Warhammer Fantasy Rollenspiel

Während einige Systeme schon im zweiten Jahr ihres Bestehens ihre zweite Edition bekommen haben, mussten die Fans der „Warhammer“-Welt, die sich nicht nur auf das Tabletop beschränken wollten, etwas länger warten. Doch endlich kann sich der geneigte Spieler auf neue Regelwerke und Abenteuer in der Alten Welt freuen.

von Sebastian Thies

 

Beim ersten Anblick fällt einem sofort das gelungene Layout auf. Das Buch, natürlich in einem Hardcover (was die Fans der alten Games-Workshop-Publikationen wohl freuen wird, da sie so schön neben die alten Bücher im Regal passen), ist komplett in Farbe. Der rotbraune Farbton, der als Hintergrund für die Seiten gewählt worden ist, gibt dem Ganzen einen edlen Touch und lässt die 280 Seiten Regeln angenehm lesen. Die Illustrationen im Regelwerk sind von bemerkenswerter Qualität und wer die Publikationen von Black Library kennt (z. B. „Liber Chaotica“ oder „Darkness Rising“) wird darüber nicht überrascht, aber erfreut sein, dass man auch beim Rollenspiel diese Qualität bietet.

Vom Regeltechnischen aus gesehen hat sich nicht allzu viel verändert. Das System basiert immer noch auf W% und auch die Berufsklassen wurden beibehalten [für Leser, die die vorherige Edition nicht kennen, werde ich die Regeln in den eckigen Klammern etwas genauer erklären, Spieler die mit dem System bekannt sind, können dies getrost überlesen. In „Warhammer“ wählt man nicht wie bei „D&D“ eine Klasse, die man dann an sich bis zum Ende beibehält, sondern man fängt mit einem Beruf an. Wenn man diesen dann bis zum Ende erlernt (also alles mit Erfahrungspunkten gesteigert hat), entscheidet man sich für einen neuen Beruf, einen besseren, und entwickelt sich weiter. So kann man zum Beispiel als Kopfgeldjäger anfangen und dann über den Schützen bis zum Feldweibel kommen. Die Kombinationsmöglichkeiten sind riesig und so weit gefächert, dass es einem möglich ist, wenn man denn lange genug spielt und der Charakter überlebt, von allem etwas zu lernen. Man kann sich aber auch für eine stringentere Entwicklung des Charakters entscheiden. Zum Beispiel vom Zauberlehrling bis zum Meistermagier.].

Bei den Profilen, also den Attributen, wurde aber dennoch eine Kleinigkeit geändert. So wird nun die Stärke und der Widerstand nicht mehr mit einem W3 ermittelt, sondern genauso wie die anderen Attribute mit W10. Diese Werte ergeben dann die Werte, die man bei Proben für die Skills verwendet. Die Werte, die für den Kampf benötigt werden, sind zwei neue Werte (Stärke- und Widerstandsbonus), die sich aus den beiden vorherigen Werten ergeben (einfach nur der Zehnerwert). [Hier werde ich im Kampfbereich näher darauf eingehen.] Das Attribut Initiative ist vollkommen aus dem Profil verschwunden und wird nun von der Gewandtheit mit übernommen. Die Attribute Führungskraft, Besonnenheit, Willenskraft und Kameradschaft finden im neuen System nur noch zwei Attribute mit den Namen Willenskraft und Charisma vor.

Der Kampf hat sich im Grunde nicht geändert. Nur der Schaden wird jetzt nicht mehr mit einem W% sondern mit einem W10 ermittelt. Zwar hat sich auch die Anzahl der Lebenspunkte der Charaktere erhöht, dennoch kann nun der schon vorher schnelle Kampf noch schneller vorbei sein (insbesondere durch die Regel „Ulrics Wut“. Würfelt man mit dem W10 eine 10 und gelingt einem dann eine weitere Kampfgeschickprobe, kann man solange den Schaden weiter erhöhen, bis man keine 10 mehr würfelt. Somit kann schon ein einzelner Angriff tödlich enden. [Der Kampf funktioniert, wie auch der Rest des Systems mit W%. Das Attribut „Attacken“, gibt die maximal Anzahl der Angriffe (oder Paraden), die man in einer Runde hat, an. Ein normaler Charakter kommt zu Begin seiner Karriere auf eine, ein Meister seines Fachs hingegen auf 3, während es Monster gibt, die hier eine viel größere Anzahl besitzen können. Der Schaden wird, wie schon erwähnt, mit einem W10 ermittelt, zu dem der Stärkebonus addiert und sowohl der Widerstandsbonus als auch der Rüstungsschutz des Gegners abgezogen wird. Das, was übrig bleibt, ergibt den erlittenen Schaden. Sollte ein Charakter mal unter Null Lebenspunkte kommen, ist er noch nicht tot, sondern erleidet zuerst einen kritischen Treffer. Dieser gibt dann an, ob der Charakter den Schlag überlebt oder aber sein Leben zu Ende geht. Da es bei diesem Kampfsystem ziemlich schnell um jemanden geschehen sein kann, gibt es noch Schicksalspunkte. Dies sind Punkte, die ein Spieler so einsetzen kann, dass sein Charakter dem Tod noch einmal von der Schippe springt. Diese Punkte sind jedoch ziemlich selten und man bekommt sie auch nur sehr schwer wieder.]

