Akte Mystery: Unheimliche Geschichten

Sie zählen zu den Meistern der Kurzgeschichte: Edgar Allan Poe, Ambrose Bierce, Anton Tschechow und August Derleth. Ihre literarischen Erzeugnisse sind überwiegend Teil des öffentlichen Kulturgutes, frei von Urheberrechtsansprüchen und damit geeignetes Ausgangsmaterial für unkomplizierte Produktionen gefälliger Lesungen. Vier ursprünglich fürs Radio und das Hörangebot der komfortableren Zugflotte der Deutschen Bahn aufgenommene Narrationen ihrer Werke werden vom Hörverlag auf einer CD veröffentlicht.

von Simon Ofenloch

 

Wenn Edgar Allan Poe, Ambrose Bierce, Anton Tschechow und August Derleth Kurzgeschichten schrieben, dann befassten sie sich zumeist mit dem Übersinnlichen und Übernatürlichen, dem Mysteriösen und Unheimlichen. Bis heute erfreuen sich ihre Erzählungen andauernder Beliebtheit und sind bestens geeignet für die leichte Unterhaltung und den dezenten Gruselschauer zwischendurch.

Der Hörverlag versammelt auf einer CD vier Lesungen von Geschichten dieser Autoren: „Das ovale Portrait“ von Edgar Allan Poe, „Der mittlere Zeh vom rechten Fuß“ von Ambrose Bierce, „Eine Schreckensnacht“ von Anton Tschechow und „Mrs. Lannisfree“ von August Derleth.

„Das ovale Portrait“ zählt zu den bekanntesten Werken des amerikanischen Schriftstellers Edgar Allan Poe. Es ist einer seiner kürzesten Prosatexte. Die Geschichte ist leidlich spannend, beinhaltet aber eine faszinierende Grundidee, die sogar zur Parabel auf das Künstlerleben taugt. Ambrose Gwinnett Bierces „Der mittlere Zeh vom rechten Fuß“ ist eine Geistergeschichte klassischer Ausprägung, genauso wie August William Derleths „Mrs. Lannisfree“. Die beiden Landsmänner von Edgar Allan Poe setzen in ihren Texten verstärkt auf die Furcht einflößende Wirkung des Unheimlichen. Horror-Literatur, die „Horror“ groß schreibt. Mit „Eine Schreckensnacht“ verfolgt der russische Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow hingegen ein anderes Ziel. Hier geht es um den kleinen Grusel, das rein innerliche Grauen, das sich einstellt, wenn man zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod gezwungen wird.

In ihrem Fokus auf erstaunliche, Furcht erregende Phänomene oder Vorfälle sind sich diese Geschichten alle gleich. Sie unterscheiden sich in ihrer Einstellung zum Unheimlichen. Während in drei der vier Geschichten das Grauen als unbegreiflicher, erschreckender Teil der Realität behandelt wird, löst eine der Erzählungen den Grusel in einer harmlosen Pointe auf.

Unterhaltsam sind alle vier, und angenehm vorgetragen von den professionellen Sprechern Uwe Koschel, Oliver Rohrbeck und Moritz Stoepel. Die Produktion reduziert sich auf das Wesentliche, kommt ohne Geräusche, Soundeffekte oder Musik aus. Nicht einmal eine Titelmusik ist zu hören.

Wer beim Hören der CD auf den Geschmack kommt, kann sich das im Insel Verlag veröffentlichte Taschenbuch mit demselben Titel zulegen. Dort sind auch weitere Geschichten versammelt.

Fazit: Für all jene, die zu faul zum Lesen sind. Eine nette Auswahl an Kurzgeschichten, deren akustische Aufbereitung keinen großen Mehrwert bietet, aber, der Prosagattung der Ausgangstexte angemessen, zu kurzweiliger Unterhaltung taugt.


Akte Mystery: Unheimliche Geschichten
Lesungen nach vier Kurzgeschichten von E. A. Poe, Ambrose Bierce, Anton Tschechow und August Derleth
Uwe Koschel, Oliver Rohrbeck, Moritz Stoepel (Erzähler)
Hörverlag 2008
ISBN: 978-3-86717-212-7
1 CD, ca. 70 min., deutsch
Preis: EUR 9,95

bei amazon.de bestellen