A Song of Ice and Fire Book 5 – A Dance with Dragons

Nachdem der Kriege der fünf Könige auf Westeros nach dem Tod dreier Herrscher weitestgehend zum Erliegen gekommen ist, lecken die Gewinner und Verlierer ihre Wunden. König Stannis hat sich an der Mauer eine Zuflucht gesucht und bemüht sich, die Familien des Nordens auf seine Seite zu ziehen, während Jon Snow die Neutralität der Wache zu wahren versucht. Tyrion hat es auf der Flucht über das Meer in den Osten verschlagen, und Daenerys – die „Mutter der Drachen“ – will die Sklavenstadt Mereen gegen all ihre Feinde halten.

von Ansgar Imme

 

Sechs lange Jahre mussten die Leser auf die Fortsetzung warten: Doch George R. R. Martin hat es doch noch geschafft – der fünfte Band seiner epischen Saga „A Song of Ice and Fire“ ist im letzten Juli endlich erschienen. Ursprünglich hatte Martin nur drei Bände geplant gehabt („A Game of Thrones“, „A Dance with Dragons“ und „The Winds of Winter“), doch bereits nach dem ersten Band, welcher 1996 erschien, stellte er fest, dass sein Konzept eines 5-Jahre-Rückblicks im zweiten Band nicht funktionieren würde. Also wurden aus drei Bänden sechs Bände („A Clash of Kings“ und „A Storm of Swords“ als Zwischenbände 2 und 3 sowie der neue Schlussband „A Dream of Spring“), die die Handlung abdecken sollten.

Doch die Arbeit am vierten Band verzögerte sich lange, und nachdem die ersten drei Bände jeweils innerhalb eines 2-Jahres-Rhythmus erschienen waren, dauerte es bis zum Erscheinen des vierten Bandes fünf volle Jahre bis 2005. Doch auch hier hatte sich ein Problem aufgetan, denn der Umgang sprengte alle Dimensionen, und so entschied sich George R. R. Martin, den Band zu teilen und nur die Handlung in den zentralen Landen und der Hauptstadt King’s Landing im vierten Band voranzutreiben, während er die Handlungsfäden der drei beliebten Figuren Daenerys, Tyrion und Jon Snow nahezu komplett in den fünften Band verlegte. Nicht nur das Fehlen dieser Figuren, sondern die massive Einführung neuer Point-of-View-Charaktere (eine Person, aus deren Perspektive das jeweilige Kapitel geschildert wird und das entsprechend immer mit deren Namen betitelt ist) und eine zum Teil sehr langatmige Schilderung ohne Vorankommen in der Handlung sorgten für eher durchschnittliche Kritiken.

Als der Autor schließlich im Frühjahr des Jahres das Erscheinen des fünften Bandes für den 12. Juli angekündigt hatte, stieg die Spannung und Vorfreude ins Unermessliche. Die gleichzeitige Ausstrahlung der hochgelobten und grandiosen ersten Staffel der Verfilmung der Bücher auf HBO tat ihr übriges. Eine Anekdote am Rande: Der deutsche Ableger von Amazon hatte einigen Vorbestellern (darunter auch dem Rezensenten) den Roman zu früh zugesandt und so den offiziellen Veröffentlichungstermin um mehr als eine Woche unterlaufen. George R. R. Martin zeigte sich in seinem Blog nicht begeistert. Die Verkaufszahlen hingegen fanden seine Zustimmung: Angeblich 200.000 Exemplare sollen am Erstverkaufstag über den Ladentisch gegangen sein. Die ersten sechs Wochen fand sich der fünfte Band stets unter den Top 3 der renommierten New York Times Bestsellerliste.

Zum Inhalt

Der Wälzer, anders kann man den Roman nicht nennen, umfasst mehr als 1000 Seiten. Der Leser erlebt die Geschichte dabei aus mehreren Perspektiven verschiedener Charaktere, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf den Figuren Daenerys Stormborn, Tyrion Lannister und Jon Snow liegt, die zusammen etwa zwei Drittel aller Kapitel ausmachen. Während die Handlung von Jon Snow fast nur an der Mauer spielt, dem gigantischen etwa 800 Fuß hohen Bauwerk als Schutz gegen die Schrecken des Eises aus dem Norden, müssen sich Tyrion und Daenerys weit im Osten behaupten. Tyrion ist nach Pentos geflohen und bekommt dort die Unterstützung von Magister Illyrio, der einst schon Daenerys half. Diese ist selbst in der Sklavenhalterstadt Mereen mehr gefangen als herrschend. Neben den drei Hauptfiguren tauchen auch weitere Charaktere der Vorgängerbände wieder auf wie Davos der Schmuggler, Asha Greyjoy, Cersei Lannister und ein überraschender Überlebender, der aus Gründen des Lesegenusses hier nicht genannt werden soll.

