Geballte 216 Seiten umfasst Band VI der Reihe "Aventurische Regionen" und widmet sich intensiv dem westlichen Mittelreich. Viele Seiten, langer Titel: "Am Großen Fluß. Albernia, Windhag, Nordmarken und die Feenlande." (Im Weiteren AGF abgekürzt.) Auch das beiliegende Material ist umfangreich: eine Farbkarte "Das westliche Mittelreich", eine DIN A3-Farbkarte von Havena (Spieler), eine DIN A3-Schwarz-Weiß-Karte von Havena (Meister), eine DIN A4-Schwarz-Weiß-Karte "Das Delta des Großen Flusses", eine DIN A4-Schwarz-Weiß-Karte der politischen Grenzen der Region und vier sepiafarbene DIN A4-Karten der Städte Elenvina, Angbar, Ferdok und Honingen. Die Gesamtredaktion des Bandes hat Momo Evers und damit wohl ein verdammt großes Stück Arbeit hinter sich gebracht.

AGF basiert auf der im September 1991 erschienen Box „Das Fürstentum Albernia“. Doch in den vielen Jahren, die seit der ersten Veröffentlichung vergangen sind, haben so viele Ereignisse die Regionen um den Großen Fluss geprägt, dass eine Neuauflage in der Reihe unumgänglich, ja unverzichtbar war. Leider hat dies seit Bestehen der Reihe "Aventurische Regionen" recht lange gedauert, betont doch auch die verantwortliche Redakteurin Evers im Vorwort, dass diese Region "besonders geeignet [ist] für jene, die sich zum ersten Mal auf eine Reise nach Aventurien wagen". Einsteigerabenteuer aus dieser Region haben eine lange Tradition, ist doch DER Klassiker "Im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler" (Abenteuer Nr. 1) aus dem Jahre 1984 das erste in einer langen Reihe, die mit den Abenteuersammlungen "Drachenodem" (Abenteuer Nr. 126) oder "Verwunschen und Verzaubert" (Abenteuer Nr. 130) in jüngster Zeit wieder größere Beliebtheit unter den Autoren finden. Aus diesem Grund findet sich auf den ersten Seiten von AGF eine Art Willkommensgruß an die Neuankömmlinge in Aventurien, die Einsteiger in das Rollenspiel "Das Schwarze Auge". Sehr lobenswert daran ist, dass auch der Sinn, Zweck und Gebrauch einer Regionalspielhilfe den Einsteigern erläutert wird.

Der Geschichte des Großen Flusses, die bereits vor der Ankunft der Menschen eine bewegte war, widmet sich der Band auf beinahe 20 Seiten. Über die Besiedlung der Güldenländer, das Neue Reich bis in die Neuzeit mit ihrem Jahr des Feuers und der Krönung Rohajas als Kaiserin des Mittelreiches umspannt die umfangreiche Zusammenfassung die wichtigsten geschichtlichen Ereignisse.

Es folgt ein hilfreiches Kapitel zum Spiel um Macht und Politik, das einführend in das Thema Politikabenteuer Nützliches für den Spielleiter bereithält. Auch auf weiterführende "DSA"-Publikationen zum Thema wird hingewiesen. Aber bei allgemeinen Tipps bleibt es nicht, denn für die verschiedenen Regionen am Großen Fluss werden kurz verschiedene Szenarien genannt, die der Spielleiter aufgreifen und zu Abenteuern ausbauen kann. Neben den regionalpolitischen Problemen wird aber auch die große Misere – der Krieg in Albernia – mit einem eigenen Kapitel gewürdigt. Es werden die Gründe für den Krieg genannt, der Verlauf nachgezeichnet und für die Zukunft grob skizziert, es werden die streitenden Parteien vorgestellt und auch jene, die zwischen den Stühlen sitzen. Wie sich der Krieg ins Spiel einbinden lässt und welchen Regeln er gehorcht, erfährt der neugierige Leser selbstverständlich auch.

Auf drei Seiten wird der längste Strom Aventuriens und sein Weg durch sechs Provinzen genauer unter die Lupe genommen: das Leben mit, am und auf dem Großen Fluss wird eingehend beschrieben. Die vier nachfolgenden Kapitel beschäftigen sich mit dem Königreich Albernia, der Markgrafschaft Windhag, dem Herzogtum Nordmarken und dem Fürstentum Kosch. Jeder dieser Regionen ist eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Informationen vorangestellt, die unter anderem die wichtigsten Städte, die geschätzte Bevölkerungszahl, das Wappen, die lokalen Fest- und Feiertage und natürlich den/die Herrscher(in) aufführen.

