Darstellung der Hauptfigur eigenständigen Comic vorgelegt, welcher einem Charakter, der schon eine lange Geschichte mit vielen verschiedenen Inkarnationen hinter sich hat, ein durchaus beachtenswertes neues Mosaiksteinchen hinzufügt.


Batman: Joker
Comic
Brian Azzarello, Lee Bermejo
Panini 2009
ISBN: 978-3-86607-825-3
124 S., Softcover, deutsch
Preis EUR 16,95

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