Star Wars: The Deckbuilding Game

Kartenspiele mit „Star Wars“-Thema haben eine lange Tradition. Vom „Star Wars CCG“ (1995) über das „Young Jedi Collectible Card Game“ (1999), das „Jedi Knights Trading Card Game“ (2001) und das „Star Wars Trading Card Game“ (2002) bis zu „Star Wars: Das Kartenspiel“ (2012) und „Star Wars: Destiny“ (2020): Mit individuellen Kartendecks gegeneinander anzutreten, hat Fans immer wieder begeistert. Nun haben Fantasy Flight Games und Asmodee den nächsten Streich an den Start gebracht: „Star Wars: The Deckbuilding Game“. Wie fängt das neue Spiel den ewigen Krieg der Sterne ein? Wir haben es uns angeschaut.

von Bernd Perplies

Ein Deck-Building-Game funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Man startet mit einer Handvoll Karten pro Person und einer Auslage in der Mitte des Spielbereichs. Die Basiskarten sind in der Regel sehr schwach. Man kann mit ihnen aber die stärkeren Karten in der Auslage kaufen. Diese verbessern das eigene Deck und helfen gleichzeitig ihrerseits, das Deck noch weiter zu verbessern. So wird man stärker und effektiver, während der eigene Kartenvorrat zunimmt. Typisch für Deckbuilder ist zudem, dass man bei jedem Zug alle Karten auf der Hand ausspielt und nutzt (oder verfallen lässt) und sie dann am Ende des Zuges auf den Ablagestapel legt, um eine neue Hand an Karten für den nächsten Zug zu ziehen. Ist der eigene Zugstapel leer, wird der Ablagestapel zu einem neuen Zugstapel gemischt, wobei auch frisch gekaufte, stärkere Karten ins eigene Deck reinrotieren. Im Bestfall kann man im Verlauf des Spiels zudem miese Anfangskarten „verbrennen“ oder „verbannen“, also aus dem Spiel entfernen, sodass das eigene Deck schlanker wird und man häufiger seine besten Karten ziehen kann.

So. Und was ich hier beschrieben habe, trifft im Wesentlichen auch komplett auf das „Star Wars: The Deckbuilding Game“ zu. So viel kann man gleich sagen: Einen Innovationspreis gewinnt das Spiel nicht. Aber das macht nichts, denn das Konzept ist trotzdem gut, und es erleichtert, gerade weil es weitgehend bekannt ist, den flotten Einstieg. Gespielt wird mit zwei Personen, wobei es Mehrspielerregeln auf der Asmodee-Seite geben soll, die zum Zeitpunkt dieser Rezension aber noch nicht online waren. Allerdings kann man das Teamspiel mit vier Personen auch fast spontan entwickeln, weil es kaum eine Regelanpassung benötigt, solange man einfach abwechselnd reihum am Zug ist (allerdings braucht es zwei Ausgaben des Spiels, da einem sonst die nötigen Starterdecks fehlen). Aber gehen wir mal von zwei Spielenden aus.

Vor der Partie entscheiden wir uns für je eine Konfliktpartei, entweder Rebellion oder Imperium. Wir bekommen jeweils das aus zehn Karten bestehende Starterdeck, außerdem das jeweilige Stützpunktdeck, das während der ersten Spiele sinnvollerweise aus fünf vorausgewählten Planeten besteht (Profis wählen – neben dem Startstützpunkt – aus neun möglichen Planeten vier individuell aus; dadurch kann man auf eine gewisse Spielstrategie setzen). Danach werden die 90 Galaxis-Karten gemischt und sechs von ihnen zu einer Galaxis-Auslage in Reihe angeordnet. Zehn „Outer-Rim-Piloten“ (mit identischem Kartentext) bilden den Abschluss der Auslage. Zuletzt wird noch die „Gleichgewicht der Macht“-Leiste ausgelegt und ein Spielmarker auf die Rebellenseite platziert, wir ziehen jeweils fünf Karten von unserem gemischten Starterdeck-Stapel, dann kann es losgehen.

