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Für die Krone

Wer schon immer mal mit allen schmutzigen Mitteln gegen die Kontrahenten um einen Königstitel kämpfen wollte, hat hier die Chance dazu. Man darf in diesem Spiel so einiges machen und „List und Tücke“ spielen entsprechend des Untertitels eine große Rolle. Schauen wir doch mal rein.

von KaiM

In diesem Spiel kämpfen 3 bis 5 Thronanwärter ab 8 Jahren um die Krone, und nach nur gut dreißig Minuten soll feststehen, wer die Macht in den vereinten (Tier-)Reichen übernimmt. Die Spielzeit ist wie immer ein wenig zu kurz angesetzt, und mit drei Personen am Tisch ist das Spiel definitiv am schwächsten, aber alles in allem wurden hier realistische Angaben auf die Box gedruckt.

In dieser guten halben Stunde wird ein gemeinsames Deck gebaut und abgearbeitet, Diebe werden angeheuert, es wird gestohlen, gelogen, betrogen und vor allem Zwietracht gesät. In einer tierischen Gesellschaft versuchen wir in fünf Runden die Schätze der anderen zu dezimieren, um am Ende als heldenhaftester Hase, prominentester Pelikan oder affektiertester Affe den Thron zu besteigen. Das hier ist also nichts für schwache Nerven und Harmoniezwerge, die keiner Fliege etwas zuleide tun können. 

Auch wenn es schwer fällt, werde ich mich jetzt für ein paar Minuten aus meiner Rolle als höfischer Intrigant hinausbegeben und so ehrlich und schonungslos wie möglich über dieses Spiel berichten. Falls irgendein Mitarbeiter des Verlags aber noch ein paar Rubine übrig hat, darf er sich gerne bei mir melden. Vielleicht fallen mir dann ja noch mehr schöne Dinge auf, die mir bisher durch die Lappen gegangen sind. 

Das Material

Würde ich viel Negatives über das Material berichten, würde ich mich direkt unglaubwürdig machen, denn hier wurde wirklich ganze Arbeit geleistet. Ich werde nicht auf jedes Detail eingehen, denn Bilder sagen hier mehr als tausend Worte. Besonders schön ist die Gestaltung der Box und ihrer vorsortierten Kisten. Hier finden alle Spieler, was sie benötigen und mit wenigen weiteren Schritten ist die Partie vorbereitet. Dabei sind die Materialkisten nicht nur zum Verstauen gut, sondern haben auch im Spiel noch eine Bedeutung, was die Detailliebe und die Hochwertigkeit nochmals steigert. 

Das zentrale Spielboard ist aus zwei Schichten aufgebaut (Double Layer) und die Karten, sowie auch alles andere im Spiel, bestechen durch das niedliche Design und die klare Ikonografie. Teil des Spielprinzips ist auch, dass man die Karten sleeven muss und an dieser Stelle habe ich aus einigen Ecken ein paar negative Stimmen gehört, da diese schnell kaputt gehen sollen. Ich kann dazu nur sagen, dass ein paar Ersatzhüllen beiliegen und wir bisher kein Problem mit kaputten Kartenhüllen hatten.

Die Regeln sind klar und einfach. Die wenigen Symbole sind schnell erklärt und verinnerlicht und auch der Spielablauf ist strukturiert. Tatsächlich habe ich mich beim Regelstudium gefragt, wie hier in einer Runde mit Kindern überhaupt Spaß aufkommen soll. Aber wie immer muss man ein Spiel spielen, bevor man es beurteilen kann, und so viel sei jetzt schon verraten: Offensichtlich habe ich mich getäuscht.
  
Der Spielablauf

Die Kontrahenten um den Thron besitzen alle eine kleine Schatztruhe, die Goldmünzen, Rubine und ein Schmuckstück (das jeweilige Familienerbstück) enthält. Zu Beginn sind alle im Wesentlichen gleich ausgestattet und im Laufe des Spiels werden dort insbesondere Rubine in seltenen Fällen hinein-, aber noch viel häufiger herausgeholt. Der Kern des Spiels ist ein Kartenstapel, der in vier Runden jeweils einmal durchgespielt wird. Am Anfang jeder Runde kaufen die Kontrahenten Karten aus einer Marktauslage ein und stecken sie in ihre persönlichen Kartenhüllen. Ist dies geschehen, werden alle Karten mit ein paar neutralen Ereigniskarten in einem großen Stapel zusammengemischt und dann nach und nach gezogen und abgehandelt. Dabei darf der Besitzer oder die Besitzerin der Karte bestimmen, was geschieht. 

