Capital Lux

Ein Spiel, das in der Zukunft spielt, ist im Allgemeinen dystopisch, apokalyptisch, düster und bedrückend. Es herrschen Gewalt, Krieg, das Recht des Stärkeren und gemeinsam oder gegeneinander muss ums Überleben gekämpft werden, wenn man das Spiel gewinnen möchte. „Capital Lux“ ist da anders. Solange man den Imperator nicht verärgert, ist immer alles gut.

von KaiM

Lux ist die namensgebende Hauptstadt der Zukunft. Dort und in der Umgebung leben vier Clans Seite an Seite, um den Aufbau und den Wohlstand der Gemeinschaft zu sichern. Aber auch wenn die Clans selber überhaupt keinen Groll gegeneinander hegen, so sind es die größenwahnsinnigen Herrscher der Vorstädte, die sich gegenseitig bekriegen. Denn nur, wenn man die Besten der Besten bei sich vereint, ohne den Imperator gegen sich aufzubringen, kann man zur größten und schönsten Vorstadt aufsteigen und sich über alle anderen erheben. Also wird angeheuert, intrigiert, verschoben, bestochen, Attentate verübt und Revolutionen angefacht. Denn mit sauberen Mitteln wird man hier niemals gewinnen.

Ja, richtig. In dieser wunderbaren Welt könnten alle friedlich nebeneinander leben, wenn nicht die Spieler wären. Denn, wie könnte es anders sein, einer muss ja unbedingt gewinnen. Ein bis vier Personen ab 10 Jahren treten für 15 bis 40 Minuten gegeneinander an, um unter sich auszumachen, wer der Beste ist. Das Spiel funktioniert in jeder Besetzung und sogar das Alter und die Spielzeit sind okay, auch wenn 15 Minuten dann aber doch ein wenig optimistisch ist. Unter 10 Jahren ist das Spiel tatsächlich wenig empfehlenswert, obwohl es durchaus Kinder geben mag, die Spaß an dieser Art Spiel haben, aber dazu später mehr.



Das Material

Wer diese Box in der Hand hält, erwartet trotz des handlichen Formates etwas Großes, fast schon Episches. Es geht um die Hauptstadt des Lichts und ganze Generationen, die dort aufwachsen und die Städte gedeihen lassen. Doch der Inhalt verwirrt zunächst. Im Wesentlichen sind hier Karten in vier verschiedenen Farben mit aufgedruckten Zahlen enthalten. Könnte es sich etwa um ein Stichspiel handeln? Aber dafür sind dann doch zu viele Pappmarker dabei, die eine ordentliche Qualität aufweisen. Die „Spielerboards“ sind dahingegen etwas dünn geraten, was auf den ersten Blick unschön wirkt. Hier muss man jedoch eine Lanze für die Entwickler brechen, denn je nach verfügbarem Platz müssen die Handkarten teilweise auf die Boards gelegt werden, was bei einer dickeren Ausführung gar nicht gut funktioniert hätte. Auf diese Weise wird die Box dann schließlich doch ganz gut gefüllt.  

Die Anleitung besteht aus zwei Teilen. Auf acht Seiten werden die Regeln erklärt und im vierseitigen Anhang geht es ausschließlich um die 16 Module, von denen pro Partie je vier ins Spiel kommen. Die Regeln sind einfach verständlich und gut geschrieben. Alle wichtigen Symbole, von denen es nicht besonders viele gibt, werden erklärt, der Ablauf wird klar beschrieben und Hinweise sind farblich gut abgesetzt. Die Soloregeln nehmen direkt zwei Seiten für sich in Anspruch und sind ebenso verständlich geschrieben. Auch wenn ich mich an den Solomodus erst kurz gewöhnen musste, gibt es an den Regeln eigentlich nichts zu meckern.