Jon Snow hat an der Mauer vor allem mit seinen Problemen der Durchsetzung von Befehlen als neuer Kommandeur der Wache zu kämpfen und muss sich gleichzeitig mit dem störrischen und missmutigen König Stannis herumschlagen, welcher die Familien des Nordens kaum hinter sich vereinigen kann. Dabei wird Jon von einigen Seiten drangsaliert und bedroht und muss unsichere Bündnisse schmieden. Stannis zieht schließlich in den Krieg gegen die Boltons, die nach Beendigung des Krieges als neue Wächter des Nordens eingesetzt wurden. Dabei versucht er, einige Lords des Nordens durch unerwartete Manöver und Listen auf seine Seite zu ziehen, ehe sich ihm schließlich ein übermächtiger Feind in den Weg stellt.

Tyrion ist nach den Geschehnissen in King’s Landing über die Meerenge nach Penthos geflohen und hofft mit der Hilfe von Magister Illyrio, der einst auch Daenerys und ihrem Bruder Viserion half, die „Mutter der Drachen“ zu finden und sich ihr anzuschließen. Doch er muss eine lange Reise quer durch die Lande der Dothraki und fremde Städte antreten und sich auf die Hilfe ihm unbekannter Männer verlassen, die ein altes Geheimnis hüten. Als er auf einen verstoßenen Ritter trifft, nimmt seine Reise eine unerwartete Wende, was ihn zwar Meeren näher bringt, jedoch auf eine Weise, wie er sie sich nicht erhofft hat.

Daenerys versucht in der ehemaligen Sklavenhalterstadt Mereen ihre Macht zu halten und zu wahren. Doch der sogenannte Kult der Harpyie verübt Attentate auf ihre Männer, was diese einerseits dezimiert und zudem die Stimmung und Moral sinken lässt. Die Mitglieder des Kultes scheinen jedoch nicht zu fassen sein. Als Alternative bleibt die Hochzeit und damit Verbindung mit einem reichen Adligen der Stadt, der dafür verspricht, die Attentate zu verhindern. Doch gleichzeitig trifft ein Abgesandter in der Stadt ein, der ihr ebenfalls ein Bündnis und eine Hochzeit anbietet und ihr dafür bei der Rückeroberung von Westeros helfen möchte. Daenerys steht im Zwiespalt und muss sich zudem mit den stark wachsenden und immer gefährlicher werdenden Drachen beschäftigen, die Schafe in der Umgebung der Stadt reißen und denen nachgesagt wird, dass sie auch Menschen angreifen.

Dazu werden die Handlungen und Erlebnisse weiterer Charaktere aufgegriffen: Bran Starks Wege führen ihn weiter hinter die Mauer gen Norden auf der Suche nach einem Seher, Arya Stark muss sich im Dienste der Gesichtslosen Männer von Braavos bewähren, Davos Seaworth muss nach einem Schiffbruch um sein Leben kämpfen und erfährt von geheimen Plänen gegen die Boltons. Dazu werden die Wege der Greyjoys von den Eiseninseln, die der Lannister-Geschwister Cersei und Jaime sowie die der Dornischen verfolgt.

Kritik

Nach der langen Wartezeit konnte George R. R. Martin vermutlich keinen Leser zufriedenstellen: Zu hoch waren die Erwartungen. Zudem lässt es sich bei mehr als 1000 Seiten gar nicht vermeiden, auch einmal ruhigere Szenen und Stellen zu haben, die die Handlung nicht sofort weitertreiben. Allerdings häufen sich diese Szenen zu sehr.

Während der Prolog noch etwas fremd wirkt und die Hintergründe desselbigen nicht ganz klar werden, taucht man anschließend mit den ersten Kapiteln sofort wieder in Handlung und Welt ein, als wäre man nie weggewesen. Tyrion ist schlagfertig wie eh und je, Jon muss die Männer der Wache regieren und seine Ehre immer wieder beweisen, Dany ist immer noch ein wenig naiv trotz all ihrer Erlebnisse. Vor allem die erste Hälfte des Buches wechselt vorrangig zwischen diesen drei wichtigen Charakteren hin und her (mit Abstechern zu Davos, Bran und Quentin Martell), und vor allem die Handlung um Jon mag durch Spannung, Dramatik und einem kleinen Triumph für den Leser sehr zu gefallen.

