Arcane Legions Starter Set

Im Jahr 37 vor unserer Zeitrechnung erhebt sich über Nacht ein magischer Nebel aus der Erde und verändert die Welt, wie wir sie kennen, völlig. Magie und Zauberei sind plötzlich etwas alltägliches geworden und zahlreiche Menschen und Tiere haben sich in mythologische Helden und Monster verwandelt. Rom unter Kaiser Augustus befindet sich im Krieg mit Ägypten, und weit im Osten hat sich das Imperium der Han erhoben, um einen Kreuzzug gegen den Westen zu führen. Willkommen, in der Welt von „Arcane Legions“!

von Dominik Cenia

 

 

Bei „Arcane Legions“ von Wells Expeditions handelt es sich um den ersten neuen großen Wurf der Macher von (ex-WizKids) Spielen wie „MageKnight“, „MechWarrior“ oder „HeroClix“. Namen wie Jordan Weisman („Shadowrun“, „Earthdawn“) oder Ethan Pasternack („Star Wars Pocketmodel“, „Battlestar Galactica CCG“) lassen Kenner der US Spieleautorenszene da natürlich aufhorchen. Und auch wenn der Name Weisman in den letzten Jahren eher für finanzielle Misserfolge und zahlreiche Unternehmensneugründen stand, so hat er doch unbestreitlich in all der Zeit einen wichtigen Teil zur Spielebranche beigetragen.

Massenschlachten für Jedermann


Im Grunde genommen handelt es sich bei „Arcane Legions“ nur um ein weiteres sammelbares Miniaturenspiel. Sprich: Die Figuren werden zum größten Teil bereits fertig zusammengebaut und bemalt in geschlossenen Boostern verkauft. Doch wer nun glaubt, dass es sich auch nur um einen weiteren Ableger der „Clix“-Spiele handelt, hat sich getäuscht. „Arcane Legions“ ist das erste sammelbare Miniaturenspiel für echten Massenschlachten. In Tabletop-Kreisen häufig auch als „Rank and File“ bezeichnet, werden hier stets ganze Regimentsblöcke mit mehreren Figuren bewegt. Die Modelle kämpfen nicht einzeln, sondern als Gruppe in einer entsprechenden Formation. Massenschlachten sind und waren stets eine sehr aufwändige Angelegenheit bei Tabletop-Spielen aller Art, denn um hundert oder gar mehr Miniaturen zu bemalen und aufzustellen, bedarf es nicht nur jeder Menge Arbeit, sondern auch Zeit. Hinzu kommen meist aufwändige Regelbücher, die oft mit viele Hingabe und Liebe zum Detail die Kämpfe zwischen den einzelnen Regimentern simulieren. Alles in allem kein Hobby für zwischendurch.

Mit „Arcane Legions“ wurde nun versucht, all diese Hürden in Angriff zu nehmen: ein einfaches und kurzes Regelwerk, eine große Auswahl an teilweise vorbemalten Miniaturen und eine Regimentskarte, die fast alle notwendigen Sonderregeln direkt im Spiel aufzeigt (ohne das man noch nebenher in einem Armeebuch blättern muss). Hinzu kommt ein Preisargument, das auf den ersten Blick so manches Tabletop-Spiel erblassen lässt. Denn wo sonst bekommt man in einem Starter-Set mit allen Regeln und Zubehör auch noch gleich drei Armeen mit insgesamt über 120 Figuren für knapp 30,00 Euro geboten?