Gespielt wird immer abwechselnd, wobei ein Zug immer nach dem gleichen Ablauf läuft. Ich kann eine Karte aus der Hand spielen (das bringt direkt Ressourcen, Kampfstärke oder Machtpunkte), ich kann mit Ressourcen eine Karte aus der Auslage kaufen (die erstmal auf dem Ablagestapel landet), ich kann eine Kartenfähigkeit anwenden, eine Karte einem Angriff zuweisen oder einen Angriff abhandeln. Das alles kann ich in beliebiger Reihenfolge und beliebig oft machen, was hübsche Aktionsketten ergeben kann. Ich kann beispielsweise „Direktor Krennic“ legen, darf wegen seines Kartentextes direkt eine Karte ziehen, bekomme zwei Ressourcen, von denen ich dann einen „Scout-Truppler“ in der Galaxis-Auslage kaufen kann, der auf meinen Ablagestapel wandert, und außerdem hat „Krennic“ einen Angriffswert von 3 mit dem ich beispielsweise einen gegnerischen „C-ROC-Kreuzer“ vernichte, der den Rebellenstützpunkt verteidigt.

Ich hätte auch eine Rebellenkarte in der Galaxis-Auslage, etwa einen „Y-Flügler“ angreifen können, denn das ist eine interessante Eigenheit beim „Star Wars: The Deckbuilding Game“: Ziel des Spiels ist es im Grunde, drei Rebellenstützpunkte zu zerstören, indem man ihnen genug Schaden zuweist. Diese können durch Großkampfschiffe verteidigt werden, die eine Art Blockade darstellen und zuerst zerstört werden müssen, bevor man den Stützpunkt angreifen kann. Doch statt eines so direkten Angriffs kann man auch jede feindliche Karte in der Galaxis-Auslage, die einen Zielwert hat (Personen, Fahrzeuge und Jäger, nicht Großkampfschiffe), direkt in der Auslage angreifen und sie daraus entfernen, was einen taktischen Nachteil für die andere Seite bedeutet, die diese Karte dann nicht mehr fürs eigene Deck erwerben kann. Zur Belohnung gibt es meist Ressourcen oder Machtpunkte. Zugegeben bedeutet jeder Angriff auf die Galaxis-Auslage zugleich, dass man nicht den gegnerischen Stützpunkt angreift und so an dieser Front ins Hintertreffen gerät. Es will also genau abgewogen werden, welche Angriffe den meisten Sinn ergeben.

Eine weitere Eigenheit des Spiels ist die erwähnte „Gleichgewicht der Macht“-Leiste. Auf dieser bewegt sich die Gunst der Macht, die zwischen Rebellion und Imperium hin und her pendelt, je nachdem, welche Karten man spielt. Ist „die Macht mit mir“, bekomme ich im Bestfall in jedem Zug eine Ressource zusätzlich, außerdem beziehen sich diverse Karteneffekte darauf, die stärker werden, wenn man die Macht auf seiner Seite hat. So kann es beispielsweise eine kluge taktische Option sein, mit einer kleineren imperialen Einheit eine Rebellen-Einheit in der Galaxis-Auslage zu zerstören, um dafür Macht zu erhalten, die das Gleichgewicht zugunsten des Imperiums verschiebt – und dann „Darth Vader“ mit 10 statt 6 Punkten Angriff gegen die Rebellion zu entfesseln!

Kann man in seinem Zug nichts mehr machen, weil alle Karten zum Einsatz gekommen sind, legt man alle Karten auf den Ablagestapel und beendet den Zug, indem man fünf neue auf die Hand zieht. Dabei wird früher oder später der aktuelle Zugstapel leerlaufen, sodass der Ablagestapel gemischt wird und zum Zugstapel wird, was die neu erworbenen, stärkeren Karten ins Spiel bringt – wie oben schon allgemein beschrieben.

