AquaSphere

In „AquaSphere“ übernehmen die Spieler die Rollen konkurrierender Forschungsteams, die in einer Unterwasserstation eine neu entdeckte Kristallart untersuchen wollen. Dabei stehen ihnen neben U-Booten auch Bots zur Verfügung, die sich mit verschiedenen Befehlen programmieren lassen. Gefahr droht indessen von Oktopoden, die in die Station eindringen, diese zerstören und so die Forschungsarbeit behindern.

von Bastian Ludwig

Das Erste, was bei „AquaSphere“ ins Auge fällt, ist der schiere Umfang des Spielfeldes. Das Hauptspielbrett stellt die Tiefseestation AquaSphere selbst dar. Sie setzt sich aus sechs mehr oder weniger identisch aufgebauten Sektoren zusammen, die wiederum jeweils in sieben farbige Bereiche unterteilt sind. In der Station arbeiten „Wissenschaftler“ – eine Spielfigur je Spieler – an der Erforschung der Kristalle, hier erledigen die Bots ihre Arbeit und die Oktopoden nerven herum.

Daneben gibt es ein zweites Spielbrett, die „Zentrale“, in der „Ingenieure“ genannte Spielfiguren – eine pro Spieler – die Bots programmieren können. Jeder Spieler besitzt außerdem ein individuelles Laboratorium, dessen Größe festlegt, wie viele Ressourcen (Forschungskarten, Kristalle, gefangene Oktopoden und Zeitmarker) er lagern kann, und zusätzlich noch ein Spielertableau, das den Vorrat an Bots und U-Booten beherbergt, Informationen über die Bot-Programmierung protokolliert und andere Spielinformationen als Übersicht bereithält. Kein Wunder also, dass es gerade bei den ersten Spielen ein bisschen dauert, bis man das alles regelgerecht aufgebaut hat.

Hat man das erst einmal geschafft, wirkt der Spielablauf dann auf den ersten Blick gar nicht mal so kompliziert, wie es der Aufbau erahnen lässt. „AquaSphere“ ist ein Worker-Placement-Spiel; innerhalb der Station haben die Spieler die Möglichkeit, verschiedene Aktionen durchzuführen. Dazu muss man zunächst einen Zug einsetzen, in dem der Ingenieur in der Zentrale einen Bot für die entsprechende Aktion programmiert. Diese Programmierung wird auf dem Spielertableau festgehalten. Es gibt insgesamt sieben Aktionen, die mit den oben genannten farbigen Bereichen korrespondieren: Man kann das eigene Labor erweitern, Kristalle sammeln, Oktopoden fangen, sich Zeitmarker nehmen, U-Boote einsetzen, Forschungskarten nehmen oder, unabhängig von der Programmierung in der Zentrale, einen neuen Roboter programmieren. Wichtig ist, dass man in einer Runde aufgrund des Aufbaus der Zentrale nur drei dieser Aktionen verwenden kann, und wann immer man sich für eine Programmierung entscheidet, ist ein Teil der übrigen Aktionen für den Rest der Runde nicht mehr wählbar, außer man umgeht das zum Beispiel durch eine entsprechende Forschungskarte. Man muss sich also am Anfang der Runde schon überlegen, was man im Folgenden alles machen möchte und auf welche Aktionen man verzichten kann.

Sind die Bots programmiert, kann der Wissenschaftler in einem späteren Zug bestimmen, in welchem Sektor der Tiefseestation die Aktion ausgeführt werden soll. Dazu bewegt er sich in den gewünschten Sektor, was ihn, wie viele andere Dinge im Spiel auch, durch Marker angezeigte Zeit kostet. Führt man eine Aktion in einem Sektor aus, übernimmt man quasi die Kontrolle über diesen Sektor, solange kein anderer Spieler dort eine Aktion ausführt. Diese Kontrolle wird bei der Punkteabrechnung wichtig, da man Punkte für Sektoren erhält, die man zum Zeitpunkt der Abrechnung kontrolliert.

