von Frank Stein

Im Jahr 2017 kam die erste große Erweiterung für das damals neue Living Card Game „Arkham Horror – Das Kartenspiel“ von Fantasy Flight Games (auf Deutsch seinerzeit vom Heidelberger Spieleverlag) heraus: „Das Vermächtnis von Dunwich“. In einer Grundbox wurden fünf neue Ermittler vorgestellt und mit zwei Szenarien der Einstieg geboten. Sechs zusätzliche Karten-Erweiterungen erzählten dann eine fortlaufende Geschichte mit je einem Szenario und neuen Karten, um die Ermittler-Decks aufzuwerten beziehungsweise zu modifizieren.

In der Neuauflage von „Arkham Horror – Das Kartenspiel“ aus dem Jahr 2021 wurde das Produktkonzept geändert. Zukünftig werden alle Kampagnen (Reprints wie neue) in zwei Boxen verkauft: je einer „Ermittler-Erweiterung“ und einer „Kampagnen-Erweiterung“. In der „Ermittler-Erweiterung“ befinden sich dabei alle Karten, die zu den Ermittlern gehören, die „Kampagnen-Erweiterung“ bietet alle Szenarien einer Kampagne gebündelt in einer Schachtel. Im Fall von „Das Vermächtnis von Dunwich“ ist dabei übrigens nichts neu. Es mögen hier und da Errata in die Kartentexte eingeflossen sein, aber es gibt keinerlei wirklich neues Material im Vergleich zu 2017; es handelt sich bloß um eine andere Sortierung des bestehenden Materials.



In der vorliegenden Box – die leider bloß eine dünne Pappschachtel mit Klappverschluss ist, sich also nicht zum Aufbewahren der Karten in irgendeiner Form von Sortierung eignet – befinden sich also 5 Ermittlerkarten, 5 kleine Ermittlerkarten, 204 Spielerkarten und ein Regelflyer. Auf der Schachtelrückseite steht dabei etwas undeutlich „Mit der Ermittler-Erweiterung […] könnt ihr neue Ermittlerdecks bauen oder eure bereits bestehenden neu gestalten […]“. Das heißt nicht, dass genug Karten enthalten wären, um nur mit dieser Erweiterung funktionierende Ermittlerdecks zu bauen. Man braucht auf jeden Fall Karten aus dem Grundspiel dazu, schon allein deshalb, weil wichtige Standardkarten für jedes Deck nur dort zu finden sind. Die Karten hier dienen wirklich dazu, für Abwechslung und den besonderen Kniff zu sorgen. Anders herum könnte man wahrscheinlich die „Ermittler-Erweiterung“ weglassen und mit den Karten des Grundspiels die „Dunwich“-Kampagne spielen. Aber ganz ehrlich? Es sind ein paar richtig schöne Karten in der Erweiterung, die man eigentlich sofort ins Deck nehmen will. Das gilt natürlich auch für die Optik, die sehr hochwertig und stimmungsvoll ist, aber vor allem für die Spieleffekte.

Alle genau unter die Lupe zu nehmen, würde den Raum hier sprengen. Aber ein paar sollen beispielhaft vorgestellt werden. Da wären zum einen die Ermittler, die man alle aus dem „Arkham Horror“-Franchise zu kennen glaubt (obwohl ich nicht sagen könnte, ob sie gegebenenfalls hier ihren Einstand gegeben haben). Zu den „großen Namen“ zählen definitiv die Upper-Class-Pistolenschützin Jenny Barnes (grün), die sich mit ihren zwei 45ern durch die Monsterscharen ballert, und der Hobo „Ashcan“ Pete (rot) mit seiner Gitarre und dem Hund Duke, der das Leben halt so nimmt, wie es kommt, aber nicht unterzukriegen ist. Jenny bekommt in jeder Unterhaltsphase 2 statt 1 Ressource, und Ressourcen kann man echt nie genug haben bei dem Spiel. Pete dagegen gewinnt vor allem durch Duke, der Petes Fertigkeiteswerte sehr flexibel in Kämpfen und beim Ermitteln von 2 auf 4 steigert. Weiterhin enthalten sind die fanatische Köchin Zoey Samaras (blau), die für jeden Kampf eine Ressource bekommt und daher einen gefährlich offensiven Spielstil fordert, der Jazzmusiker Jim Culver (violett), dessen Zauberei den Symbolplättchen im Chaosbeutel ganz neuen Wert verleiht, und der Reporter Rex Murphy (gelb), der auf das Entdecken von Hinweisen und einen hohen Kartendurchsatz spezialisiert ist.



Auch ansonsten finden sich viele tolle Karten in der Erweiterung, die man gern in seine Decks einbaut. „Abkürzung“ (gelb) erspart einem Ermittler eine Bewegen-Aktion und kann, da „schnell“, auch ohne Aktion gespielt werden. „Auf der Suche nach Antworten“ (gelb) lässt einen Hinweise an einem verbundenen Ort finden, das heißt man kann gegebenenfalls Hinweise von einem Ort mit hohem Schleierwert abgreifen, indem man an einem verbundenen Ort mit niedrigem Schleierwert ermittelt. Die „Brandaxt“ (rot) kann für 1 bis 3 Ressourcen auf +2 bis +6 Kampfwert geboostet werden. Damit sind sogar dicke Gegner zu knacken. „Eine schnelle Entscheidung“ (grün) erlaubt die „schnelle“ Flucht an einen verbundenen Ort, wenn ein Gegner bei einem im Begriff ist aufzutauchen. Dank „Geistesgegenwärtig“ (grün) kann man sofort eine Aktion durchführen, nachdem eine Fertigkeitsprobe geschafft wurde (auch im Zug anderer Ermittler). Und „Zusammenarbeit“ (blau) ist extrem praktisch, um untereinander Gegenstände, Verbündete und Ressourcen auszutauschen, was normalerweise nicht erlaubt ist. Dazu kommen geniale „schwere Geschütze“ wie die „Tesla-Kanone“ (blau) oder der „Chicago-Typewriter“ (grün), die zwar teuer und hochstufig sind, aber den Tisch von Gegnern ordentlich leerräumen. Genial ist „Die Goldene Taschenuhr“, die es – leider nur einmalig – erlaubt, eine ganze Phase zu überspringen oder zu wiederholen. Gerade im Endgame kann das den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.

Fazit: Muss man die „Ermittler-Erweiterung“ von „Das Vermächtnis von Dunwich“ kaufen? Nein. Man kann die Kampagne natürlich auch mit den Karten des Grundspiels spielen. Trotzdem lohnt sich die Anschaffung, weil ein paar sehr schicke neue Karten darin enthalten sind, die sich gut in den verschiedenfarbigen Spieldecks machen. Gerade wer bisher nur das Grundset besitzt, bekommt so eine gute Auswahl an neuem Spielmaterial, das deutlich effektivere Decks ermöglicht (und einem so auch die „Dunwich“-Kampagne etwas erleichtert).

Arkham Horror – Das Kartenspiel: Das Vermächtnis von Dunwich – Ermittler-Erweiterung
Kartenspiel-Erweiterung für 1 bis 4 Spielende ab 14 Jahren
MJ Newman, Nate French
Fantasy Flight Games/Asmodee 2022
EAN: 4015566603417
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,99

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