Aventurische Regionen 14: Schattenlande

Immer noch herrschen die Erben des Dämonenmeisters in den Regionen an der aventurischen Ostküste – den Schattenlanden. Doch die verschiedenen Kriegsherren sind zerstritten und neiden sich ihre Macht und Besitztümer. Die Streiter der zwölfgöttergläubigen Lande bedrohen ihre Herrschaft und bekämpfen die Schergen der Dämonenanbeter und Heptarchen bis auf Äußerste in Warunk, Tobrien und auf Maraskan. Der neueste Regionalband erzählt von den Regionen unter der Kontrolle der Erben Borbarads und von umkämpften Gebieten, von ihrer Geschichte, uralten Mysterien, dem Erbe der Trolle und der Druiden in Tobrien, tödlicher Flora und Fauna auf Maraskan, Persönlichkeiten der Schattenlande und den lockenden und verborgenen Geheimnissen, die dort auf Helden warten.

von Ansgar Imme

„Schattenlande“ ist der vierzehnte und damit letzte der Regionalbände, die seit 2003 als Hardcover erschienen sind. Vor allem auf Basis der Box „Borbards Erben“ gab es für den Bandredakteur Daniel Simon Richter und seine zwölf göttergefälligen Autoren genügend altes Material, das zu sichten, neu zu bearbeiten und vor allem auf einen ganz neuen Stand zu bringen war. Mit Chris Gosse, Thomas Römer und Stephan Küppers waren auch an diesem Band drei der bekanntesten und beliebtesten sowie erfahrenen „DSA“-Autoren beteiligt. Wie beim Vorgänger-Regionalband „Im Bann des Nordlichts“ gab es auch hier Änderungen von Bandredakteur und Mitarbeitern. Tyll Zybura als ehemaliger Bandredakteur entschied sich nach den Querelen um den Abgang von Mark Wachholz, die Redaktion ebenfalls zu verlassen. Die Übergabe des Materials klappte jedoch problemlos und professionell.

Layout, Aufmachung, Illustrationen

Beim letzten Regionalband hat sich der Verlag Ulisses Spiele noch einmal großzügig gezeigt: 253 klein und eng beschriebene Seiten inklusive eines dreiseitigen Index zum Nachschlagen warten auf den Leser. Nur bei den Karten und Plänen hätte es etwas mehr sein dürfen: Neben einer DIN-A3-Farbkarte von Maraskan und DIN-A4-Farbkarten der beiden Städte Tuzak und Yol-Ghurmak sind noch DIN-A4-Schwarz-Weiß-Pläne von Mendena, Warunk, Boran und Jergan enthalten. Eine Karte Tobriens fehlt jedoch leider (wurde auf der Homepage des Verlages als Download nachgereicht).

Das Layout hält den hohen Standard der bisherigen Bänden und ist sehr stimmig, grau hinterlegte Kästen bieten immer wieder zusätzliche Hintergrundtexte oder vertiefende Informationen an den jeweiligen Stellen. Auch hier ist die Gliederung mit nur zwei Ebenen zu kritisieren, was bei einer Suche über das Inhaltsverzeichnis wenig hilfreich ist. Die Illustrationen sind von guter bis hoher Qualität, weisen nur wenige Wiederholungen auf und geben die dunkle Stimmung des Bandes und der Regionen passend wieder.

Der Inhalt

Wie im Vorgängerband liegt auch hier die Beschreibung eines eher heterogenen Gebildes vor, sowohl von den regionalen Aufteilungen und Herrschern als auch den kulturellen Unterschieden her. Doch hier sind die Reiche etwas größer und lassen sich besser abgrenzen: Tobrien mit Weißtobrien, Transysilien, der Warunkei, der Fürstkomturei Tobimora, der Blutigen See und Beilunk sowie Maraskan mit dem Shîkanydad, der Fürstkomturei Maraskan und dem Bannland. Beide geografischen Bestandteile enthalten wie üblich die Geschichte der Region, die geographischen Beschreibungen von Land und Städten, Kulturen und Völker sowie Persönlichkeiten und Geheimnisse. Abgeschlossen wird dies mit einem großen und umfangreichen „Mysteria et Arcana“ zu den Geheimnissen der Landstriche.

Nach einem recht ausführlichen Vorwort und mehr als halbseitigem Abkürzungsverzeichnis (was nur zeigt, wie umfangreich die Publikationsdichte des „Schwarzen Auges“ mittlerweile ist, was es aber auch für Gelegenheitsspieler nicht einfacher macht) beginnt der fast 140 Seiten umfassende Teil zum umkämpften Tobrien, von denen allein neun Seiten die Geschichte des Landstrichs umfassen. Es folgt die geographische Beschreibung inklusive Informationen zu Klima, Reisen, Flora und Fauna sowie zu Dämonen und Daimoniden. Die Kultur der Tobrier wird auf den nächsten acht Seiten ergänzt und erzählt unter anderem von Lebensweise, Speis und Trank, Kleidung, Recht und Gesetz sowie ausführlicher von den verschiedenen Religionen, vor allem dem Glaube an Erzdämonen und die Borbarad-Kirche.