Eine komplette Überarbeitung hat das Magiesystem erhalten. So gibt es nun ein Attribut für die Magie. Dieses gibt an, mit wie vielen W10 der Magier versuchen darf, einen Zauber zu wirken. Dazu muss sein Wurfergebnis über dem Schwierigkeitsgrad des Zaubers liegen (die Zauber sind also nicht mehr nach Level aufgeteilt). Außerdem besitzt der Magier jetzt keine Magiepunkte mehr, die er vorher benötigte um Zauber zu sprechen. Dies hat zur Folge dass er so viel zaubern kann, wie er will (aber nur einmal pro Kampfrunde). Doch gibt es ein paar Stolpersteine für den Magier, damit er sich auch zweimal überlegt, ob er diesen Zauber jetzt auch wirklich benötigt. So ist es zum Beispiel ein kritischer Fehler, wenn all seine Würfel eine eins zeigen, und wenn ihm keine Willenskraftprobe gelingt, erhält er einen der so unbeliebten Wahnsinnspunkte. [Wahnsinnspunkte erhält ein Charakter auch durch den Anblick grauenhafter Ereignisse, schrecklicher Monster oder all der anderen Dingen, die einen in den Wahnsinn treiben können. Wenn man genügend angesammelt hat, kann es passieren, dass man eine Geisteskrankheit erhält, die einen mit bestimmter Sicherheit in Probleme bringen wird.] Dies ist jedoch nicht die einzige Gefahr für den Magier. Sollte er ein Pasch würfeln, trifft ihn Tzeensch-Fluch und eine Chaosmanifestation sucht den Charakter heim. Die Stärke hängt dann noch davon ab, ob es ein Zweier-, ein Dreier- oder gar ein Viererpasch ist. Außerdem kann ein Magier jetzt nicht mehr auf alle Zauber, die es gibt, zurückgreifen und die lernen, die ihm gefallen, sondern er muss sich für einen der 8 Winde der Magie entscheiden und erhält dann die dazugehörige Spruchliste. Hier muss der Spieler dann schon etwas Vorarbeit hineinstecken, damit er sich auch im Klaren ist, was für einen Magier er spielen will, da ein Feuermagier ganz anders zu handhaben ist als die Lehre des Lichts zum Beispiel. Die Magie der Priester basiert auf genau denselben Regeln, nur dass es hier den Fluch von Tzeench nicht gibt, sondern Gottes Zorn, der aber um einiges schwächer ist. Ganz weggefallen sind die Berufe des Alchimisten und des Druiden, doch kann man die in den Lehren der Magie wiederfinden. So sind die Magier des Metalls von ihrer Art her die Alchimisten, während die Magier des Lebens leicht auch als Druiden durchgehen könnten.

Etwas dünn fällt leider der Teil über die Welt und die Monster im Regelwerk aus. Während in der vorherigen Edition noch die komplette Alte Welt im Grundregelwerk beschrieben wurde, beschränkt man sich nun auf das Imperium und gibt auch hier nur einen Überblick der nicht allzu tief in die Materie eindringt. Dies liegt wohl daran, dass noch weitere Publikationen erscheinen werden, die sich genauer damit beschäftigen. So wird es ein Buch über das Imperium mit dem Titel „Sigmars Heirs“ und ein weiteres über die Monster mit dem Titel „Old World Bestiary“ geben. Dies ist jedoch noch nicht alles, so gibt es auch schon Abenteuer, ein Buch über Ausrüstung, eine Erweiterung für die Magie (in der auch die Regeln für die Runenschmiede der Zwerge enthalten ist) und viele Ankündigungen für Bücher der verschiedenen Länder und Rassen. Mit der bisherigen Publikationsgeschwindigkeit des englischen Verlags Black Industries (ca. ein Buch pro Monat) kann Feder&Schwert leider noch nicht dienen (ca. eins pro Quartal), doch sollte man auf den Erfolg auch in Deutschland hoffen und sich auf viele Veröffentlichungen freuen.

Fazit: Es ist den Machern hier wirklich gelungen, eine stimmige zweite Edition zu generieren, in die man auch ohne größere Probleme das Material der ersten Edition umwandeln kann. Und wer bisher noch nicht die ersten drei Teile des „Inneren Feindes“ (eine tolle Abenteuerkampagne) gespielt haben sollte, sollte sich das nicht entgehen lassen (obwohl man hier 10 Jahre Geschichte vorerst beiseite lassen muss, denn auch die Zeit in der Alten Welt ist in der zweiten Edition fortgeschritten). Außerdem hat man noch versucht, die Grenzen zwischen dem RPG und dem Tabletop zu glätten und somit steht einem Genuss beider Systeme kombiniert eigentlich nicht mehr viel im Wege (außer natürlich man hat noch keine Armee).

Die Aufmachung des Regelwerks ist einfach Sahne und es macht immer wieder Spaß, hineinzuschauen. Es mag zwar etwas dünner geworden sein und ein paar nette Features, wie die Pläne für typische Gebäude sind verschwunden, doch kann man sich auch verstehen, dass der Verlag und die Macher etwas Geld verdienen wollen und deswegen das Material auf mehrere Bücher verteilen. Mit den 40 Euro ist man dann auch im normalen Preisbereich für ein Regelwerk dieser Aufmachung.


Warhammer Fantasy Rollenspiel
Grundregelwerk
Chris Pramas
Feder&Schwert 2005
ISBN: 3937255451
288 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

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