The Divine Chronicles 2: Täuschung

Manch einer würde es als Ehre ansehen, für das Gleichgewicht auf Erden zu sorgen. Landon Hamilton sieht das eher gelassen. Der Diuscrucis macht einfach seine Arbeit. Als dann jedoch seine Ziehtochter entführt wird, setzt er alles in Bewegung, um sie zurückzubekommen. Zu später erkennt er den großen Plan hinter allem.

von Lars Jeske
 
Fünf Jahre sind seit den Vorfällen im Roman „Auferstehung“ vergangen. Der Diuscrucis Landon Hamilton weilt noch immer auf der Erde und hat eine Menge neuer Tricks gelernt. Relativ egozentrisch reflektiert es dieses auch gleich zum Auftakt des zweiten Bandes der „Divine Chronicles“-Buchserie. Er hat sich angepasst an das Spiel, das Gut und Böse in Form von Engeln und Dämonen auf der Erde spielen, und sich ein Standing als ganz und gar nicht unbeteiligter Schiedsrichter aufgebaut. Seine Mission als Diuscrucis ist es noch immer, das Gleichgewicht auf Erden zu bewahren, was ihm die Freiheit gibt, sowohl auf der einen als auch der anderen Seite einzugreifen, um oftmals das Zünglein an der Waage zu sein. Lang vergessen sind die Tage, als er es nicht regnen lassen oder von einem Vampir überrumpelt werden konnte.

Mittlerweile ist er eine Institution und auf Du und Du mit den Einflussreichen jeder der verfeindeten Allianzen. Ebenso hat er es geschafft, sich ein Netzwerk aufzubauen, um seinen täglichen Verpflichtungen noch besser nachkommen zu können. Damals blieb ihm nicht viel. Seine Freundin Rebecca hatte ihn verraten und hintergangen, ein Erzdämon ist nicht gut auf ihn zu sprechen und die Dämonenkönigin Charis hat den Gral geraubt und orakelt sein Schicksal. Nebenbei erschlug er aus Versehen den Werwolf Ulnyx, dessen Seele nun ihn ihm wohnt, ebenso wie auch der Engel Josette für immer ein Teil von ihm sein wird. In der realen Welt bleibt ihm deren Tochter Sarah, die er beschützen kann, da sie ebenso wie er ein Diuscrucis mit dem Potenzial zu großer Macht ist. Als Sarah entführt wird, sieht er jedoch rot. Um jeden Preis will er sie zurückbekommen, wohl wissend, dass sie nur entführt worden ist, um ihn zu ködern. Doch er will unbedingt sein Versprechen halten und folgt seinem Herzen.

Im ersten Band erlebte man mit Landon noch das Ungewohnte seiner Situation durch die Transformation und konnte mitfiebern. Eine große Handlung hätte es gar nicht gebraucht. Durch den Zeitsprung gleich zu Beginn von „Täuschung“ wird einem klar, dass der Autor Landon mit erheblicher Macht ausgestattet hat, wodurch die Handlung wichtiger wird, da das Neue komplett wegfällt. Dieser Einstieg ist unerwartet und leider etwas ungeschickt. Die Handlung spielt Jahre später und Landon wirkt selbstgefälliger, was ihn für den Leser nicht einnimmt oder gar zum Mitfiebern einladen würde. Seine Mission in allen Ehren, aber auch persönliche Rachegefühle veranlassen ihn, sich dieser Aufgabe zu verschreiben.

Während er in „Auferstehung“ („Balance“) in die Geschichte gestolpert ist, hat die Handlung in „Täuschung“ („Betrayal“) mehr Struktur in dem Sinne, als dass der Leser eher ahnt, was als nächstes kommen wird. Leider gibt es auch eine Art Déjà-Vu, denn schon wieder trifft er eine Frau, die ihm hilft und von deren Loyalität er nicht vollends überzeugt ist, deren Anziehungskraft er jedoch nicht widerstehen kann. Davon abgesehen ist die Geschichte wunderbar packend. Auf der Suche nach Sarah, hinter deren Entführung er deren dämonischen Vater vermutet, macht er mit einer alten Bekannten von Ulnyx plötzlich gemeinsame Sache, und durch die unerwartete Hilfe von Charis erkennt er die fatale Fehlinterpretation der Situation. Denn der Gegner ist viel mächtiger als alles, was er je gekannt hat.    

