D&D Lords of Waterdeep

Waterdeep (zu deutsch Tiefwasser), auch genannt „die Prächtige Stadt“, ist ein Stadtstaat in den Vergessenen Reichen. An der Schwertküste des Kontinents Faerûn gelegen, gilt sie als eine der bedeutendsten Städte des Kontinents. Beherrscht wird Waterdeep von einer Gruppe maskierter Herrscher, die mit Macht- und Ränkespielen um den meisten Einfluss in der Stadt kämpfen. Genau darum geht es auch in dem neusten „D&D“-Brettspiel „Lords of Waterdeep“.

von Bernd Perplies

Mit „Lords of Waterdeep“ kehren die Wizards of the Coast ihrem „D&D Adventure System Cooperative Game“-Konzept, aus dem bislang drei Spiele erwachsen sind und bei dem man Plastikminiaturen durch variable Spielplan-Dungeons schickt, den Rücken. Stattdessen bewegen sich die Küstenzauberer nun in die „Euro-Game“-Ecke, was sich nicht zuletzt in bunten Spielsteinen aus Holz statt Plastikminiaturen von Elfen, Orks und Zwergen zeigt. Allerdings darf es dann doch nicht zu trocken sein. Daher sind mehrere Seiten der Spielanleitung allein der Beschreibung der Fraktionen und Lords von Waterdeep gewidmet. Hätte es nicht gebraucht, aber sorgt für eine nette Atmosphäre.

Das Spiel selbst im vom Grundprinzip her so simpel, dass die Regeln auf vier Seiten passen. Der Rest der 22-seitigen Anleitung beschreibt das Spielmaterial und erklärt im Anhang nochmal alle Gebäude, die man im Laufe des Spiels in der Stadt bauen kann. Auch dies hätte man nicht unbedingt gebraucht, allerdings ist es gelegentlich ganz praktisch – und es beweist, dass die Amerikaner kurzen Spielanleitungen nicht trauen. (Man denke nur an das typische Spiel von Fantasy Flight Games, das ungefähr 30 Seiten Anleitung mitbringt.)

Aber um zu den Regeln zurückzukommen: „Lords of Waterdeep“ ist ein taktisches Ressourcen-Management-Spiel. Es wird über exakt acht Runden gespielt und wer am Ende die meisten Siegpunkte gesammelt hat, gewinnt. Siegpunkte bekommt man vor allem dadurch, dass man Quests bewältigt, die auf dem Spielplan in Form von zufällig gezogenen Questkarten zu haben sind. Es existieren fünf verschiedene Questtypen (Commerce, Peity, Skulduggery, Warfare und Arcana), was vor allem in der Endwertung interessant ist, denn mancher Lord bekommt Bonus-Siegpunkte, wenn er vor allem einen Queststyp gelöst hat.

Um eine Quest zu vollenden, bedarf es der Erfüllung gewisser Voraussetzungen, die in Form von Gold- oder Personalanforderungen daherkommen. Vier Arten von Abenteurern kann man in Waterdeep rekrutieren: Fighters, Rogues, Wizards und Clerics (das sind die farbigen Klötzchen). Um Gold und Abenteurer zu bekommen, setzt jeder Spieler, wenn er am Zug ist, eine Agentenfigur (auch aus Holz) aufs Spielbrett. Die Agenten durchstreifen sozusagen Waterdeep und kehren in gewisse Gebäude ein, um dort eine Aktion durchzuführen. Zu Beginn stehen neun Gebäude zur Auswahl, die einem zu Abenteurern und Gold verhelfen oder erlauben, Missions- und Intrigenkarten aufzunehmen, Intrigenkarten zu spielen und neue Gebäude zu bauen. Diese neuen Gebäude bieten stärkere Effekte an; außerdem bekommt der jeweilige Erbauer stets einen kleinen Bonus, wenn das Gebäude besucht wird.

Die Agenten werden – mit dem Startspieler beginnend – reihum gesetzt. Jeder Spieler hat anfangs drei an der Zahl (ab Runde fünf dann vier). Ein Zug besteht jeweils daraus, einen Agenten zu setzen und anschließend zu schauen, ob man eine Quest lösen kann. Danach ist der nächste Spieler dran. Haben alle Spieler ihre Agenten gesetzt, ist eine Runde vorbei und die nächste beginnt. Der Startspieler wird zu Beginn zufällig ermittelt, danach kann man sich diesen Bonus unter Einsatz eines Agenten erwerben. Die Zugreihenfolge ist wahrlich nicht unwichtig in diesem Spiel, denn manche Ressourcen sind knapper als andere und jeder stürzt sich natürlich zuerst darauf.

Das Ganze klingt enorm einfach – und ist es von den Regeln her auch. Doch in manch einfachem Spiel steckt enormes Potenzial für kniffliges Taktieren. So auch im Fall von „Lords of Waterdeep“. Mag man zu Beginn noch fröhlich seine Agenten irgendwo positionieren und sich auch mit kleinen Quests und Siegpunktegewinnen zufriedengeben, so werden die Vorausplanungen mit jeder verstrichenen Runde ebenso umfangreicher, wie die Möglichkeiten. Intrigen, Zusatzgebäude, der geheime Bonus des eigenen Lords, sogenannte Plot Quests, die nach dem Lösen vor dem Spieler liegenbleiben und spezielle Effekte erzeugen – all das will und muss bedacht werden, wenn man ein Maximum an Siegpunkten herausholen will. Und wer nicht aufpasst, wird von den anderen Lords sehr schnell überrundet. Selbst 25 Punkte Vorsprung können binnen einer Runde zu 0 zusammenschmelzen!

Fazit: Auf den ersten Blick mag „Lords of Waterdeep“ wie ein kurioser Hybrid aus abstraktem „Euro-Game“ und atmosphärischem Genre-Spiel sein. Beim Spielen zeigt sich jedoch, dass hier einfach alles passt. Die Mechanismen greifen wunderbar ineinander und sorgen für eine spannende Partie bis zum Finale. Die Illustrationen, der Spielplan und der Fluff Text im Regelbuch bieten zusätzliches Fantasy-Feeling. Und auch die Qualität der Spielmaterialien stimmt. Reichlich Lordkarten, Gebäude, Quests und Intrigen erhöhen zudem den Wiederspielwert, der allerdings auch so schon recht hoch ist, denn natürlich lässt ein echter Lord of Waterdeep eine schmähliche Niederlage nicht auf sich sitzen, sondern plant sogleich insgeheim, wie er bei der nächsten Partie seine Gegner schlagen kann. Ein definitiver Spieltipp!


D&D: Lords of Waterdeep
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler
Rodney Thompson, Peter Lee
Wizards of the Coast 2012
ISBN: 978-0-7869-5991-4
Sprache: Englisch
Preis: $ 49,99

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