LEGO Marvel: Lexikon der Minifiguren

Vor mehr als 25 Jahren hat LEGO erkannt, dass Film-Franchises toll sind, um damit Geld zu verdienen. Seitdem wurden zig Blockbuster-Settings bespielt, von „Star Wars“ (sicher die umfangreichste Kooperation) und „Harry Potter“ über „Indiana Jones“ und „Jurassic Park“ bis „The Lord of the Rings“ und „Avatar“. Als das Marvel Cinematic Universe 2008 mit „Iron Man“ startete, brauchte LEGO immerhin vier Jahre, um auf den Zug aufzuspringen, doch seit 2012 ist auch diese Lizenzwelt praktisch explodiert. Die ganze Vielzahl an Marvel-Helden und -Schurken versammelt das handliche „Lexikon der Minifiguren“.

von Frank Stein

Bereits im letzten Jahr, also 2024, gab es ein Werk zu LEGO Marvel, nämlich „Das große Superhelden Lexikon“. Dieses beschäftigte sich aber nicht nur mit Minifiguren, sondern stellte das Superhelden-Universum mitsamt seiner Schauplätze, Fahrzeuge und Raumschiffe anhand von LEGO-Sets vor. Das vorliegende Buch dagegen richtet sich voll und ganz an die Liebhaber der detaillierten Minis, die so oft das Highlight eines Franchise-Sets sind und auch für Erwachsene gern mal der Kaufgrund für ein sonst eindeutiges Kinderspielzeug. (Nein, ich spreche nicht von den UCS-Brocken, sondern von diesen kleinen Sets mit einem Fahrzeug und zwei bis drei Figürchen.) 

Das Buch hat 172 Seiten, kommt natürlich als vollfarbiger Hardcover-Band daher, will mehr als 200 Minifiguren aus der Welt von LEGO Marvel vorstellen und enthält als exklusiven Bonus ein Minifigur des neuen Captain America (allerdings ohne Flügel, was ihn ein wenig unvollständig erscheinen lässt). Was das Innenleben betrifft, so merkt man, dass der Verlag aktuell eine weitgehend einheitliche Design-Linie für ihre Minifiguren-Lexika fährt. Die meisten Fans werden es wohl nicht merken, weil sie nur eins der Bücher ihr Eigen nennen, aber wer zum Beispiel auch das „LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren“ in der aktuellen Ausgabe besitzt, der erkennt sofort die Verwandtschaft. 

Das Buch beginnt ohne jedes Beiwerk direkt nach dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis mit den Figurenvorstellungen. Sortiert wurde in diesem Fall nach Themenkomplexen und dann anscheinend nach empfundener Wichtigkeit. Es geht los mit „Spider-Man“, gefolgt von „Die Avengers“, danach widmet sich ein Kapitel den „Schurken“ und eins „Verbündeten“. Die „X-Men“, eigentlich ein elementarer Teil des Marvelverse, haben kein eigenes Kapitel, was vermutlich daran liegt, dass es zuletzt wenig „X-Men“-Filme im Kino gab und entsprechend nicht viele neuere LEGO-Sets vorliegen. Die Sortierung innerhalb der Kapitel folgt, wie gesagt, einer eher willkürlichen Logik. So beginnt etwa das „Spider-Man“-Kapitel naheliegend mit diversen Spider-Men. Warum aber auf MJ und Ned Leeds dann eine Riege von Schurken – wie Mysterio, Green Goblin oder Doc Ock – folgt, die doch eigentlich ihr eigenes Kapitel haben, das erschließt sich mir nicht. Im „Avengers“-Kapitel im Gegenzug findet sich kein einziger waschechter Schurke. Figuren wie Ultron, Loki oder Thanos sind korrekt im „Schurken“-Kapitel untergebracht. Dieses Durcheinander macht das Auffinden einer speziellen Figur etwas schwierig, zumal am Ende des Buchs kein alphabetisches Register angefügt wurde. Das gibt einen kleinen Abzug in der B-Note.

