D&D: Conquest of Nerath

Es herrscht Krieg in der Welt von „Dungeons & Dragons“. Vier große Reiche streiten um die Vorherrschaft in der bekannten Welt: das Dark Empire of Karkoth (fiese Hexer und Nekromanten), die Vailin Alliance (Elfen und menschliche Handelfürsten), der Iron Circle (Goblins und Söldnerpack) sowie die Nerathan League (die menschlichen und zwergischen Überrest des Empire of Nerath). Wer am Ende die anderen Völker in die Knie zwingt, entscheidet sich in dem Brettspiel „Conquest of Nerath“.

von Bernd Perplies

Zwei bis vier Spieler können bei diesem strategischen Fantasy-Spiel ihre Kräfte messen. Dazu bauen sie Einheiten, ziehen mit ihnen von Landstrich zu Landstrich und bekämpfen einander, um dem Gegner sein Land wegzunehmen oder das eigene zurückzuerobern. Am Ende gewinnt, wer als erster eine vorher festgelegte Anzahl Siegpunkte erworben hat, wobei man Siegpunkte durch das Erobern von gegnerischen Ländereien und der Hauptstädten bekommt. Ein kurzes Spiel endet bei 13 Siegpunkten, ein mittellanges bei 20 und ein langes dann, wenn ein Spieler alle Hauptstädte kontrolliert oder acht Schätze gesammelt hat.

Vor Spielbeginn werden die vier Reiche zugelost und jeder bekommt die dazu passenden Plastikfigürchen und Event Cards. Jedes Reich spielt sich laut Regelwerk ein bisschen anders; bei Testspielen hat sich der Unterschied allerdings als eher gering herausgestellt. Wer das Dark Empire of Karkoth spielt, scheint einen gewissen Startvorteil zu haben, der Spieler der Nerathan League hat dagegen mit einer besonderen Herausforderung zu kämpfen. Ein plötzlicher Sieg ist bei geschicktem Taktieren jedoch für jede Partei drin.

Jeder Spieler beginnt in seiner Ecke mit einer festgelegten Menge an Starteinheiten, die auch auf festgelegten Feldern stehen. Von da an ist alles möglich. Gespielt wird immer reihum, wobei die Runde als Zeiteinheit kaum eine Rolle spielt. Wichtig ist immer nur der einzelne Zug eines Spieler. Dieser beginnt mit dem Ziehen einer Event Card, die meist einen sofortigen Spieleffekt auslöst (zum Beispiel darf man einen Soldaten auf ein beliebiges leeres Länderfeld platzieren). In der Bewegungsphase dürfen alle Einheiten gemäß ihrer Reichweite bewegt werden, wobei besonders auf Schiffe und Drachen zu achten ist. Die einen können Truppen erschreckend schnell über ein Gewässer transportieren. Die anderen vermögen sogar feindliche Einheiten zu überfliegen und den Gegner von hinten aufzurollen.

Der Kampf wird anschließend mithilfe von Würfelwürfen entschieden. Alle Einheiten, die sich gemeinsam in einem Land befinden, nehmen an einem Kampf teil. Je nach Stärke wird pro Einheit mit einem 6-, 8-, 10-, 12- oder gar 20-seitigen Würfel gewürfelt. Jede Zahl 6+ ist ein Treffer, die dem Gegner eine Einheit nach Wahl raubt. Manche Einheiten haben spezielle Vorteile. Katapulte etwa sind stärker im Angriff, als in der Verteidigung. Magier dürfen Dank „First Strike“ vor dem eigentlichen Kampfgeschehen angreifen und Gegner ausschalten. Aber auch simple Fußsoldaten sind nicht unwichtig. Als „Kanonenfutter“ erkaufen sie den stärkeren Truppen die Zeit, die es braucht, um den Feind zu vernichten. Wenn sich ein Angreifer völlig verschätzt hat, kann er sich allerdings auch nach jeder Kampfrunde zurückziehen, indem er einfach in ein benachbartes Feld rückt. Der Verteidiger dagegen kann nicht fliehen.

Wer nicht gegen seine Mitspieler kämpfen will, kann sich mit ausgewählten Heldeneinheiten stattdessen auch in Dungeons bewegen, die überall auf dem Spielbrett verteilt sind. Darin finden sich fiese Monster, die es zu besiegen gilt. Gelingt dies, bekommt man wertvolle Schatzkarten, die meist dauerhafte Spieleffekte mit sich bringen und im eigenen Spielbereich ausgelegt werden.

Die Abschlussphasen eines Zuges bestehen aus dem Repositionieren einzelner Einheiten (deren Regeln das erlauben), dem Kauf und der Platzierung neuer Einheiten und dem Einsammeln von Einkommen in Form von Gold, das man in der nächsten Runde dann wieder zum Kauf von Einheiten braucht. Das Einkommen ist dabei abhängig von der Menge der beherrschten Länder. Dieser Ablauf setzt sich fort, bis ein Spieler gewonnen hat.

Auch wenn „Conquest of Nerath“ als Strategiespiel angepriesen wird, ist Strategie nur die halbe Miete. Würfelglück oder Glück beim Ziehen von Event Cards, die zum Teil recht machtvolle Effekte aufweisen, ist mindestens genauso wichtig. Wer partout keine 6 würfelt, wird in diesem Spiel keinen Stich machen (und sollte tunlichst nur in starke Einheiten investieren, deren hohe Würfel die Chancen verbessern). Dadurch, dass sich die vier Reiche sehr ähnlich spielen, gibt es auch eigentlich keine perfekte Strategie für die einzelnen Parteien. Im Grunde wabert das Schlachtenglück eine ganze Weile hin und her, bis es schließlich kippt und ein oder zwei Spieler so viele Länder besetzt haben, dass sie Dank ihres Einkommens deutlich mehr Truppen aufs Brett bringen können. In so einem Fall das Ruder als abgehängter Spieler noch einmal herumzureißen, ist kaum noch möglich. Aber „Conquest of Nerath“ ist auch nicht als epische 10-Stunden-Schlacht angelegt, sondern soll explizit in 2 bis 4 Stunden vorbei sein.

Das Spielmaterial ist hochwertig und sorgt für eine schöne Atmosphäre auf dem Spieltisch. Jedes Reich hat seine eigenen Miniaturen (kleine Bogenschützen, Skelette, Goblins usw.), die auch trotz ihrer Größe recht gut gegossen sind. Auch das Spielbrett und die Event Cards sind stabil und sehen hübsch aus. Von den Quick Reference Sheets hätten es ruhig vier sein dürfen. Denn die dortigen Informationen, etwa was eine Einheit kostet oder wie weit sie sich bewegen kann, braucht man immer wieder.

Fazit: „Conquest of Nerath“ ist Strategie light, eine schöne Mischung aus Fantasy-Atmosphäre, spannenden Würfelduellen und geschicktem Taktieren. Die Aufmachung weiß zu gefallen und die Regeln sind gut verständlich. Der empfohlene Verkaufspreis ist natürlich gepfeffert, aber gerade im Brettspiel-Bereich findet man ja häufiger billigere Angebote. Hardcore-Strategen würde ich das Spiel nicht empfehlen. Aber für eine gepflegte Runde unter Hobby-Kriegsherren ist es genau das Richtige!


Dungeons & Dragons: Conquest of Nerath
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Richard Baker, Peter Lee, Mons Johnson
Wizards of the Coast 2011
ISBN: 978-0-7869-5849-8
Sprache: Englisch
Preis: $ 79,99

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