Von diesen Abrechnungen gibt es insgesamt fünf Stück, vier Zwischenwertungen und eine Endwertung, bei denen man Wissenspunkte, die Siegpunkte von „AquaSphere“, erhält. Diese werden auf einer Punkteleiste dargestellt. Punkte gibt es z. B. für eingesetzte Bots in Kombination mit eingesetzten U-Booten, für gefangene Oktopoden und gesammelte Kristalle. In einem kontrollierten Sektor frei herumlaufende Oktopoden bringen hingegen Minuspunkte. Etwas ungewöhnlich ist es, dass es auf der Punkteleiste immer wieder „rote Linien“ gibt, die man nur dann überqueren kann, wenn man dafür gesammelte Kristalle ausgibt. Wer am Ende die meisten Wissenspunkte hat, hat gewonnen.

Insgesamt klingt das alles erst einmal gar nicht so wild: ein paar Spielfiguren, eine überschaubare Anzahl an Aktionen, ein klares Ziel vor Augen. Der Clou von „AquaSphere“ besteht allerdings darin, dass es einem die verschiedenen Spielelemente nicht als Optionen zur Verfügung stellt, die man nutzen kann, sondern als Notwendigkeiten, die man nutzen muss. Sammelt man keine Kristalle, kann man die roten Wertungslinien nicht überschreiten, setzt man keine U-Boote ein, bekommt man keine Wissenspunkte für eingesetzte Bots, baut man sein Labor nicht aus, fehlen einem Ressourcen, bekämpft man die Oktopoden nicht, bekommt man zu viele Minuspunkte, sammelt man keine Zeitmarker, kann man irgendwann gar nichts mehr machen und, und, und. „AquaSphere“ ist ein Mikro-Management-Spiel und die Herausforderung für den Spieler besteht darin, mit einem ganzen Wust an Baustellen in möglichst optimaler Weise zu jonglieren, quasi eine innere To-Do-Liste aufzustellen und permanent die Prioritäten zu überprüfen.

Diese feingliedrige Mechanik führt dazu, dass man sich wenige Fehler bei der Planung leisten darf. Wenn man irgendeine der Baustellen aus den Augen verliert, kann das zu so gewichtigen Einbußen bei den Wissenspunkten führen, dass diese nur schwer ausgeglichen werden können. Man kann das anspruchsvoll nennen, man kann es auch als unfair bezeichnen oder schlicht als nervig, das hängt ganz vom Spielertypen ab, auf jeden Fall aber macht es „AquaSphere“ zu einem Spiel, das man nicht mal so nebenbei zocken kann. Es verlangt vom Spieler Konzentration und die Fähigkeit, sich in die Mechanik hineinzufuchsen.

Sehr schön an „AquaSphere“ ist, wie Mechanik und das Narrative Hand in Hand gehen. Durch die Aufgabenvielfalt etwa bekommt man tatsächlich das Gefühl, man sei ein Wissenschaftler, der da gerade versucht, wider die Ressourcenknappheit ein unheimlich kompliziertes Forschungsunterfangen auf Erfolgskurs zu bringen. Ein anderes Beispiel ist die rote Linie auf der Wissensleiste, die man nur mit Kristallen überqueren kann. Die Kristalle sollen wir als Spieler laut der Hintergrundgeschichte ja erforschen, die Wissenspunkte geben unseren Forschungsfortschritt an; ohne Kristalle also kein signifikanter Forschungsfortschritt: absolut nachvollziehbar. Da lässt es sich dann auch verkraften, dass es am Ende trotz des aufwendig etablierten Wissenschaftsszenarios dann doch wieder nur um die allzu häufig eingesetzten Siegpunkte geht. Vielleicht hätte man sich hier noch ein originelleres Ziel einfallen lassen können, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Dieses Miteinander von Mechanik und Geschichte trägt ebenso zur Immersion bei wie die toll gestalteten und hochwertig verarbeiteten Spielmaterialien. Alle Spielsteine haben eine individuelle Form – was natürlich auch für die Übersicht unabdingbar ist – und die Station ist atmosphärisch designt.

Fazit: „AquaSphere“ ist ein Worker-Placement-Spiel mit einer komplexen und ausgefeilten Spielmechanik, die auf clevere Weise mit der Hintergrundgeschichte des Spiels korrespondiert, und die sich an Vielspieler richtet, die akzeptieren, dass man diese Mechanik entweder meistert oder gnadenlos von ihr abgestraft wird.


AquaSphere
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Stefan Feld
Pegasus Spiele 2014
Sprache: Deutsch
EAN: 4250231706097
Preis: EUR 39,95

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