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Alien – Schwarz, Weiß & Blut

Die Comic-Alben-Reihe „Schwarz, Weiß & Blut“ hat – auch in leichten Titelvarianten – schon eine ganze Reihe visuell expressiver und inhaltlich thematischer Kurzgeschichtensammlungen hervorgebracht. Bislang betraf das vor allem Superhelden, wie Wolverine, Harley Quinn, Deadpool, Moon Knight oder die Marvel Zombies. Jetzt hat sich die Reihe dem düsteren „Alien“-Setting angenommen, das 1979 mit dem Science-Fiction-Horror-Film von Ridley Scott seinen Anfang nahm. Neun Geschichten voller Dunkelheit, Tod und hier und da einem Funken Hoffnung erwarten uns.

von Kurt Wagner

Eins muss gleich am Anfang vom Tisch: Der Comic ist eine Mogelpackung! Er besteht nicht nur aus Schwarz-Weiß-Bildern mit blutigen Rottönen, sondern leistet sich zudem noch ein giftiges Grün als zweite Farbe, das vor allem bei Computern und im Umfeld der Xenomorphen (Aliens) zum Einsatz kommt. Da wir hiermit dennoch weit von einer herkömmlichen Kolorierung entfernt sind und Grün wie Rot trefflich in Signalfunktion oder zur Steigerung der Atmosphäre beitragen, wollen wir ein Auge – gewissermaßen rot-grün-blind – zudrücken und den Reihencharakter als weitgehend intakt akzeptieren.

Der erste Eindruck des Werks lässt das Fan-Herz gleich höherschlagen. Der 136-seitige Band kommt im großformatigen (24x33,5 cm) Hardcover daher und das Cover, das eine bluttriefende Alien Queen auf den Mauern der Wayland-Yutani Corp. zeigt, wird zudem durch Spotlack veredelt. Schicker geht es kaum. Im Inneren erwarten uns dann, wie gesagt, neun Kurzgeschichten, wobei es sich genau genommen um gesammelte vier US-Comic-Heft-Ausgaben handelt, in denen jeweils drei Storys abgedruckt waren. Wer rechnen kann, fragt sich natürlich, wie drei mal vier gleich neun ergeben kann, aber die Antwort liegt in der jeweils ersten Geschichte begründet, die nämlich episodisch ist und in vier Teilen eine größere Handlung ergibt. Es liegen also acht Kurzgeschichten vor und ein längerer Vierteiler.

Die Stimmung in den Beiträgen dieses Sammelbands ist durch die Bank ziemlich düster. Mitunter haben sie zwar eine Moral, etwa wenn in „Erster Tag“ ein Marine, der im Angesicht der Gefahr meint, das sei doch nicht sein Problem, am Ende dafür die Quittung erhält oder wenn sich Soldaten in „Die Jagd“ anmaßen, über Leben und Tod entscheiden zu dürfen, nur um letztlich selbst vom Tod geholt zu werden. Aber das ändert nichts daran, dass einem das Happy End in der Regel vorenthalten wird. Selbst Geschichten, die auf eine Pointe aus sind, wie „Häppchen“, weisen natürlich eine tödliche Pointe auf. Dabei zeigt sich wiederholt, dass der Mensch das eigentliche Monster ist und das Alien nur der ausführende Organismus menschlicher Boshaftigkeit zu sein scheint. 

Besondere Erwähnung verdient der Vierteiler „Utopia“, der mit einem ungewöhnlichen Setting punktet. Hier befinden wir uns auf einem sozialistisch geprägten Generationenschiff. Die Menschen darauf suchen eine neue Heimat fern des konzerngesteuerten Raums. Ein Akt der Hilfsbereitschaft bringt die xenomorphe Bedrohung an Bord, von da an geht es sukzessive den Bach runter. So großartig ich die Idee bis zur letztlichen Auflösung finde, so erstaunt sie doch ein wenig durch die langen Zeiträume zwischen den Episoden. Zwischen Kapitel 1 und Kapitel 2 etwa leben die Kolonisten quasi fünfzig Jahre mit den Aliens an Bord, eine völlig unglaubwürdige Zeitperiode. Außerdem scheinen sich die Aliens auch ohne menschliche Wirtskörper fortpflanzen zu können – sonst wären ihre Zahlen nur schwer erklärbar –, etwas, das zumindest ungewöhnlich innerhalb des Franchises ist, das sonst recht konsequent auf Wirtskörper setzt. Dessen ungeachtet ist die Geschichte interessant und lesenswert.

Das trifft auf eigentlich alle Beiträge zu. Nicht jeder mag gleich kreativ sein, manche sind wirklich nur kurze Momentaufnahmen mit schmerzvollem Ende. Aber im Zweifelsfall macht die tolle Optik mit ihren großen, ausdrucksstarken und mitunter gewalttätigen Panels den Mangel an erzählerischem Einfallsreichtum wett. Ich weiß nicht, ob die Hefte ursprünglich im normalen Comic-Format erschienen sind, aber hier punktet die Übergröße, die sich Panini geleistet hat, definitiv. Derart brachial hat man die Xenomorphen selten wüten sehen. Da ist die Leseempfehlung „ab 16 Jahren“ auf der Rückseite des Albums nicht fehl am Platze.

Eine kurze Covergalerie schließt den Band ab.

Fazit: „Alien – Schwarz, Weiß & Blut“ schummelt ein wenig durch seine zusätzliche Farbe – grün –, die auch nicht bloß für Blut, sondern obendrein zur Aufmerksamkeitssteuerung beziehungsweise als atmosphärischer Hintergrund verwendet wird. Angesichts des tollen Ergebnisses, das nicht nur optisch gefällt, sondern auch durch Geschichten mit düsterer Moral und finsterem Humor zu unterhalten weiß, sollte man hier aber nicht kleinlich sein. Allen Fans des Franchises ist das Comic-Album eindeutig zu empfehlen. Und auch Comic-Leser, die Spaß an visuell spannender, rabiater Kost haben, sollten mal reinblättern. Das Wüten der Xenomorphen könnte auch ihnen gefallen.

Alien – Schwarz, Weiß & Blut
Comic
Collin Kelly, Jackson Lanzig, Michael Dowling u. a.
Panini Comics 2025
ISBN: 978-3-7416-4340-8
136 S., Hardcover, deutsch
Preis: 29,00 EUR

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