Ein schlagkräftiges Waffenarsenal mag für den Ermittler im Cthulhu-Mythos eine beruhigende, ermutigende und tröstende Selbstsicherheit erzeugen. Es liegt jedoch in der Natur des Cthulhu-Mythos, dass es sich dabei oftmals um eine Schein-Sicherheit handelt. Spätestens im Angesicht einer unüberwindbaren Mythoskreatur, die sich von den gewaltigen Salven der Kriegwerkzeuge unbeeindruckt zeigt und kriechend ihre tropfenden Tentakeln den Ermittlern entgegenstreckt, kehrt sich der trügerische Glaube an die Macht der Werkzeuge rasch in blankes Entsetzen um, und es folgt die für „Cthulhu“ oftmals übliche kopflose Flucht.

Das „Waffen-Handbuch“ widmet sich auf knapp 300 Seiten dem Waffenarsenal, das den Charakteren über alle Epochen von der Steinzeit bis zur Neuzeit bei „Cthulhu“ zur Verfügung stehen kann. Dabei zeichnet sich der elegante Hardcoverband wie bereits die früheren Publikationen zu „Cthulhu“ durch eine außerordentlich gelungene Ausstattung aus. Das Titelbild ist von Hans Schneider und in einem stimmungsvoll rostigen Rot gehalten, auf dem Pulverschwaden – oder sind es doch Tentakel – verschiedene Waffen umschweben.

Die 1.300 beschriebenen Waffen werden das Herz jeden Waffen-Vernarrten höher schlagen lassen. Alle Gattungen werden abgedeckt: Nahkampfwaffen, Fernkampfwaffen, Handfeuerwaffen, schwere Waffen und sogar Waffen außerirdischer Wesen werden vorgestellt, beschrieben, mit Spielwerten versehen und mit einer Illustration dargestellt. Die eingangs erwähnte Schrotflinte Franchi SPAS 15 kann man übrigens auf Seite 139 nachschlagen. Zudem werden einige neue (optionale) Regeln zum Einsatz von Waffen bei „Cthulhu“ vorgestellt – wie Ladehemmungen und Schalldämpfer –, die wie für dieses Spielsystem üblich, sehr einfach in ein Abenteuer eingebaut werden können und niemals das stimmungsvolle Rollenspiel gefährden.

Mit diesem umfangreichen Werk dürften alle offenen und zukünftigen Wünsche bezüglich Waffen bei „Cthulhu“ abgedeckt sein und kein Flammenwerfer, Mörser, Speer oder Maschinengewehr ein unbeschriebenes und dürftiges Dasein als improvisierte Waffe führen. Außerdem finden sich in zahlreichen Zusatztexten vertiefende Informationen zu den Waffen, die teilweise real und teilweise fiktiv sind und Stoff für eigene Abenteuerideen liefern können. Diese führen den Leser von den themengerecht nüchternen und sachlichen Waffentexten in die stimmungsvolle Welt des Mythos. Wollte man einen Verbesserungsvorschlag an diesem Werk anbringen, wäre es der, weitere Zusatzkästen dieser Art über den Band zu verteilen und dadurch noch mehr Tiefgang auf der Stimmungsebene zu erreichen.

Die Beschreibungen der Waffen sind – abgesehen von den Werten – so gehalten, dass jeder, der sich „bloß“ für Waffen interessiert oder diese für andere Rollenspielsysteme nutzen möchte, alles findet, was ihn interessiert. Besonders hervorzuheben ist das Kapitel „Die Wesen des Mythos und ihre Waffen“, das die höherstehenden Technologien und Artefakte solcher Rassen wie „K’n-yan“, „Mi-Go“ oder des Schlangenvolks darstellt.

Fazit: Auch wenn Waffen eine untergeordnete Rolle bei „Cthulhu“ spielen, ist das „Waffen-Handbuch“ ein unverzichtbarer Quellenband für alle „Cthulhu“-Spieler und -Spielleiter, der sowohl bei der Charaktergenierung als auch während des Spiels immer wieder zum Einsatz kommen wird. Auch Rollenspielern anderer Systeme kann diese sowohl in der Ausstattung als auch der Substanz hervorragend gelungene Publikation aufgrund der universalen Einsatzmöglichkeit ans Herz gelegt werden.