Die Figuren und das so genannte „semi-collectible“-Konzept

Die Figuren von „Arcane Legions“ werden zwar als im 25-mm-Maßstab bezeichnet, gehen jedoch eindeutig mehr in Richtung 20 mm (geläufig auch als 1/72 bezeichnet). Einfache Infanterie- und Kavallerietruppen (von der man eine Menge braucht) werden unbemalt in gesonderten „Infantry“ oder „Cavalry Packs“ verkauft. Helden, besondere Einheiten oder Großfiguren lassen sich dagegen in den einzelnen „Booster Packs“ finden. Für alle drei Nationen (Roman, Egyptian und Han) gibt es getrennte Booster Packs, sodass man beispielsweise als Sammler der Römer nicht dazu gezwungen wird, auch noch Ägypter oder Han zu sammeln. Mit Hilfe von so genannten „Booster Bundles“ ist es außerdem möglich, alle Figuren eines Volkes zumindest 1x sein Eigen zu nennen. Dieses Konzept wird von Wells Expeditions besonders hervorgehoben und als „semi-collectible“ bezeichnet. Eine auf den ersten Blick geschickte Lösung, die aber auch so ihre Schattenseiten hat. Denn es gibt mehr als genug Formationen im Spiel, die mehrere Figuren von einem Typ benötigen, als man sie im jeweiligen Booster Bundle vorfindet. Also bleibt einem nur übrig, ein weiteres Bundle zu kaufen, um auf Nummer sicher zu gehen, oder auf gut Glück wie immer Booster zu „ziehen“ oder nach entsprechenden Händlern für Einzelfiguren Ausschau zu halten.

Was die Qualität der bemalten Figuren angeht, so pendelt diese irgendwo zwischen der neueren Generation der „D&D Miniatures“ von Wizards of the Coast und den letzten WizKids-Produkten. Sie ist zweckmäßig und zum Spielen ausreichend, erfüllt aber bei Weitem nicht den Anspruch eines vollwertigen Tabletop-Bemalstandards. Da sowohl die einfache Infanterie und Kavallerie unbemalt verkauft wird, kann sich je nach Talent des Bemalers also mitunter ein deutlicher Unterschied zu den „prepainted“ Figuren aus den Booster einstellen. Mein Tipp: Mit einem Ink oder Wash die vorbemalten Figuren einfach nochmal kurz nachbearbeiten. Das wirkt wirklich Wunder.

Was die „Sculpts“ und die Verarbeitung der Figuren angeht, sollte man auch nicht all zu viel erwarten. Mit Blick auf den Preis (40 Figuren für knapp 13,00 Euro) geht das in meinen Augen allerdings in Ordnung. Ein paar Einzelstücke sind ganz gut gelungen, doch insgesamt wird wohl keines der Modelle mal irgendwo einen Preis abräumen. Aber diese Tatsache dürfte für Sammler von älteren WizKids-Spielen oder auch „D&D Miniatures“ wohl keine große Überraschung sein.

Das Spiel

Für eine typische Runde „Arcane Legions“ mit ca. 7000 Punkten pro Seite wird ein Spieltisch mit einer Größe von 180 x 120 cm benötigt. Kleinere Spiele lassen sich natürlich auch auf Tischen von geringerer Größe spielen, wobei es je nach Punktezahl und Gelände entsprechend eng werden kann.

Gemessen wird während des Spiels übrigens über die lange beziehungsweise kurze Kante einer Formationsbase („Pirates of the Spanish Main“ lässt grüßen). Drehungen werden mit Hilfe einer Schwenkschablone und kleinen Kerben jeweils in der Mitte einer Seite der Formationsbase abgehandelt. Das System funktioniert ausgesprochen gut und erspart mühsames Abmessen mit Hilfe von Zoll- oder Zentimenterstab.

Die Regimenter selbst wiederum bewegen, kämpfen oder formieren sich über so genannte Befehlspunkte, von denen je nach Spielgröße jeder Spieler acht oder mehr pro Runde in seinem Vorrat hat. Aktionen kosten je nach Formationsgröße und Befehl ein oder zwei Befehlspunkte. Regulär kann man jeder Formation jeden Befehl nur einmal pro Spielzug geben. Möchte man eine Formation jedoch erneut bewegen oder angreifen lassen, so ist dies zwar möglich, allerdings kostet dieses „Antreiben“ der betreffenden Formation automatisch eine Figur. Auch hier lässt sich ein Altbekannter Mechanismus diversen Clix-Spielen wiedererkennen.

Dem Befehl des „Umformierens“ kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Denn zu Spielbeginn werden alle Figuren einer Formation nur in ganz bestimmte Löcher der entsprechenden Regimentskarte gesteckt (Startaufstellung). Einige Löcher beziehungsweise Positionen bleiben jedoch zu Beginn leer. Durch das Umformieren (Umstecken) der Figuren lassen sich während des Spiel die Eigenschaften einer Formation entsprechend verändert. So ist es möglich (über entsprechende Symbole auf der Regimentskarte), seiner Formation mehr Würfel im Angriff oder in der Verteidigung zu verleihen, mehr Bewegung oder gar optionale Spezialfähigkeit (zusätzlich zu denen, die bei manchen Einheiten immer aktiv sind). Erleidet eine Formation durch Nah- oder Fernkampf oder eventuell Spezialattacken Verluste, entscheidet der getroffene Spieler selbst, welche Figuren er aus der Formation als Verluste entfernt.