Einem Großteil der Figuren wird dann je eine ganze Seite spendiert, auf der sie großformatig mit einer schicken Abbildung präsentiert werden. Einige wenige Übersichtsseiten widmen sich Gruppen wie Spider-Man-Varianten, Bugle-Mitarbeitern, Iron Mans Anzügen oder X-Men – wobei ich es schon ziemlich unpassend finde, dass sich wichtige Figuren wie Magneto, Rogue und Cyclops eine Seite teilen müssen, stattdessen aber die für Marvel-Fans eher nebensächlichen Eternals ganze zehn Seiten im Buch füllen. Neben der Figurenabbildung finden sich auf den Einzelseiten ein kleiner Datenbankeintrag mit „Superfakten“ zum abgebildeten Helden (in dem etwa steht, aus welchem Set er stammt) sowie ein paar Sätze Hintergrundinformation. 

Unverzichtbar sind natürlich die DK-typischen Hinweiskästchen rund um das Bild, die mal produktionstechnischer Natur sind („LEGO Helm [von War Machine] öffnet sich wie der von Iron Man.“), mal storytechnischer („Kapsel mit Pym-Partikeln, die Ant-Man größer oder kleiner machen“) und mal eher oberflächlicher („Glänzender Schulterpanzer“ – deutet auf Whiplashs glänzenden Schulterpanzer). Dabei ist der Anteil an Unsinns-Infos hier relativ hoch. Es liegt wohl nahe, dass hier noch mehr als etwa im Fall des „Star Wars“-Buchs Kinder angesprochen werden sollen, die auch über Infos wie „bequeme dunkelgraue Hose“ oder „Jacke über kariertem Hemd“ gnädig hinweglesen können. Lobend erwähnen möchte ich aber die Hinweise auf diverse Con-Exclusives und die Limitierung mancher Figuren. Genau so etwas gefällt dann dem erwachsenen Fans (wenn es ihn nicht traurig macht, weil er weiß, dass er diese bestimmten Figuren wohl nie in seine Sammlung wird aufnehmen können). 

Sein Ziel erreicht das Buch natürlich trotzdem. Es bietet Lesern einen tollen Überblick der Marvel-Helden und -schurken aus dem Hause LEGO. Komplett mag selbiger nicht sein, aber das merkt man bei der Fülle an Figuren kaum. Zugleich werden gerade jungen Fans in altersgerecht kleinen Happen jeweils ein paar Infos zu jeder Figur geboten, die in Summe dann doch ein ziemlich solides Einsteiger-Wissen über die Protagonisten-Riege des Marvel-Universum bilden. Zum Blättern und Schmökern genau das Richtige.

Fazit: Das „LEGO Marvel: Lexikon der Minifiguren“ erfüllt absolut das selbst gesteckte Ziel, nämlich jungen Fans die Fülle an coolen Superhelden und -schurken des Marvelverse nahezubringen. Die Auswahl ist riesig und die Infohappen zu jeder Figur sind kindgerecht knapp gehalten. Erwachsene Fans hätten sich etwas mehr Tiefgang hier und da gewünscht, denn nicht wenige der DK-typischen Hinweiskästchen verkünden doch eher Banales („Protzige Goldkette“). Im Vergleich beispielsweise zum aktuellen „LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren“ hinkt das Marvel-Werk hinterher. Es werden 40 Seiten weniger Inhalt zum gleichen Preis geboten, die Infos wirken – wie gesagt – etwas oberflächlicher und es fehlt das alphabetische Register. Täuschen lassen darf man sich auch nicht von der Dicke des Buchs. Die Hälfte des Platzes besteht aus Luft respektive der Papphülle für die Captain-America-Minifgur.

LEGO Marvel: Lexikon der Minifiguren
Sachbuch
Shari Last u.a.
Dorling Kindersley 2025
ISBN: 978-3-8310-5118-2
176 S., Hardcover, deutsch
Preis: 22,95 EUR

bei amazon.de bestellen