Classic Traveller – Die Regeln

„Traveller“ von 1977 von Game Designers' Workshop (GDW) ist sicherlich ein Klassiker unter den englischsprachigen Sci-Fi-Rollenspielen und liegt in einem Nachdruck der Regeln von 1985 der deutschen Ausgabe von FanPro seit 2021 vor. Neben der Komplett-Edition „Classic Traveller im Schuber“ gibt es auch die Einzelbände zu erwerben. Der eigentliche Regelband soll in dieser Rezension vorgestellt werden. „Traveller“ ist bekannt für seine detaillierten Regeln und so kann man sich fragen, ob es auch heute noch zum Spielen taugt oder ob das Hardcover nur zum Sammeln interessant ist.

von Markus Kolbeck

Inhalt


Regelbuch I – Grundregelwerk
Regelbuch II – Söldner, Scouts und Handelsprinzen
Regelbuch III – Roboter
(Die Regeln haben einen Umfang von insgesamt 374 Seiten.)

Das Fertigkeitensystem von „Traveller“ beruht auf den Laufbahnen als Militär, Pilot, Händler Wissenschaftler, etc. bei einer der sechs Dienstgattungen: Raumflotte, Raumgarde, Heer, Scoutdienst, Handelsflotte und Andere. Es stehen in diesem Regelband nur Menschen des Imperiums als Charaktere zur Verfügung, mit dem „Regelbuch III“ auch Roboter. Ein herausstechendes Merkmal sind die Universellen Profile. Es gibt sie für Persönlichkeiten / Charaktere, Raumschiffe, Planeten, Roboter und Aufgaben. Die sechs Attribute eines Charakters sind: Stärke, Geschicklichkeit, Ausdauer, Intelligenz, Bildung und Sozialstatus. Diese können normalerweise Werte von 0 bis 15 annehmen, werden aber Hexadezimal dargestellt, d. h. die Werte über 9 werden als A bis F wiedergegeben. Jeder Planet hat einen Techgrad, der von „Steinzeit“ bis „dem Imperium der Menschen überlegen“ reichen kann. Die imperiale Zeit ist im Spiel um das Jahr 1107 herum, das entspricht dem irdischen Jahr 5625!

Als Würfel werden nur sechsseitige benutzt; man wirft oftmals nur einen oder zwei davon, manchmal auch bis zu vier, selten erheblich mehr. Es wird bei Proben / Aufgaben gegen einen Schwierigkeitswert gewürfelt. Zu einem Würfelwurf werden Modifikatoren dazugerechnet, etwa ein Bonus für Fertigkeiten-Kenntnisse (wie Lasergewehr-2), und die Summe muss den Schwierigkeitsgrad erreichen oder überschreiten, manchmal auch erreichen oder unterschreiten. Für das Auswürfeln der Eigenschaften benutzt man 2W6. Ansonsten wird alles aufgeführt, was man für ein Rollenspiel in einem Science-Fiction-Universum braucht: Charaktererschaffung, Kampf, Reisen, Raumschiffe, Raumschiffgefechte, Computer, Welten, Begegnungen, Erfahrung (das System kennt keine Erfahrungspunkte, sondern nutzt berufliche Karriere und Training / Studium zur Fertigkeitensteigerung), Handel, Drogen, Verkehr, Ausrüstung, Fahrzeuge, Roboter, Roboterkonstruktion und Psionik. Im „Regelbuch I“ mit den Grundregeln sind auch zwei kürzere Beispielabenteuer enthalten: ein Abenteuer im Inneren einer Pyramide („Schatten“) und ein Szenario zwecks Erkundung / Landvermessung auf einem Planeten („Mission auf Mithril“).

In „Regelbuch II“ und „Regelbuch III“ werden alternative Handels-, Charaktererschaffungs-, Raumschiffbau-, Raumschiffgefechts- und Kampfsysteme zum Besten gegeben. Der Detailgrad ist hier deutlich höher als im Grundregelwerk („Regelbuch I“). Nach jedem der Regelbücher wird ein ausführlicher Tabellenteil abgedruckt, der einen mit To-Do-Listen anleitet, etwa zum Raumschiffbau oder Sonnensystementwurf. Das auf der Website vom F-Shop von Ulisses Spiele aufgeführte „Action Pack“ mit Deckplänen, alternativem Kampfsystem, Pappfiguren zum Ausschneiden, Formularvorlagen, etc., scheint nicht hier enthalten zu sein, sondern vielmehr scheint es sich um den „Classic Traveller – CF-Actionpack“ zu handeln, den man getrennt erwerben müsste. Einen Index gibt es leider nicht.

