Zweikopfdämon

Erzählspiele gibt es in allen möglichen Varianten. Mit „Zweikopfdämon“ liegt allerdings ein Spiel vor, das gleich mehrere ungewöhnliche Prämissen gleichzeitig hat. Riskieren wir doch einen näheren Blick.

von André Frenzer

vonallmenspiele ist ein kleiner Eigenverlag, in dem Spieleautor Benjamin von Allmen seine selbst produzierten Spiele verlegt. „Zweikopfdämon“ ist das dabei nur das erste einer Reihe von geplanten Spielen, welche in der nächsten Zeit das Licht der Welt erblicken sollen. „Zweikopfdämon“ versteht sich als Erzählspiel, welches das Chaos einer zünftigen Runde „Fiasco“ für nur wenige Spieler – genau zwei – einfangen und ermöglichen will. Wie genau will Benjamin von Allmen das erreichen?

Zunächst einmal ist die Prämisse des Spiels herrlich unverbraucht. Durch irgendeine Art von magischem Unfall sind die beiden Spielenden – in der realen Welt wahrscheinlich gute Freunde – in ein dämonisches Reich geschleudert worden. Hier sind ihre Seelen in dem Körper eines zweiköpfigen Dämons gefangen, der jedoch seinerseits seine Schwierigkeiten damit hat, sich gleich zwei Seelen einzuverleiben. So gelingt es stets einer der beiden Seelen, die Oberhand über den Dämon zu gewinnen, während die andere Seele unterdrückt wird. Durch einen simplen Spielmechanismus – dazu gleich mehr – wechseln also die Spieler die Rollen zwischen freier und unterdrückter Seele. Das Ziel des Spiels ist einfach: Es gilt, der Dämonenwelt zu entkommen.

Während die grundsätzliche Geschichte, welche die Spielenden mit „Zweikopfdämon“ erleben sollen, also recht eng gefasst ist, bemüht sich von Allmen sonst um größtmögliche Freiheit. So können die Spielenden nicht nur Beginn und Finale der Geschichte festlegen, sondern sollen gemeinsam auch ein Setting, Ortschaften und Charaktere festlegen. Dabei können alle möglichen Genres bedient werden – von der Science-Fiction-Story bis zum Horrorstreifen sind alle möglichen Settings denkbar. Da Orte und Charaktere bereits im Vorfeld festgelegt werden, aber erst im Spiel wirklich tiefgehender erforscht werden, geht die Generierung tatsächlich recht zügig vonstatten.

Das eigentliche Spiel selbst ist dann – wie man es von anderen Erzählspielen, die eine bestimmte Geschichte erzählen wollen – stark reglementiert. Grob zusammengefasst übernimmt ein Spieler die freie Seele, welche versucht, aus der Dämonenwelt zu entkommen. Der andere Spieler führt in dieser Zeit den Dämon sowie die komplette Umwelt. Der Dämon ist natürlich bestrebt, seinem Gegenüber möglichst viele Steine in den Weg zu legen. Eine Szene besteht aus mindestens zwei Ereignissen, die Proben von der freien Seele verlangen (deren Ergebnis über einen einfachen Würfelwurf bestimmt wird) und endet stets mit einem Cliffhanger, welcher der Dämon bestimmen muss. Am Beginn einer neuen Szene kann es dann zum Rollenwechsel kommen: Es wird eine Karte gezogen, deren Spielfarbe bestimmt, ob nun die andere Seele in der nächsten Szene frei ist oder nicht. Dadurch passiert es häufig, dass man sich selbst aus dem brenzligen Cliffhanger, den man gerade geschaffen hat, befreien muss. Das Spiel endet, wenn ein vorher festgelegtes Ziel erreicht ist oder die freie Seele vorzeitig das Zeitliche segnet.

„Zweikopfdämon“ erfordert von seinen Spielenden ein hohes Maß an Kreativität und Erzählfreude. Wer das mitbringt, erhält ein rundes Paket für eine wahrscheinlich vollkommen chaotische Erzählung. Dabei wechseln sich Schadenfreude und Erleichterung stetig ab, wenn man eine knifflige Szene auflöst, während der andere Spielende bereits die nächsten Hindernisse aufbaut, nur um plötzlich selbst in die Verlegenheit zu geraten, das ganze heil zu überstehen. Das enge Regelkorsett sorgt dafür, dass die einzelnen Szenen nicht in Beliebigkeit abgleiten, und die vorhergehende, gemeinsame Setting-Erschaffung sorgt für einen gemeinsamen Vorstellungsraum. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass nur beide Spielende das Spiel gemeinsam tragen können – wer sich im Rollenspiel gerne eher zurücklehnt und den Erzählungen der anderen folgt, ist hier fehl am Platz.

Ein Wort sei noch zum Layout gesagt: Dieses ist vollfarbig und professionell gelungen. Die verwendeten Illustrationen wirken zwar nicht wie aus einem Guss, sind aber stimmig. Zur Ausstattung gehört zudem noch ein Übersichtsblatt, um die Regeln im Auge behalten zu können, und ein Weltenblatt, auf dem alle Settinginformationen festgehalten werden können. Das weiß zu gefallen und wirkt durchdacht. Übrigens ist das Spiel in drei Versionen zu kaufen: als PDF, Softcover und Hardcover. Der Preis beläuft sich dabei auf chaotische 8,56 $, 18,35 Euro beziehungsweise 27,70 Euro.

Fazit:
„Zweikopfdämon“ gehört zu der Sorte Spiele, welche eine ganz bestimmte Geschichte unter bestimmten Voraussetzungen erzählen wollen. Wer Spaß an einer chaotischen Dimensionsreise mit zwei erzählfreudigen Spielenden finden kann, der sollte definitiv einen Blick riskieren.

Zweikopfdämon
Grundregelwerk
Benjamin von Allmen
vonallmenspiele 2021
ISBN: 978-3-347-41541-6
64 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 27,70

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