Bei den beiden anderen Hauptfiguren stellt sich leider schnell mal Langeweile ein, da doch sehr wenig passiert. Speziell bei Daenerys fragt man sich, warum sie überhaupt so viel Platz erhält, da sie sich nahezu ständig am selben Ort aufhält und wenig Wesentliches passiert, was man auf deutlich weniger Seiten hätte abhandeln können. Gerade bei dem Titel des Bandes hatte man doch erwartet, mehr von den Drachen oder von einer Invasion gen Westeros zu lesen. Bei Tyrion lernt man immerhin neue Leute und Gegenden kennen, wenn auch die Handlung wenig Neues erfährt, mit Ausnahme einer wichtigen Überraschung, die bisherige Erlebnisse nahezu auf den Kopf stellt (wobei man sich als Leser fragt, ob die Überraschung, die hier plötzlich aus dem Hut gezogen wurde, nicht etwas übertrieben ist).

Die Schau wird vor allem diesen beiden durch die schon erwähnte Nebenfigur gestohlen, die hier einige Kapitel erhält und die viele Leser sicherlich schon nicht mehr auf der Rechnung hatten. „Reek, it rhymes with ...“ wird zu einer geflügelten Redewendung, wenn dieser Charakter mit sich selbst spricht. Hier spielt George R. R. Martin all seine Stärken aus: Spannung, Drangsalierung seiner Figuren, hassenswerte Antagonisten, wortreiche Beschreibungen und vieles mehr. Die Kapitel rund um Reek wandeln haarscharf an einer Grenze, die man lesen möchte ob mancher brutaler Andeutungen, doch sie werden nicht überschritten und lassen den Horror nur in den Gedanken des Leser entstehen.

Schon in Band 4 hatte der Autor ja eine Menge neuer Point-of-View-Charaktere zur Handlung stoßen lassen, die oft nur ein oder zwei Kapitel auftauchten, was er auch hier wieder weiterführt und somit die Handlung etwas zerfasert. Dabei fragt man sich zudem, warum diese Kapitel dann auch noch jeweils eigene Bezeichnungen bekommen (im Gegensatz zur bisherigen „Politik“, die Kapitel nur mit dem Namen des Charakters zu betiteln), sodass die Übersichtlichkeit vollkommen verloren geht. Hier wäre vielleicht eine Sammelbezeichnung für die Geschichten der Familie der Greyjoys und der Martells besser gewesen.

Trotz all dieser Kritikpunkte hat das Buch auch wieder genau die Momente, für die man George R. R. Martin liebt. Unglaubliche Überraschungen, Triumphe und Niederlagen pflastern den Weg, die Spannung ist an manchen Stellen zum Zerbersten, Hintergründe werden verwoben und alte, verloren geglaubte Handlungsstränge wiederbelebt und die Sichtweisen von bestimmten Personen ergeben aus anderen Perspektiven plötzlich ganz neue Interpretationen. Dazu breitet Martin eine Welt vor dem Leser aus, die er schon die vorangegangenen Bände erst nach und nach enthüllte und die sich hier in aller Breite entfaltet.

Fazit: George R. R. Martin hat sich vermutlich selbst keinen Gefallen getan: Auch wenn die Verkäufe den Rahmen und alle Erwartungen sprengten, tritt auch der fünfte Band etwas auf der Stelle. An manchen Stellen zeigt sich seine alte Kunst, sowohl spannende als auch überraschende Szenen zu bieten und immer wieder neue Informationen dem Leser zu präsentieren, die vergangene Ereignisse vertiefen oder aus einer anderen Sichtweise zeigen. Leider treibt er manchmal viel zu wenig die Handlung voran, was sich vor allem in den Kapiteln von Daenerys und Tyrion zeigt. Nichtsdestotrotz hebt sich der Band wieder mal weit über die Masse an Fantasy-Romanen ab und schafft eine unglaubliche Tiefe an Erzählung.


A Song of Ice and Fire Book 5 – A Dance with Dragons
Fantasy-Roman
George R. R. Martin
Bantam 2011
ISBN: 0553801473
1040 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 35,00

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