Kritik


Das Karrieresystem ist interessant als Möglichkeit des Fertigkeitenerwerbs und der Eigenschaftssteigerung. Einem hinausgezögerten Laufbahnende wird Einhalt dadurch geboten, dass man auch nach jeder Vierjahresperiode der Karriere zu Tode kommen kann. Auf alle Fälle wirkt das Charaktererschaffungssystem modern für seine Zeit. Jedoch ist „Traveller“ schon etwas angestaubt, was die Technologie betrifft. Lasergewehre kommen mit Energietornister daher, Computer sind oftmals schrank- oder zimmergroß und werden in Tonnen an Gewicht bemessen. Dazu muss man aber sagen, dass dies auch seinen Reiz haben kann, das Original-“Traveller“ zu spielen mit seinen Vorstellungen der Zukunft aus den Siebzigerjahren. Es ist auch heute noch spielbar und hat sicher einen gewissen Retro-Charme in dieser inhaltlich unveränderten Neuauflage. Somit ist es nicht nur für Sammler*innen interessant!

Die Regeln decken den praktischen Gebrauch im Spiel ab und vor allem die Tabellenteile sind ausführlich; es bleibt eigentlich kaum ein Wunsch offen. Alien-Zivilisationen gibt es in „Traveller“ auch, die werden aber hier nicht ausführlich beschrieben. Was ich vermisse, ist ein Spielleiter*innenschirm, um die vielen Daten und Modifikatoren besser in den Griff zu bekommen. Insbesondere die Erweiterungsbände „Regelbuch II & III“ fügen dem System sehr viele Regeln / Sonderregeln, Würfelmodifikatoren und Tabellen hinzu. Das macht meiner Meinung nach das Rollenspiel unnötig kompliziert, aber Hardcore-Sci-Fi-Fans mögen das vielleicht. Jedenfalls empfehle ich für Einsteiger*innen erst mal mit dem Grundregelwerk aus dem „Regelbuch I“ anzufangen, bis alles gut eingeübt ist. Die Regelkapitel dort sind überschaubar im Umfang, außerdem gibt es Tipps für Spielleiter*innen, wie man am besten startet.

Farbelemente sind leider extrem selten und es gibt nur eine Farbabbildung am Anfang. Jedoch ist der Band durchgehend mit kleineren Schwarz-Weiß-Illustrationen bebildert. Es gibt wenige Rechtschreib- und Layout- beziehungsweise Formatfehler, jedoch haben sich eine wirklich große Menge an störenden Leerzeichen in Worten eingeschlichen, und dann gibt es auch noch viele fehlende Leerzeichen und Bindestriche. Ob diese typographischen Fehler schon in der Übersetzung von 1985 so waren, weiß ich nicht. Auf alle Fälle mindern diese Probleme den Lesespaß und den Wert für Sammler*innen!

Fazit: „Classic Traveller – Die Regeln“ ist sicherlich ein toller Klassiker (sieht man von den typographischen Fehlern ab) und obendrein noch spielbar. Sammler*innen, die das englische Regelwerk von 1977 oder das deutschsprachige von 1985 nicht mehr zum Kaufen finden, könnten hier zugreifen. Eine schöne Alternative zum Fantasy-Rollenspiel mit seinem Schätzejagen und Monstertöten! Wer lieber „Classic Traveller“ auch spielen will, sollte sich die Rezensionen zu den anderen Bänden („Der Hintergrund“, „Die Abenteuer“ und „Explorer“) noch anschauen, weil erst mit dem Hintergrund und den Abenteuern das Sci-Fi-Rollenspiel mit Nostalgie-Flair komplett wird.

Anmerkung:
Wer über eine Komplettanschaffung nachdenkt, sollte vielleicht auch einen Blick auf „Classic Traveller im Schuber“ werfen, das alle vier Bände enthält beziehungsweise die Rezension(en) dazu lesen. Meine Rezension dazu enthält noch einmal eine Kritik zum Gesamtwerk.

Classic Traveller – Die Regeln
Regelwerk
Marc W. Miller, Frank Chadwick, Gary Thomas, Joe D. Fugate u.a.
Ulisses Spiele 2021
ISBN: 978-3-96331-673-9
374 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 59,95

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