Auch der zweite Band strotzt nur so von abgefahrenen Ideen im Genre der Urban Fantasy. Unterstützung durch die Macht der aufgenommenen Seelen von Engel und Werwolf, aus der Zeit gefallene Templer, uralte Mythen und eine Macht, die selbst Luzifer der Höllenfürst persönlich fürchtet. Dazu eine Jagd rund um die Welt mit interessanten Charakteren, markanten Sprüchen und immer wieder überraschenden Wendungen. M. R. Forbes gelingt es erneut, die Leser kurzweilig zu unterhalten. Es gibt ein Wiedersehen mit der Dämonenkönigin Charis, bevor der Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Selbstverständlich geht es auch darum, das Ende der Welt zu verhindern, darunter macht man es bei so einer unterhaltsamen Strandlektüre nicht. Leider übertreibt es der Autor an einigen Stellen. Gerade zum Ende hin wird es etwas konfus und unglaubwürdig, wodurch der Effekt der großen Offenbarung leider auch leidet. Denn diese ist eher konstruiert als plausibel erklärt und leider auch alles andere als überraschend. Dadurch ist man enttäuscht, da hier mehr drin gewesen wäre.

Das Highlight des Romans ist der Charakter des bisher eher zurückhaltenden Isaak. Anfänglich nur als stummer Begleiter von Sarah eingeführt, hat M. R. Forbes eine wunderbare Hintergrundgeschichte von ihm in petto. Diese entfaltet sich über die Seiten des Romans an geeigneten Stellen und ist ebenso faszinierend wie glaubhaft. Somit überzeugt vor allem diese Figur als toller Nebencharakter. Dazu kommen Zeek, Lylyx und Cho als unterhaltsam abschweifende Seitenfüller. Die Handlung ist eher banal, wird jedoch immer mehr mit paranoiden Ideen unterfüttert, sodass man alsbald in den Bann gezogen wird und selber bereits das Schlimmste befürchtet. Dass es zum Ende der 300 Seiten hin dann sogar noch dramatischer wird, ist auch ein Punkt, welcher für den Band spricht und auf alle Fälle dazu einlädt, auch die nachfolgenden zu lesen. Der Roman ist in sich geschlossen, aber es gibt eine fortgeführte Metahandlung. Ebenso bleiben selbstverständlich wieder lose Fäden, für die es mit Sicherheit Anknüpfungspunkte gibt. Der Deutsche Titel „Täuschung“ für das Wort „Betrayal“ ist etwas irreführend, zumal im Innenteil auch „Verrat“ als Titel angegeben ist. Beides passt jedoch, wie man als Leser schon sehr schnell mitbekommen wird.

Fazit: Auch der zweite Roman der „The Divine Chronicles“-Reihe liest sich gut und flüssig weg, wenngleich er im direkten Vergleich schlechter abschneidet. Besonders gut sind die Hintergrundgeschichten zu Josette und Ulnyx, während Obi und vor allem Isaak als Charaktere herausstechen. Die Story ist größtenteils abgefahren, aber hinreichend plausibel, wodurch sie genau das Richtige für einen erholsamen Tag ohne große geistige Anstrengung ist. Lockere Unterhaltung und am Ende wird zwar nicht alles gut, aber doch zu weiteren Geschichten im nächsten Band hingeleitet.

The Divine Chronicles 2: Täuschung
Urban Fantasy
Michael R. Forbes
Mantikore Verlag 2018
ISBN: 978-3-96188-025-6
320 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 13,95

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