So wogt das Kampfesglück hin und her, bis eine Partei die nötigen drei Stützpunkte zerstört hat. Dann endet eine Partie sofort. Glück ist übrigens bei aller Taktik kein ganz unbedeutender Faktor in dem Spiel. So kann eine Fraktion durchaus Vorteile daraus ziehen, wenn früh gute Karten in der Galaxis-Auslage auftauchen. Einen „Vader“ oder „Sternenzerstörer“ früh ins Deck zu bekommen, kann das Spiel gefährlich in Schieflage bringen. Natürlich sind das teure Karten, aber mit etwas Glück hat man vorher eine Ressourcen-Booster-Karte gezogen, wie die „Landefähre“, dann ist so ein Kauf durchaus machbar. Und gegen einen „Vader“ – krasser Fall, aber als Beispiel – gibt es halt keine ordentliche Verteidigung.

Das fehlt dem Spiel übrigens auch so ein bisschen: Wer dran ist, hat komplett freie Hand. Als Gegner kann ich die Aktionen der anderen Seite nicht kontern. Es gibt keine „Sofort-Ereigniskarten“ oder etwas derartiges. Alle Verluste muss ich hinnehmen. Das schränkt die Interaktion ein wenig ein und macht Angriffe zu einer entspannten Sache. Hier wäre noch Verbesserungspotenzial für eine Erweiterung.

Noch ein Wort zur Optik: Die ist FFG-typisch wieder sehr hochwertig. Die vielen unterschiedlichen Karten sehen toll aus und sorgen für die perfekte „Star Wars“-Stimmung am Spieltisch. Allerdings sind keineswegs alle Bilder neu. Wer sich ein bisschen auskennt, erspäht recht schnell Wiederverwertetes. Allein in einem flotten Abgleich konnte ich ein Dutzend Bilder ausmachen (etwa „Luke Skywalker“, „Han Solo“, den „Scout-Truppler“ und die „Landefähre“), die man so schon aus „Imperial Assault“, „Star Wars Legion“ oder „X-Wing“ kannte. Wobei mittlerweile der Fundus an Bildern bei FFG so gewaltig ist (es gibt ja auch noch „Destiny“, „Rebellion“, „Armada“, das alte „Kartenspiel“ usw.), dass man kaum noch den Überblick hat und sich daher nicht wirklich durch die erneute Verwendung einzelner Motive gestört fühlt.

Derzeit wird das Spiel als Einzelspiel vermarktet und verkauft. Ich würde mich jedoch nicht wundern, wenn Erweiterungen geplant wären. Es fehlen einfach namhafte Figuren und Einheiten, wie C-3PO, R2-D2, Obi-Wan Kenobi, Yoda, der Imperator, Bib Fortuna, Ewoks, der A-Flügler oder die Executor, von Einheiten der Prequel- oder Sequel-Filme und der TV-Serien ganz zu schweigen. Also: Da wäre noch einiges möglich – und zumindest mir auch höchst willkommen.

Fazit: Das „Star Wars: The Deckbuilding Game“ erfindet das Rad nicht neu, aber ergänzt die Standardmechanik von Deckbuildern um ein paar hübsche, taktische Elemente, wie Stützpunkte mit individuellen Effekten, Angriffe auf die Galaxis-Auslage oder die Machtleiste. Der Einstieg ist flott, die Optik super, für „Star Wars“-Fans eine reine Freude. Es mag allerdings Partien geben, in denen eine Fraktion schon früh einen kaum zu konternden Vorteil erringt. Da fehlen noch ein paar Ereigniskarten, die sicher geglaubte Aktionen des Gegners auf den Kopf zu stellen vermögen – irgendwelche jederzeit ausspielbaren Blockade- oder Sabotage-Karten etwa. In der Erweiterung dann hoffentlich!

EDIT: Die Mehrspieler-Regeln sind jetzt bei Asmodee auf der Produktseite des Spiels (unter "Zusatzmaterial") online gegangen. Es ist doch ein wenig komplizierter als nur "wir spielen abwechselnd", aber seht es euch selbst an.

Star Wars: The Deckbuilding Game
Kartenspiel für 2 Spieler ab 8 Jahren
Caleb Grace
Fantasy Flight Games/Asmodee 2023
EAN: 841333120603
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,99

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