Das Königreich Albernia nimmt dabei den größten Platz mit 52 Seiten ein. Darin wird sogar Wert auf Details wie gängige albernische Namen oder die Elfen Albernias gelegt. Beschrieben wird das Abagund, das Honinger Land, Honingen, Gundelwald, Bredenhag, das Windhaller Land mit der Stadt Windhall und natürlich der Farindelwald. Es folgt das Seenland, das Delta des Großen Flusses und die Stadt Havena, die mit knapp 22 Seiten gewürdigt wird. Alleine die Stadtbeschreibung ist die Anschaffung des Bandes AGF schon wert. Für die Markgrafschaft Windhag ist zum Beispiel die Beschreibung der Baukunst oder die auffälligen Umschreibungen der aventurischen Götter interessant. Aber auch die Sagen und Legenden haben es in sich; erst recht in sich haben es die Steinbrüche und Bodenschätze der Region.

Aus dem Herzogtum Nordmarken gibt es seltsame und gruselige Sagen und Legenden zu berichten; von Speis und Trank, Musik und Tanz, Festen, Feiern und Brauchtum erfährt der neugierige Leser mehr. Ein genauerer Blick wird geworfen auf die Herzogenstadt Elenvina, die Grafschaften Isenhag, Albenhus und Gratenfels. Das Fürstentum Kosch hat nicht nur eine friedliche Mischung aus Menschen und Zwergen zu bieten, sondern auch das einmalige Märchen vom Rabbatzmann oder das Albuminer Allerlei (eine kulinarische, aber einfache Leckerei genannt Eintopf). Aus der Region werden die Grafschaften Wengenholm, Hügellande und Ferdok und die Städte Angbar und Ferdok vorgestellt.

Von "Wundersamen und Zauberhaften" ist auf 20 Seiten von AGF zu lesen. Das schönste und spannendste Kapitel des ganzen Bandes zugleich. Die Anderswelt, das Zauberland, die Traumebenen oder das Verwunschene Reich, für die aventurischen Feenwelten gibt es unzählige Namen. Anschaulich werden unterschiedliche Beispiele für diese Feenwelten genannt. Über die Eingänge in diese Feenwelten, die so genannten Feentore, diverse Arten von Feenwesen und bestimmte Feenpersönlichkeiten kann der Meister interessante Informationen finden. Auch verwunschene Orte werden genauer beschrieben.

Wie die Feen in der Menschenwelt zurechtkommen und wie sie von den Menschen betrachtet und gefürchtet werden, kann der Spielleiter nachlesen. Sehr wichtig ist es für das Rollenspiel, zu wissen, wie Feen im Spiel darzustellen sind und wie man am besten Abenteuer in der fremden Welt der Feen gestaltet. Der Große Fluss ist aber nicht nur eine Lebensader für Menschen und andere Völker an seinen Ufern, sondern er selbst ist Teil der albernischen Folklore als der Flussvater. Dieser verfügt über einen großen Hofstaat, der aus Neckern, Nixen und Meermenschen besteht. Über ihre Lebensweisen, Sprache, Magie und Beziehungen zu den Menschen kann der Meister einiges Wichtige und Neue in Erfahrung bringen.

Das Kapitel über die berühmten und berüchtigten Persönlichkeiten darf in einer Spielhilfe nicht fehlen. Neben der königlichen Familie werden in diesem Kapitel auch Teile des Adels vorgestellt, aber auch albernische Künstler und geheimnisvolle, seltsame Individuen, die in den verschiedenen Regionen am Großen Fluss beheimatet sind.

Den Regionalband AGF schließen wie immer die "Mysteria et Arcana", die selbstredend ausschließlich aus Meisterinformationen bestehen. Darum soll an dieser Stelle auch nicht zu viel verraten werden, außer, dass für jede der Regionen einige wirklich außergewöhnliche und reizvolle Geheimnisse vorgestellt werden. Damit der Meister einen eigenen Spielraum für seine Abenteuer und die 'private' Entwicklung seiner Spielwelt hat, sind diejenigen Mysterien markiert, die eher unwahrscheinlich Einzug halten werden in die offiziellen Publikationen von FanPro und somit für den Meister zur freien Verfügung stehen.

Abgerundet wird er sechste Regionalband von einer Literatur-, Musik- und Filmliste, die dem Meister als Anregung sehr dienlich sein können.

Fazit: Nicht nur für die Fans oder den bestausgestatteten Meister ist „Am Großen Fluss“ ein Muss, sondern auch (oder vor allem) für die Neulinge im Universum des Rollenspiels "Das Schwarze Auge". Der Band ist jeden Cent wert und kann unbedingt empfohlen werden! Die einsteigerfreundliche Gestaltung und Ausrichtung sind vorbildlich.

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