Die möglichen Effekte sind dabei überschaubar: Ein beliebiger Gegner muss ein Rubin abwerfen, man bekommt ein Goldstück, man darf sich Ansehen verschaffen oder andere in Misskredit bringen. Weitere Möglichkeiten sind, jemandem Diebe auf den Hals zu hetzen oder den Würfel entscheiden zu lassen, welcher Effekt eintritt. Das war es, viel mehr wird es nicht. Auf den stärkeren Karten, die man im Spielverlauf kaufen kann, werden es mehr, aber keine komplizierteren Symbole und so sorgt das Spiel für eine langsame Eskalation, die nicht zu steil daher kommt. Bei jedem negativen Effekt darf man immer selbst entscheiden, wer davon betroffen wird, und so entstehen Diskussionen, Intrigen, Lügereien, Racheaktionen und alles, was dazu gehört, damit man am Ende die Schatzkiste öffnet und dann plötzlich doch derjenige mit den meisten Rubinen darin ist. Die Ereignisse im Stapel sorgen zusätzlich für Dynamik, da man ihnen mit ein wenig Planung und ein wenig mehr Glück aus dem Weg gehen kann. 

Das Spielgefühl

Einer kurzen Planungsphase, in der alle ihre Karten aus der Marktauslage kaufen, folgt immer das Chaos. Nachdem das Deck gemischt wurde, wird jeder Karte entgegengefiebert und jede Entscheidung mit Argusaugen beobachtet. Da alle immer der Willkür der Kartenbesitzer ausgeliefert sind, entsteht jede Menge Leben am Tisch und häufig ist es doch überraschend, wer am Ende gewinnt. Nur eines steht von vornherein felsenfest: Papa ist es jedenfalls nicht.

Beim Durchlesen der Regeln konnte ich mir schwer vorstellen, dass dieses Spiel Anklang finden würde. Es gibt wenig verschiedene Effekte und damit auch wenig Möglichkeiten im Spiel, ganz abgesehen von der fehlenden Abwechslung über mehrere Partien hinweg. Außerdem sind die Effekte, abgesehen von den Goldkarten, durchgängig destruktiv. Zu guter Letzt darf man immer und ohne Einschränkungen frei entscheiden, wem man auf die Füße tritt. Das muss doch schiefgehen und kann doch gar nicht allen, schon gar nicht allen Kindern, Spaß machen. 

Umso überraschter war ich, dass es in den verschiedenen gemeinsamen Runden tatsächlich doch funktionierte. Die geringe Anzahl der Symbole erleichtert den Einstieg und senkt das Mindestalter, der schnelle Spielfluss hält alle bei der Stange und das Risiko, zum Opfer einer Karte zu werden, bringt ordentlich Leben in Form von Jammern, Betteln, Schimpfen und Feilschen an den Tisch. Die Überraschung am Ende, wenn die Schatztruhen geöffnet und die Rubine gezählt werden, sorgt auch jedes Mal für Emotionen und rundet das ganze Spielerlebnis ab. Natürlich braucht man eine passende Spielrunde für diesen Titel, aber offensichtlich scheint es davon mehr zu geben, als ich mir hätte träumen lassen. 

Ich denke, nun ist klar, warum man nur mit List und Tücke an die Spitze kommen kann. Strategischer Weitblick und geschickte Kombinationsgabe helfen jedenfalls nicht.

Fazit: Für mich eine positive Überraschung, die für ordentlich Tumult am Tisch sorgen kann. Man sollte sich jedoch im Klaren darüber sein, wie das Spiel funktioniert und vor allem dann zugreifen, wenn sich in der Gruppe gegenseitig niemand etwas übel nimmt.

Für die Krone
Brettspiel für 3 bis 5 Intrigenschmiede ab 8 Jahren
Maxime Rambourg
Asmodee 2025
EAN: 5425016928394
Sprache: Deutsch
Preis: 39,90 EUR 

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