Das Spiel

Zu Beginn haben alle eine leere Stadt vor sich ausliegen. Es gilt nun alle vier eigenen Bezirke mit Karten der entsprechenden Farbe zu füllen und dabei, wenn am Ende der Runde alle Kartenwerte eines Clans addiert werden, mehr als die Mitspieler zu haben, denn nur so bekommt man Karten mit hohen Werten auf den eigenen Siegpunktstapel. Es gilt jedoch auf keinen Fall zu hoch zu pokern, denn auch die Hauptstadt muss durch die Spieler mit den fähigsten Vertretern eines Clans bevölkert werden. Wagt man es, am Ende einer Runde in einem Bezirk eine höhere Gesamtsumme als die Hauptstadt aufzuweisen, findet der Imperator das überhaupt nicht lustig. Kurzerhand wird der eigene Bezirk komplett entvölkert und man kann dort diese Runde keine Punkte gewinnen (wenn man nicht genug Geld für eine kleine Bestechung zur Hand hat). Es gilt also, mehr zu haben als die Nachbarn, aber weniger als der Chef. Das klingt nach einem Spiel aus dem richtigen Leben.

Jede Runde bekommen alle sechs Karten auf die Hand, wobei diese durch ein Drafting verteilt werden. Man bekommt also sechs Karten, nimmt sich zwei und gibt den Rest weiter, bis alle Karten verteilt sind. Dann wird reihum eine Karte ausgespielt. Entweder in die eigene Stadt oder die Hauptstadt. Entscheidet man sich für die Hauptstadt, wird der Sondereffekt des jeweiligen Clans ausgelöst und diesen kann man im Normalfall nutzen, um Manipulationen oder Spezialaktionen im eigenen Sinne auszuführen. Manchmal bekommt man einfach Geld, welches man zur Bestechung oder einfach als Siegpunkte nutzen kann. Manchmal darf man aber auch eine kleine Revolution auslösen und Aktivisten in die verschiedenen Bezirke schicken.   

Sind alle sechs Karten gespielt, wird eine Zwischenwertung ausgelöst und alle Bezirke werden gewertet. Dabei bekommen die Sieger eines Bezirks eine Karte auf einen Siegpunktstapel, den man am Ende des Spiels mit möglichst vielen, möglichst hohen Karten bestückt haben möchte. Dieser Ablauf wird noch zweimal wiederholt und am Ende gewinnt, wer am meisten Siegpunkte gesammelt hat.

In der nächsten Partie kommen wieder vier Spezialaktionen der Bezirke ins Spiel. Da es für jeden Bezirk vier verschiedene gibt, kann man nicht nur einige Partien absolvieren, bis man alles einmal gesehen hat, auch die möglichen Kombinationen bringen reichlich Abwechslung mit sich. Somit dürfte genug gegen die schnelle Langeweile getan sein.



Wie fühlt es sich an?

Ich mochte das Spiel sofort. Mit der Wahl der Handkarten beginnt die strategische Ausrichtung und mit jedem Zug wird sondiert, taktiert und schließlich die Karte gespielt, die andere unter Druck setzt und den meisten Vorteil bringt. Die Sonderfähigkeiten der Clans werden dabei natürlich ebenso in Betracht gezogen wie die Bezirke der Gegner und das eigene Tableau. Wenn man dann merkt, dass man sich nicht verrechnet hat und tatsächlich die Mehrheit ergattern konnte, fühlt man sich wie ein großer Stratege, wenn man die Siegpunktkarte einstreicht. Denn es galt, das Beste aus der Situation zu machen, und das hat man geschafft. Man hat alles richtig kalkuliert.

Und genau da liegt das Problem dieses Spiels. Jeder Zug ist eine kleine Matheaufgabe mit x Unbekannten. Spielt man zu sehr aus dem Bauch heraus, wird man verlieren. Vielleicht war es meine Art der Begeisterung für dieses Spiel, die andere abgeschreckt hat, denn ich konnte leider wenige finden, die dieses Spiel ähnlich mochten wie ich. Denn so viel ist sicher: Das Prinzip ist so einfach, wie genial, wenn man vor ein wenig Kopfrechnen im Brettspiel nicht zurückschreckt.

Ein wenig Trost konnte mir die Solovariante spenden, die schön knackig daher kommt und nicht gerade einfach zu gewinnen ist. Am liebsten spiele ich das Spiel zu viert, aber auch zu zweit oder dritt funktioniert es. Allerdings wäre die Solovariante dem Spiel zu zweit vorzuziehen.

Fazit:
Ein kleines, flottes Spiel, fast schon ein Absacker. Leider nicht für jeden, aber auf jeden Fall für mich.

Capital Lux

Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 10 Jahren
Elif Svensson, Kristian A. Ostby
Giant Roc 2022
EAN: 7421098112728
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 37,00

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