Die Geschichte der Science-Fiction (II)

Science-Fiction hat sich fest im Bereich der Fantastik etabliert und ist aus Büchern, Comics, Serien, Filmen und Spielen nicht wegzudenken. Der vorliegende Sachcomic schildert in Texten und Bildern die Geschichte der Science-Fiction-Literatur, von den ersten Ursprüngen bis heute. Dabei werden praktisch alle große Autor*innen dieser Literaturgattung näher beleuchtet und auch viele moderat bekannte Sci-Fi-Schriftsteller*innen.

von Markus Kolbeck

Der Hardcover-Band wurde ursprünglich 2020 im Französischen veröffentlicht und liegt seit 2021 beim Splitter-Verlag als deutschsprachige Übersetzung vor. Recherchiert und getextet wurde er von Xavier Dollo, einem Newcomer im Bereich des Comics, und gezeichnet wurde er von Djibril Morissette-Phan, der bereits für die Comic-Reihen „Starlord“, „Wolverine“ und „X-Men“ bei Marvel illustriert hat. Der Band ist komplett in Farbe gehalten und umfasst 216 Seiten.

Inhalt

Am Anfang mag man einen Blick in das Inhaltsverzeichnis werfen, das sich am Ende des Bandes befindet. Nach dem Vorwort von Pierre Bordage geht es los mit dem Comic. Der Band enthält viele Kurzporträts der Autor*innen, kurze Angaben zu ihren Werken und auch Motivabbildungen aus ihren Geschichten, wie man sie visualisieren kann. Die gegebenen Informationen werden vor allem durch Dialoge zwischen Schriftsteller*innen und Verlegern dargestellt. Die im Folgenden genannten Autor*innen führe ich mit einer ihrer bekanntesten Geschichten und dem Erscheinungsjahr (falls verfügbar) des Originals (das meist englischsprachig ist) auf.

Die moderne Sci-Fi ist erst nach der industriellen Revolution entstanden, aber die Ursprünge gehen bis in die Antike zurück. Als erste, auch heute noch bekannte, Gehversuche im Bereich der Fantastik mag das 2000 v. Chr. entstandene „Gilgamesch“-Epos und die „Odyssee“ von Homer aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. gelten. In der Moderne nimmt aber Mary Shelley mit ihrem 1818 veröffentlichten Roman „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ die Rolle als Mutter der Sci-Fi ein. Da das Übernatürliche in der Geschichte fehle und vor allem auch wegen seiner (Pseudo-)Wissenschaftlichkeit, sei es kein Horror-Roman, sondern die erste echte Sci-Fi.

Aus dem Bereich der Vorläufer und Anfänge der Sci-Fi werden Namen wie Jonathan Swift („Gullivers Reisen“, 1726), Jules Verne („20.000 Meilen unter dem Meer“, 1870), H. G. Wells („Der Krieg der Welten“, 1898), Edgar Rice Burroughs („Die Prinzessin vom Mars“ (1912) mit der Figur des John Carter), Robert E. Howard („Conan der Cimmerier“, 1932) und H. P. Lovecraft („Cthulhus Ruf“ 1926) genannt. Lovecrafts Geschichten seien Sci-Fi, da die darin beschriebenen Großen Alten im Prinzip Außerirdische seien. Neben den bekannten und beliebten Autoren gab es auch noch weitere für das Genre wichtige Personen: etwa die Verleger! Zu nennen sind hier vor allem die Verleger der Pulp-Magazine, die ihren Namen von dem kostengünstigen Papierbrei (Pulp) haben, aus dem sie bestehen, und die dementsprechend günstig sind. Das erste Magazin dieser Art, das sich der Sci-Fi widmete, war „The Argosy“ (Erstausgabe als Pulp 1896), verlegt von Frank Munsey. Bekannter dürften Magazine wie „Weird Tales“ (Erstausgabe 1923), „Amazing Stories“ (Erstausgabe 1926), beide zeitweise verlegt von Hugo Gernsback, und „Astounding Stories“ (Erstausgabe 1929), verlegt ab 1937 von Autor John W. Campell, ab 1938 unter dem Titel „Astounding Science Fiction“ sein.

