von Ye Olde Dungeon Crawler
Ich sag’s gleich am Anfang, aber mit einem milden Schmunzeln: Das Buch ist ein reines Quatschprodukt. Ein Mitbringsel zum Geburtstag von fantasyaffinen Rollenspielfreunden, wenn man sonst nichts anderes weiß. Dazu passt dann auch der Preis von knapp 15 Euro. Und weil es reich bebildert ist und mit kürzesten, aber durchaus humorvollen Texthappen operiert, kann man dann auch gleich auf der Geburtstagsparty ein paar Seiten zum Besten geben. Zumindest wissend grinsende Zuhörer dürften einem fast sicher sein.
Aber ein Schritt zurück. „Wie man sich nicht vom Eulenbär fressen lässt“ kommt als handlicher Hardcoverband in Vollfarbe und mit 128 Seiten daher. Das Cover ziert effektvoll ein wilder Eulenbär (eines der ikonischsten Monster des Rollenspiels „Dungeons & Dragons“), geschmückt wird er von einem schicken Goldrahmen und goldfolierter Schrift. Innen herrscht ein lockerer Seitenaufbau vor, mit gut verdaulichen Textblöcken und vielen Bildern, die teilweise mit launigen Kommentaren beschriftet sind. Das Ganze soll ein In-Game-Werk sein, geschrieben von dem drachenblütigen Waldläufer namens Falgriss, der sich als Begleiter des berüchtigten Zauberers und Weltreisenden Volo durch die Vergessenen Reiche geschlagen hat. (Tatsächlich musste ich Volo erstmal nachschlagen. Der hatte seine beste Zeit vor ein paar Editionen. In der aktuellen 5. Edition von „D&D“ spielt er – mal abgesehen vom Quellenbuch „Volos Almanach der Monster“ – kaum eine Rolle.)
Inhaltlich bekommen wir einen Streifzug quer durch die Vergessenen Reiche. Es geht los mit ein paar sehr allgemeinen Überlebenstipps zu Themen wie Ausrüstung, magischen Gegenstände, Begleitern, namhaften Gruppierungen oder legendären Fieslingen. Dann folgt eine Wanderung die Schwertküste entlang, durch die Herzlande und in den Eisigen Norden, bevor wir ins Unterreich abtauchen (nie klug, wie auch der Tenor dieses Kapitels lautet), Seefahrten in Nachbarreiche unternehmen und schließlich ganz weit raus, ins Feenreich, nach Ravenloft oder gar in den Wildraum und das Astrale Meer vordringen.
Der Tonfall, den Falgriss dabei anschlägt, ist locker flockig – man könnte auch sagen: Er hat zu wirklich jedem Thema einen dummen Spruch auf den Echsenlippen. Den Informationsgehalt darin muss man indes oft suchen. So bietet das Buch nur einen allergröbsten Überblick zu seinen jeweiligen Themen. Über Riesen erfährt man beispielsweise zwar, dass es sechs verschiedene Arten gibt (jeweils bebildert), aber diese werden dann bloß in knapp zwei Sätzen charakterisiert. Wie man eine Begegnung mit ihnen erfolgreich überlebt, das wird leider nicht verraten.
Das ist übrigens ein Kritikpunkt, den man auf viel zu viele Teile dieses Schmunzelbuchs anwenden könnte. Ja, es erzählt uns Dinge – meist in Form flapsiger Sprüche – über fast alles, was auf Faerûn so wichtig ist, von Sturmriesen bis zu chromatischen Drachen, von Tiefwasser bis Calimhafen. Nach der Lektüre weiß man also eine Menge darüber, was es alles an Magischem, Bösem oder Verrücktem in den Vergessenen Reichen gibt. Wie man damit sinnvollerweise umgeht, wird einem dagegen viel seltener verraten. Nur hier und da flackert echtes Expertenwissen auf, das für Abenteurer nützlich sein könnte, etwa der Rat, dass ein Lichtzauber einer Fackel vorzuziehen ist, weil er keinen verräterischen Qualm vor der Truppe die unterirdischen Tunnel hinunterweht, der Bösewichte mit feiner Nase alarmieren könnte. (Mal ganz abgesehen davon, dass man Abenteurertrupps mit all ihrem Rüstungsgeklirr und Waffengerassel ohnehin in Gewölben meilenweit hört.) Ansonsten muss man sich mit Anfängerwissen begnügen, etwa dass Werwölfe kein Silber mögen und man in einer Hafengegend auf seine Geldbörse aufpassen sollte. Ach was!
Der größte Pluspunkt des Büchleins ist sicher seine Optik. Die Bebilderung ist reichhaltig, sehr hübsch und bietet mindestens ebenso viel ersten Eindruck zu einem Aspekt wie der Begleittext. Natürlich stammen die Motive alle aus irgendwelchen aktuelleren „Dungeons & Dragons“-Regelwerken, aber wir wollen diesbezüglich nicht kleinlich sein.
Fazit: Der Survival-Guide „Wie man sich nicht vom Eulenbär fressen lässt“ ist, wie eingangs geschrieben, vor allem ein launiger Kurzzeitvertreib, der sich perfekt als Mitbringsel für fantasyrollenspielaffine Freunde und Bekannte eignet. Opulent bebildert und salopp getextet bietet der handliche Band eine nette Übersicht über die Welt Faerûn. Man lernt Monster, Städte, Landstriche und magische Nachbarsphären kennen und erfährt, welche man davon meiden sollte. Insgesamt bleibt das Buch aber eher ein unterhaltsamer Gag. Es ist bei Weitem nicht umfassend genug, um etwa Rollenspielern einen wirklichen Einblick in die Vergessenen Reiche zu gewähren oder irgendwie als nützliche Spielhilfe zu dienen. Als In-Game-Dokument für Einsteigergruppen könnte es indes herhalten – sowie als Schmunzeleinlage beim nächsten Zusammentreffen „D&D“-versierter Rollenspielfreunde.
P.S.: Wie man sich nicht vom Eulenbär fressen lässt, wird übrigens auf Seite 45 verraten.
Dungeons & Dragons: Wie man sich nicht vom Eulenbär fressen lässt
Sachbuch
Anne Toole
Dorling Kindersley 2025
ISBN: 978-3-8310-5056-7
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: 14,95 EUR