Mit Transysilien wird auf 35 Seiten der nordwestliche Teil Tobriens als erstes beschrieben. Einst durch den Dämonenkaiser Galotta beherrscht, hat sich nun ein Triumvirat aus Arngrimm von Ehrenstein, Balphemor von Punin und Leonardo dem Mechanicus gebildet. Während Arngrimm als Tyrann über das Land herrscht und den „echten“ Herzog Weißtobriens Bernfried von Ehrenstein bezwingen möchte, verfolgen die beiden andere Ziele: die Suche nach magischen Geheimnissen beziehungsweise wahnsinniger Forscherdrang treiben sie an. Viele Beschreibungen vertiefen noch einmal Gesagtes aus dem allgemeinen Tobrienteil zu Land und Leuten, ergänzt um eine Beschreibung der Mächtegruppen, der einzelnen Marken und Landschaften sowie die Persönlichkeiten des Landes. Einen extra Teil erhält die Stadt und Dämonenschmiede Yol-Ghurmak, das ehemalige Ysilia, der frühere Herzogssitz. Neben einer grandiosen, fremdartigen, aber doch immer noch erkennbaren und nachvollziehbaren Karte sind neben einer Beschreibung der Stadt weitere Infos zur Atmosphäre, Handel, Herrschaft und Verwaltung sowie ebenso Mächtegruppen und Persönlichkeiten enthalten.

Die Warunkei, Fürstkomturei Tobimora, die Blutige See und die Sonnenmark und Stadt Beilunk folgen grundsätzlich einem ähnlichen Muster der Beschreibung. Die Warunkei ist dabei vorrangig durch ständige wechselnde Herrscher und Kriegsfürsten gezeichnet und legt einen Schwerpunkt auf die verschiedenen Mächtegruppen, ihre Ressourcen, Ziele, Feinde und Vorgehensweisen sowie die Rolle der Rondrakirche im befreiten Warunk (versehen mit neuer Karte). Die Fürstkomturei Tobimora ist das Land des Reichsverräters Haffax. Bedingt durch diesen einen starken Herrscher ist eine Art Ruhe eingetreten, Dämonen und Magie sind seltener, die militärische Diktatur beherrscht alles. Mit der Piratenküste wird ein zudem eher sanfter Einstieg in die Schattenlande geboten, da hier alles ein wenig gedämpfter auftritt. Eslamsbrück im Inneren des Landes fährt dagegen mit dem Pandämonium andere Seiten auf und ist eher für gereifte Helden und Spieler geeignet. Die Blutige See widmet sich auf ihren sieben kurzen Seiten vor allem den einzelnen Inseln sowie einzelnen Mysterien und Gefahren wie der Schwimmenden Heptarchie. Beilunk als Abschluss der Tobrienbeschreibung ist dann der Lichtblick für zwölfgöttergläubige Streiter, die bei ihrem Kampf hier Erholung und Schutz finden, aber auch innerhalb einen Praiosstaates leben und das komplette Magieverbot akzeptieren müssen.

Maraskan erhält zwar nur 65 Seiten, welche dafür aber tief in einen vollkommen andere Kultur eintauchen und den Leser staunen und wundern lassen. Auch hier beginnt es mit einem kurzen Geschichtsüberblick und einer geographischen Beschreibung, dann geht es bunt und vielgestaltig in die maraskanische Kultur mit seinem dualistischen Glauben an Rur und Gror und deren einzigartiger Weltsicht. Der Dualismus kennzeichnet die gesamte Lebensweise und das Denken der Maraskaner, die immer zwei Seiten an allem entdecken. Neben dem Glauben, der einige Seiten einnimmt, wird anschließend auf das Wesen der Maraskaner eingegangen, in dem der Kladj eine wichtige Rolle spielt, wenn Dörfer und Gemeinschaften weit auseinander liegen. Es folgen Beschreibungen zur Familie und dem Lebensweg, der maraskanischen Sprache und Namensgebung, Kleidung, Speisen, dem Wohnen, bis hin zu Handwerk, Wissenschaft, Magie und der wichtigen Kunst der Philosophie.

