Territories

Es gibt kaum etwas, das wichtiger für einen Werwolf ist, als sein Revier. Trotzdem finden sich im Grundregelwerk von „Werewolf: The Forsaken“ nur spärliche Tipps, um diesen wichtigen Teil des Spiels zu gestalten. White Wolf liefert darum reichlich Denkanstöße und zusätzliche Regeln für ihre haarige Spielreihe in der Form von „Territories“.

von Markus Schmidt

 

Wirklich dick ist dieser Quellenband ja nun nicht: Mit gerade mal 142 Seiten gehört „Territories“ zu den dünneren Publikationen der weißen Wölfe. Das kann man dem Buch aber zum Glück nicht übel nehmen, da es als Quellenbuch zum Thema Reviere reichlich gefüllt ist!

Los geht’s mit der Eröffnungsgeschichte „Homecoming“. Diese ist wie die meisten Kurzgeschichten, die man in „WoD“-Büchern findet, sehr gelungen, und strotzt auf wenigen Seiten nur so vor Stimmung. Zudem ist es immer wieder schön, um „mit eigenen Augen“ eine Erste Verwandlung zu erleben.

Jedoch will ich nicht zu viele Worte an einem „Aperitif“ verschwenden, und blättere mich daher schnell an dem Vorwort vorbei, das ohnehin nur kurz beschreibt, wovon dieses Buch handelt. Wer das nicht schon am Titel erkennt, sollte sich vielleicht einem anderen Hobby widmen.

Somit sind wir auch bei den drei prall gefüllten Kapiteln dieses Buchs. Im ersten Kapitel „Drawing Borders“ findet der Leser einen sehr ausgefeilten Leitfaden zum Aufbauen eines Reviers. Das Buch präsentiert hierzu eine Liste von „Territory Features“, die dabei helfen, dem Revier Tiefe und Charakter zu verlangen. Charakter ist in diesem Fall wohl unser Stichwort, denn „Territories“ beschreibt das Revier immer wieder als eigenständige, sehr lebendige Persönlichkeit. Die Features unterstützen diese These: Jedes von ihnen verleiht dem Revier andere Resonanzen, was wiederum andere Geisterwesen anzieht und somit nicht nur der materiellen, sondern auch der Geisterwelt mehr Vielfalt verleiht. Ob Spieler sich solche Features über Merit-Punkte kaufen müssen oder ob die Spielrunde vor Beginn der Chronik in Zusammenarbeit mit dem Spielleiter die nötigen Facetten auswählt, liegt ganz in der Hand der einzelnen Runden. Das Buch jedenfalls unterstützt beide Methoden, und wem die einzelnen Territory Features noch nicht reichen, der kann sie noch durch „Descriptors“ individualisieren. Abgerundet wird das Kapitel durch einige neue Merits, Gifts und Rituals.

Im zweiten Kapitel „Mapping the Land“ findet jede Gruppe alles Nötige, um ein schon altes Revier weiter auszuschmücken. Das Kapitel befasst sich mit der Geisterwelt des Reviers, den Wolf-Blooded innerhalb der eigenen Grenzen und selbst eventuellen anderen übernatürlichen Wesen, die den Uratha entweder helfen können oder ihre Pläne zunichte machen. Die Botschaft dieses Kapitels ist jedoch, dass das Revier eine große Rolle innerhalb der Chronik spielt und die Spielercharaktere sich darüber im Klaren sein sollten. Es tut gut, dass White Wolf dies nochmal deutlich macht, da diese Botschaft im Grundregelwerk irgendwie flöten gegangen ist. Am Ende des Kapitels finden wir noch Tipps zur Entwicklung des Reviers und eine lange Liste von Zufallsereignissen, die den Spielercharakteren neue Plots und Gefahren offenbaren.

Das letzte Kapitel, genannt „Lines in the Sand“, ist eigentlich in mehrere Mini-Kapitel unterteilt. Jedes Mini-Kapitel beschreibt ein anderes Beispielrevier, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Alle Subkapitel haben gemeinsam, dass jedes Revier eine eigene Hintergrundgeschichte hat, seine Eigenschaften beschrieben werden und schlussendlich eine Reihe von Plot Hooks genannt werden. Leider sind nicht alle beschriebenen Reviere von der gleichen, hohen Qualität. Wirklich einzigartig sind Hood River (eine typische amerikanische Kleinstadt), Forested Wilderness (ein gigantischer, sehr alter Wald) und Organ Pipe Cactus National Monument (ein Gebiet an der mexikanisch-amerikanischen Grenze). Vor allem zuletzt genanntes Revier ist wegen der Dominanz der Pure, die immer wieder mit ansässigen Paria in die Schlacht ziehen und dabei nicht vor menschlichen Opfern zurück schrecken, sehr interessant.

Fazit: „Territories“ ist wie ein etwas fleckiges Goldkettchen. Das Buch glänzt im ersten Augenblick vor neuen Ideen und Inhalten, doch gibt es ein paar kleine „Ölflecken“ auf der Schönheit. Da machen „The Rage“ und „Blood of the Wolf“ einiges besser. Wer aber seinem Revier mehr Tiefe verleihen will und ein paar Kröten zu viel in der Hosentasche hat, sollte sich dieses dreckige Juwel ruhig anschaffen.

Territories
Quellenbuch
Chris Campbell, James Kiley, Matthew McFarland, Peter Schaefer
White Wolf 2006
ISBN: 1-58846-333-8
142 S., Hardcover, Englisch
Preis: $ 26,99

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