Während des Spiels kommt man somit in die ständige Situation des Abwägens. Welche Figuren stelle ich um? Welche Modelle entferne ich als Verluste? Verzichte ich lieber auf eine Spezialfähigkeit oder auf zusätzliche Angriffswürfel? Setze ich alles auf Verteidigung oder versuche ich den Gegner per Fernkampf vorher anzugreifen?

Das Kampfsystem ähnelt dem Brettspiel-Klassiker „Risiko“. Angreifer und Verteider würfeln eine entsprechende Anzahl sechsseitiger Würfel. Es werden steht die höchsten Ergebnisse auf beiden Seiten in abnehmender Höhe miteinander verglichen. Wer die höhere Zahl eines einzelnen Vergleichs erzielt, landet einen Treffer. Gibt es mehr Angriffs- als Verteidungswürfel, so werden diese mit sogenannten „Phantomwürfeln“ mit einem Ergebnis von 2 verglichen. Spezialfähigkeiten einzelner Modelle oder ganzer Formationen (je nach Aufstellung der Figuren) können das Kampfergebniss zusätzlich beeinflussen.

„Arcane Legions“ spielt sich trotz der vielen Modellen auf dem Spieltisch überaus schnell. Dies liegt nicht nur daran, dass man das Spiel sowohl über Siegpunkte als auch die Vernichtung der gegnerischen Armee gewinnen kann, sondern auch an den teilweise verheerenden Kampfergebnissen. Es ist keine Seltenheit, dass ganze Formationen innerhalb von nur einer Runde durch Pfeilhagel oder Nahkampfangriffe derart dezimiert werden, dass man sie schon wieder vom Feld nehmen kann. Ein Standardspiel mit 7000 Punkten lässt sich dadurch locker in 90 bis 120 Minuten abhandeln. Größere Spieler dauern nur unwesentlich länger, da der ausgeteilte Schaden entsprechend heftiger aufallen kann.

Fazit:
„Arcane Legions“ bietet Massenschlachten mit vielen Figuren zu einem überschaubaren Preis. Dank der einfachen und schnellen Spielregeln verlaufen die einzigen Partien auch überaus zügig ab. Wer drauf steht, möglichst schnell viel Zerstörung anzurichten und nicht allzu viel Wert auf hübsche Spielfiguren, Bemalung oder Spieltische legt (denn die Karten der einzelnen Formationen sind auf dem Spieltisch ein allgegenwärtiges Element), ist mit dem Spiel wirklich gut bedient. Der „collectible“ Aspekt ist zwar eine zweischneidige Sache, doch dank der „Booster Bundles“, gesonderten Booster für jede Fraktion und den wirklich günstigen Packs für die Standard-Infanterie und -Kavallerie (die allerdings unbemalt sind), hält sich der finanzielle Aufwand für eine gut spielbare Armee deutlich in Grenzen. Wer jedoch genug Figuren für die wirklich seltenen Formationen zur Hand haben will, muss schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Erst recht, wenn er mit dem „Unit Builder“ auf der offiziellen Webseite von Arcane Legions seine eigenen Einheiten bauen will (die übrigens auf „Turnierlegalität“ hin abgesegnet werden können!).

Insgesamt ist das Starter-Set aber auf alle Fälle sein Geld wert. Neben den Spielregeln und Zubehör enthält die Box den Inhalt der drei Roman, Egypt und Han „Infantry Packs“, die zusammen allein schon vom Einzelpreis her teurer ausfallen.


Arcane Legions
Starter-Set
Ray Wehrs, Jordan Weisman, Ethan Pasternack, u. a.
Wells Expeditions 2009
ISBN: n. a.
Starter-Set mit über 120 Figuren, Spielanleitung (in englischer und deutscher Sprache), Bases und Zubehör.
Preis: ca. EUR 29,99

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