In der zweiten Hälfte des Maraskanteils geht es mit seinen 42 Seiten in die Regionalbeschreibung über, beginnend mit dem Shîkanydad. Das Gebilde, was vielleicht mal wieder ein Königreich Maraskans bilden könnte und den Widerstand gegen die Eindringlinge verkörpert, zieht sich aus dem südlichen Zipfel der Insel bis in Amdeggin-Massiv und östlich hoch bis Boran. Neben den regionalen Besonderheiten werden die Herrschenden und wichtige Persönlichkeiten vorgestellt, das Spiel hier lässt Möglichkeiten bis zu politisch-religiösen Verwicklungen mit noch ständig wechselnden Anführern zu. Die maraskanische Fürstkomturei ist nur noch ein Überbleibsel des ehemaligen Machtfaktors Helme Haffax und wird immer mehr vom Shîkanydad und dem Friedlichen Heerbann bedroht. Doch noch ist das Militär der beherrschende Faktor und übt eine Schreckenherrschaft aus, so dass sich die Bewohner bemühen, nicht weiter aufzufallen. Das Bannland und damit vorwiegend das Inselinnere ist der mysteriöse und bedrohliche sowie gnadenlose Teil der Insel, der allen anderen Respekt abnötigt und in dem Flora und Faune nahezu jede menschliche Ansiedlung verhindern. Gleichzeitig Heimat der Echsenmenschen, warten hier dafür kaum oder nie entdeckte Relikte und Stätten auf Forscher und Neugierige. Ein kurzer Abschnitt zum Reisen auf Maraskan rundet den Regionalteil ab.

Den Abschluss des Bandes bilden auf etwa umfangreichen 40 Seiten die Geheimnisse in Form der „Mysteria et Arcana“, die Szenariovorschläge und Ideen für den Spielleiter enthalten. Diese bieten Ausblicke auf die Zukunft und Entwicklung der Lande und unzählige kleine und große Ideen, um das Spielen in den Schattenlanden greifbar zu machen. Hier hat man sich vor allem um eine ausgewogene Mischung gesorgt und zudem viele eher kleinere Hinweise als große einzelne Texte gekümmert; der Spielwert steigt so ungemein. Abschließend gibt es noch Hinweise zu einer Kampagne in den Schattenlanden, mit Startpunkten, Machthabern, Konflikten und einigem mehr.

Bewertung

Der Regionalband zu den Schattenlanden mit Tobrien und Maraskan setzt zum Ende der Regionalreihe noch einmal ein ganz großes Ausrufezeichen. Es findet sich genau die richtige Mischung für Anfänger und Erfahrene, aus Ortsbeschreibungen und Szenarioideen, für eher bodenständige Abenteuer und für mysteriöse, seltsame Erforschungen, für militärische Kampagnen und für magische oder religiöse Begegnungen und Erlebnisse. Durch die spielweltlichen Änderungen der letzten Jahre wirken auch die Beschreibungen komplett neu und lassen tolle Bilder vor den Augen entstehen. Auch der Detailgrad ist meistens recht gut getroffen. Die Texte sind detailliert genug für Spieler, die nicht viel Arbeit in die Vorbereitung stecken wollen, aber es gibt immer wieder – auch durch die Größe der Landstriche – noch genügend weiße Flecken, die man selbst mit Leben füllen kann (warum die kleine Stadt Sardosk im Gegensatz zu größeren Orten einen eigene Karte bekam, wird vermutlich ein Geheimnis bleiben). Vor allem Maraskan bietet hier natürlich unzählige Möglichkeit im Inneren der Insel. Auch die oft kritisierte Rechtschreib- und Grammatikproblematik fällt hier nicht weiter auf, das Lektorat scheint gute Arbeit geleistet zu haben.

Auch die Illustrationen und das Layout sind sehr gut: Man findet kaum alte Illustrationen, sehr viele neue und vor allem passende und gute Bilder, Zeichnungen und neue tolle Karten sind enthalten. Dass es dazu bei einer Karte zur Vertauschung bei der Zahlenzuordnung mit den Orten kam, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler. Es bleiben vorrangig nur zwei Kritikpunkte, die den sehr guten Gesamteindruck allerdings nur wenig schmälern: die fehlende Karte zu Tobrien sowie wieder das Gliederungsproblem. Die Städte, Orte oder Personen, die einem vielleicht sogar namentlich bekannt sind, finden sich nicht im Inhaltsverzeichnis, diese muss man extra über den Index suchen. Das Inhaltsverzeichnis beschränkt sich erneut auf zwei Ebenen.

Fazit: Im Gegensatz zum eher enttäuschenden Band zum „Hohen Norden“ trifft „Schattenlande“ wörtlich ins Schwarze. Eine exzellente Mischung sowie tolle und spannende Ideen, die einen zum Losspielen sofort animieren. Dazu hat man eigentlich nie den Eindruck, Wiederholungen vor sich zu haben oder Texte schon zu kennen. Insgesamt ein ganz großes Lob an die Autoren für einen grandiosen Regionalband, der die Reihe positiv abrundet. Eine unbedingte Kaufempfehlung!


Aventurische Regionen 14: Schattenlande
Quellenbuch
Daniel Simon Richter u.a.
Ulisses Spiele 2011
ISBN: 3868891234
253 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: EUR 35,00

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