von Peter Berneiser
„All Flesh Must Be Eaten” (AFMBE) ist ein Rollenspiel, dass auf dem Unisystem basiert und von Eden Studios Inc. herausgegeben wird. Der Verlag beschreibt das Genre als „Zombie Survival Horror“. Das Unisystem ist ein generisches Rollenspielsystem, für das Eden Studios Inc. außer „All Flesh Must Be Eaten” weitere Rollenspiele veröffentlicht hat („WitchCraft“, „Conspiracy X“ u. a.). Nach der Erstveröffentlichung 1999 erschien 2003 eine überarbeitete Ausgabe von AFMBE. Ursprünglich als Rollenspiel für One-Shot-Runden erdacht, sind inzwischen zahlreiche Quellenbücher erschienen und weitere in Vorbereitung.
„All Flesh Must Be Eaten“ kombiniert Horror, Konflikte (etwa zwischen den Überlebenden) und die Kunst des Überlebens. Das Rollenspielsystem ist nicht nur für einzelne Abenteuer, sondern auch für längerfristige Kampagnen geeignet.
Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, denen eine stimmungsvolle Kurzgeschichte vorangestellt ist. Die ersten vier Kapitel enthalten grundlegende Informationen zum Spiel, während die letzen beiden Kapitel dem Spielleiter – bei AFMBE wird dieser „Zombie Master“ genannt – vorbehalten sind. Ein Appendix und ein Index runden das Regelwerk ab.
Das 1. Kapitel enthält Informationen zur Entwicklung des Zombie-Themas in Literatur und Film sowie zur Benutzung des Buchs. Ein kurzer Absatz führt den Leser in das Thema „Rollenspiel“ ein.
In Kapitel 2 erfährt man alles über die Charaktererschaffung. Wer sofort spielen möchte, kann einen der zwölf Archetypen auswählen, die am Ende des Kapitels präsentiert werden. Soldat und Wissenschaftler, aber auch Cheerleaderin und Biker sind Beispiele für Charaktere auf den Schauplätzen von „All Flesh Must Be Eaten“.
Die Charaktererschaffung ist klar strukturiert und schnell umzusetzen. Zuerst wählt man aus, ob die Charaktere durchschnittliche Menschen (Norms), überdurchschnittliche Menschen (Survivors) oder Menschen mit übernatürlichen Kräften (Inspired) sein sollen, wobei „Survivors“ und „Inspired“ in einer Gruppe miteinander kombiniert werden können. Je nach Charaktertyp erhält man unterschiedlich viele Punkte für Attribute, Fertigkeiten, Vorteile sowie Wunder (Miracles).
Die primären Attribute Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Willenskraft (mentale Stärke und Selbstbeherrschung) und Wahrnehmung haben einen Wert von 1 bis 6 (wobei eine 2 ein durchschnittlicher und eine 4 ein außergewöhnlicher Wert ist) und werden zur Errechnung der sekundären Attribute herangezogen, zu denen Lebenspunkte, Ausdauerpunkte, Geschwindigkeit und Essenz (spirituelle Energie der Seele) zählen.
Anschließend können Vorteile erworben werden, die von außergewöhnlichen Sinnen, über Nerven aus Stahl bis hin zu einer Schmerzresistenz reichen. Einige Vorteile stehen nur den „Inspired“ zur Verfügung und ermöglichen ihnen den Zugang zu Wundern. Charaktere können weitere Punkte zur Steigerung ihrer Attribute und Fertigkeiten sowie zum Erwerb von Vorteilen und Wundern erhalten, wenn sie Nachteile auswählen. Manch ein Charakter ist paranoid oder leidet unter wiederkehrenden Albträumen, während ein anderer immer einen schlechten Witz auf Lager hat oder im Mittelpunkt stehen will.
Fertigkeiten können aus einer umfangreichen Liste ausgewählt werden. Spezielle Fertigkeiten wie Medizin kosten mehr Punkte und für einige Fertigkeiten können Spezialisierungen ausgewählt werden (zum Beispiel Okkultes Wissen (Vodoo)).
Voraussetzung für ein Wunder ist der Glaube an eine höhere Macht. In Absprache mit dem „Zombie Master“ können die Charaktere diese Kräfte von unterschiedlichen übernatürlichen Mächten erhalten. Während ein Pfarrer den christlichen Gott anbetet, verehrt ein indianischer Schamane Natur, Erde, Himmel und Sterne.
Das 3. Kapitel enthält die Regeln, auf denen AFMBE basiert. Eine Regeloption ermöglicht die Verwendung von Karten anstelle von Würfeln. Für die meisten Aktionen ist ein Attributs- oder Fertigkeitswurf mit einem zehnseitigen Würfel (W10) nötig. Wenn ein Charakter beispielsweise eine Tür zuhalten möchte, ist ein einfacher Wurf auf Stärke fällig. Der Attributswert wird verdoppelt und zum Würfelergebnis addiert. Ein schwieriger Wurf (der Attributswert wird nicht verdoppelt) wäre fällig, wenn mehrere Zombies versuchen würden, die Tür aufzudrücken. Bei Aktionen, denen eine Fertigkeit zugrunde liegt, werden der Fertigkeitswert, der Attributswert und das Würfelergebnis addiert. Das Bezugsattribut kann je nach Aufgabe variieren. Um eine medizinische Diagnose zu erstellen, würfelt man auf Wahrnehmung und Medizin, während das Erstellen eines Behandlungsplans Intelligenz und Medizin erfordert. Einen Zombie mit einem M16-Sturmgewehr zu erledigen, erfordert hingegen immer einen Wurf auf Gewehr (Sturmgewehr) und Geschicklichkeit.