Nach einem Ausflug in die Sci-Fi Frankreichs bis Mitte des 20. Jahrhunderts, bei dem mir nur die Namen Cyrano de Bergerac und der bereits erwähnte Jules Verne bekannt sind, findet das Goldene Zeitalter der Sci-Fi von den 1930er-Jahren bis zu den späten 1940er-Jahren Erwähnung. Es werden illustre Namen genannt wie Issac Asimov („Foundation“, 1942), Robert A. Heinlein („Starship Troopers“, 1959), A. E. Van Vogt („Die Welt der Null-A“, 1945), Theodore Sturgeon („Die ersten ihrer Art“, 1953), Ray Bradbury („Fahrenheit 451“, 1953), Arthur C. Clarke („2001: Odyssee im Weltraum“, 1968) und sehr viele mehr; zu viele, um sie alle aufzuzählen. An dieser Stelle gibt es einen gute Übersicht der Sci-Fi-Literatur des Goldenen Zeitalters und ein Pantheon der Sci-Fi. Im letzten Abschnitt des Kapitels wird auch ein kurzer Ausflug zu Comics wie „Aquaman“, „Superman“ und „Batman“ gemacht.

Im nächsten Kapitel wird die Sci-Fi-Literatur in England von den 1930er bis 1970ern näher beleuchtet. Zu nennen sind hier außer einleitend dem berühmten Fantasy-Autoren J. R. R: Tolkien („Der Hobbit“, 1937) bekannte Namen wie u. a. Michael Moorcock („Elric“, 1972), Aldous Huxley („Schöne neue Welt“, 1932), George Orwell („1984“, 1949) und Brian Aldiss („Helliconia“-Trilogie, 1981).

Für die amerikanische Sci-Fi von den 1950er-Jahren bis 1969 mögen die Nennungen von Robert Silverberg („Der Mann im Kosmos“, 1968), Philip K. Dick („Träumen Roboter von elektrischen Schafen?“, 1968, später als „Blade Runner“ verfilmt) und Frank Herbert („Dune“, 1963/65) ausreichen.

Für die feministische Sci-Fi sind neben anderen vor allem Ursula K. Le Guin („Planet der Habenichtse“, 1974), Anne McCaffrey („Die Drachenreiter von Pern“, 1968) und Marion Zimmer Bradley („Darkover Series“, 1972) zu nennen. Stellvertretend für die Revolution des Cyperpunk in der Sci-Fi stehen William Gibson („Neuromancer“, 1984) und Bruce Sterling („Schismatrix“, 1996).

Neben einem ausführlicheren Ausflug in die Sci-Fi-Literatur von der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart mit mir unbekannten Schriftstellern werden auch kurz Autoren aus Deutschland (Herbert W. Franke, „Die Glasfalle“, 1962), Polen (Stanislaw Lem, „Solaris“, 1961), Russland (Dmitri Glukhovski, „Metro 2033“, 2007), Schottland (Ian M. Banks), Spanien, Südamerika und Asien erwähnt, viele davon mir völlig unbekannt.

Es gibt auch eingestreut in dem Sachcomic Beispiele für Sci-Fi-Filme, -Serien, -Mangas, -Animes -Magazine, -Comics und mehr.

Kritik

Auf alle Fälle liefert der Sachcomic einen fulminanten Überblick über englisch- und französischsprachige Sci-Fi, jedoch werden andere Länder außer den USA, Großbritannien und Frankreich nur kurz angeschnitten. Das muss als Manko gelten! Allerdings sind in den schwerpunktmäßig behandelten Ländern viele herausragende, ja, gar meisterliche Werke erschienen, die man in einem Leben kaum alle lesen kann. Somit liefert der Sachcomic nicht nur eine Übersicht, sondern bietet auch einen sehr guten Ausgangspunkt für eigene Leseabenteuer. Wer bei dem ein oder anderen Titel Lust auf Mehr bekommen hat, kann hier getrost weitere „Studien“ anhand der Romane, Erzählungen, Kurzgeschichten, Comics, Filme etc. machen. Der Spaß, in fantastische Welten einzutauchen, wird nicht ausbleiben. Der Comic liefert die vielen Sachdetails ansprechend und oft in kleine Geschichten verpackt. So kann man nicht nur die Werke, sondern auch ihre Autor*innen kennenlernen.

Fazit: Der Band „Die Geschichte der Science-Fiction“ ist sowohl für Einsteiger, die einen Überblick über dieses faszinierende Genre suchen als Startpunkt für weitere Leseabenteuer, als auch für erfahrene Liebhaber der Sci-Fi, die ihr Wissen über ihr Hobby auffrischen wollen und nach neuen Inspirationen suchen, hervorragend geeignet. Ich kann dieses fantastische Werk allen Fans der Sci-Fi und jenen, die es werden wollen, wärmstens empfehlen!

Die Geschichte der Science-Fiction
Sachcomic
Xavier Dollo und Djibril Morisette-Phan
Splitter 2021
ISBN: 978-3-96219-103-0
216 S., Hardcover, deutsch
Preis: 29,80 EUR

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