Der Spielleiter kann die Probe je nach Situation erschweren oder erleichtern. Eine „10“ auf dem W10 wird mit einem Bonus belohnt, während eine „1“ einen Abzug mit sich bringt. Um erfolgreich zu sein, muss man mindestens das Endergebnis 9 erreichen. Je höher das Ergebnis ist, desto erfolgreicher ist die Aktion.
Ein Kampf ist in Runden unterteilt. Zu Beginn einer Runde müssen die Spieler ihre Aktionen ankündigen. Der „Zombie Master“ sagt ihnen, ob die Aktionen in einer Runde ausgeführt werden können oder nicht. Anschließend wird festgelegt, wer zuerst handeln darf. Für jede Aktion nach der ersten erhält man kumulative Abzüge. Im Nahkampf erhält man zwei Aktionen ohne Abzug (Angriff und Verteidigung).
Der Schaden von Nahkampfangriffen, geworfenen Waffen und Bögen errechnet sich aus der Stärke, die mit einem Würfelergebnis (je nach Waffe werden unterschiedliche Würfel verwendet) multipliziert wird. Bei Schusswaffen wird eine feste Zahl mit dem Würfelergebnis multipliziert. Das Ergebnis wird von den Lebenspunkten eines Menschen beziehungsweise den so genannten „Dead Points“ eines Zombies abgezogen. Schutzwesten und andere Schutzbekleidungen können erlittenen Schaden reduzieren. Körperliche Anstrengung, Schlafmangel und nichttödlicher Schaden (beispielsweise durch einen Schlag gegen die Schläfe verursacht) führen zum Verlust von Ausdauerpunkten und letztlich des Bewusstseins. Essenzpunkte werden beim Wirken von Wundern verbraucht oder durch Angst verringert und können von besonders heimtückischen Zombies („Soul Sucker“) entzogen werden. Ein hoher Essenzverlust kann zum Tod führen.
Regeln für Angst, improvisierte Waffen, Gifte, Krankheiten, Körperschutz, Fahrzeuge, Panik unter Beschuss und Erfahrungsgewinn runden das Kapitel ab.
Kapitel 4 lässt die Herzen der Spieler höher schlagen. Von Taschenlampen, über Kettensägen, bis hin zu Scharfschützengewehren, Granaten, Schutzwesten und Fahrzeugen, findet man hier alles für den Kampf gegen die lebenden Toten.
Das 5. Kapitel enthält Informationen zur vielfältigen Gestaltung der Zombies. Anhand eines Baukastensystems können Zombies mit unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten ausgestattet werden. Ein Zombie ist langsam und unintelligent, muss ständig fressen, kann nur durch einen Kopfschuss erledigt werden und infiziert Menschen durch einen Biss. Zumindest kennt man Zombies so aus den meisten Filmen und Büchern. Wäre ein Zombie, der das Blut der Lebenden spüren, Verletzungen regenerieren sowie Gift spucken kann, nicht eine interessante Abwechslung und Überraschung für die Spieler?
In Kapitel 6 werden elf „Deadworlds“ vorgestellt. Diese sind die Schauplätze von „All Flesh Must Be Eaten“ und mit allen wichtigen Informationen sowie Werten für Nichtspielercharaktere und Zombies versehen. Warum werden aus den Toten Zombies? Welche Auswirkungen haben die Zombies auf die Welt? Welche Rolle können die Spielercharaktere spielen? Der „Zombie Master“ kann nicht nur auf klassische, sondern auch auf einige ausgefallene Szenarien für seine Abenteuer zurückgreifen.
Der Appendix enthält Anpassungen an das d20-Rollenspielsystem. So werden beispielsweise Vorteile zu Talenten und Wunder zu Zaubern. Interessant ist auch eine Übersicht über Comics, Romane und Filme mit Bezug zu Zombies. Ein Glossar, Tabellen und ein Index erleichtern die Arbeit des „Zombie Masters“.
Fazit: „All Flesh Must Be Eaten“ rockt! Das Regelwerk ist verständlich geschrieben, übersichtlich gestaltet und randvoll mit Informationen zum „Zombie Survival Horror“. Die Illustrationen sind nicht überragend, aber stimmungsvoll und die Regeln des Unisystems ermöglichen einen ungehinderten, schnellen Spielablauf.
All Flesh Must Be Eaten Revised Edition
Grundregelwerk
CJ Carella
Eden Studios Inc. 2003
ISBN: 1-891153-31-5
256 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 30,00
bei amazon.de bestellen