Star Wars Marvel Comics-Kollektion 36: Doktor Aphra – Umgekehrte Vorzeichen

So können sich die Dinge ändern … Eben noch hatte Doktor Chelli Lona Aphra, ihres Zeichens Archäologin von fragwürdigem Ruf, Oberwasser und konnte kühle Drinks am heißen Sandstrand schlürfen, plötzlich steht sie äußerst widerwillig in den Diensten des psychopathischen Droiden-Duos Triple-Zero (0-0-0) und Beetee (BT-1), denen sie kurz zuvor ärgerlicherweise die Freiheit hatte schenken müssen. Neben zahllosen, sadistischen Spielchen hat Triple-Zero einen besonderen Wunsch: Er will seine frühsten Erinnerungen zurück. Und Aphra soll sie ihm beschaffen!

von Frank Stein

Der vorliegende, 130 Seiten umfassende Hardcoverband versammelt die US-Comic-Bände „Star Wars: Doctor Aphra #14-19“, die zwischen November 2017 und April 2018 erschienen sind und den in sich abgeschlossenen Sechsteiler mit dem vielsagenden Titel „Remastered“ erzählen. Auf Deutsch ist die Sammlung bei Panini bereits im März 2019 als Softcover- und limitierter Hardcover-Sonderband herausgekommen.

Die Handlung setzt irgendwann nicht lange nach dem Ende von „Star Wars Marvel Comics-Kollektion 30: Doktor Aphra – Unglaublicher Reichtum“ ein und bezieht sich zwar nicht direkt darauf, nimmt aber Personal und Konflikte aus der bisherigen „Aphra“-Reihe mit – etwa Triple-Zero und Beetee sowie die latente Bedrohung durch Darth Vader –, sodass es sich empfiehlt, die vorherigen Bände auch zu lesen, um die Tragweite des Geschehens richtig erfassen zu können. Optimalerweise wäre auch die „Darth Vader“-Reihe aus den Jahren 2015-2016 einen Blick wert, immerhin wurden Doktor Aphra und die Droiden dort eingeführt und das ganze Drama nahm seinen Anfang.

Nun also wurde Aphra in Triple-Zeros Dienste gezwungen, der sie für allerlei Drecksarbeit einsetzt, wobei es ihm sichtlich Freude bereitet, Aphra leiden zu sehen. Auf einem der Einsätze stolpert Aphra zufällig erneut über die imperiale Offizierin Magna Tolvan, die sie zuletzt auf der Suche nach dem Rur-Kristall in „Star Wars Marvel Comics-Kollektion 22: Doktor Aphra“ verletzt und gedehmütigt auf Yavin IV zurückgelassen hatte. Schon zuvor funkte es gewissermaßen zwischen den beiden, und das ist nun erneut der Fall. Doch wieder lässt Aphra Tolvan als Verliererin zurück, und diesmal entgeht sie nur knapp einer drakonischen Strafe. Versetzt zur Aufsichtsbehörde macht sie sich daran, „Joystick Chevron“, wie Aphra sich ihr gegenüber genannt hat, ein für alle mal dingfest zu machen.

Die muss unterdessen für Triple-Zero nach seiner Vergangenheit suchen, eine Suche, die Aphra von einer Katastrophe in die nächste schlittern lässt. Einzig ihre Fähigkeit, ohne größere Reue über Leichen zu gehen, um ihr Ziel zu erreichen, und praktisch jeden auszunutzen, solange es ihren Zwecken dient, rettet sie immer wieder vor dem schier sicheren Untergang. Ein wilder Reigen aus Verrat, Notfallplänen und immer neuen Gefahren entwickelt sich, in dessen Zentrum neben Aphra und Tolvan auch die aus der „Rebels“-TV-Animationsserie bekannte Hera Syndulla stehen wird, mittlerweile eine General der Rebellenallianz. Der Comic sieht dabei übrigens einen Wechsel von Stammautor Kieron Gillen hin zu Simon Spurrier, der den Staffelstab gekonnt übernimmt und meines Erachtens sogar die Drama-Schraube noch eine Umdrehung anzieht.

Die Illustrationen stammen diesmal von Emilio Laiso, der in meinen Augen einen sehr guten Job macht. Es mag nicht jeder Gesichtsausdruck sitzen – aber wann erlebt man das in einem Comic schon –, doch grundsätzlich sehen Doktor Aphra, Magna Tolvan und die anderen Figuren unter seinem Zeichenstift sehr schön aus, ein Umstand, welcher der gelungenen Handlung noch das i-Tüpfelchen aufsetzt.

Das Drumherum entspricht der „Star Wars Marvel Comics Kollektion“. Das Vorwort bietet ein umfangreiches „Was bisher geschah“ und lässt auch den Autorenwechsel nicht unerwähnt. Begleitet wird der Text von einem Cover von „Doctor Aphra #16“. Die Cover-Galerie am Ende ist einmal mehr eine Enttäuschung, bietet sie doch alle 6 schicken Comic-Cover von Ashley Witter in Briefmarkengröße auf nur einer Seite! Dabei hätten diese tollen Cover wirklich mehr Raum verdient – gut, immerhin drei von ihnen verteilen sich auf das Cover, die Comic-Rückseite und den Vorsatz im Inneren.

Fazit: Die „Aphra“-Reihe nimmt mit „Umgekehrte Vorzeichen“ eine Wendung. Stand zuvor noch Aphras Interesse im Zentrum, mit fragwürdigen Methoden aus der Archäologie Profit zu schlagen, wird es nun eine vorwiegend persönliche Geschichte um die Figuren Aphra, Tolvan und Triple-Zero – garniert mit reichlich Action und abgedrehten Einfällen. Diese Wendung muss man mögen (zumal sie die Reihe fortan bestimmen wird). Wer daran keine Freude hat, sollte mit dem Etappen-Ende „Unglaublicher Reichtum“ die „Aphra“-Reihe beiseite legen. Aber wer die Irrungen und Wirrungen von Aphra und ihrem überwiegend gestörten Umfeld mag, der bekommt hier die perfekte (moralisch nur bedingt jugendfreie) Unterhaltung.

Star Wars Marvel Comics-Kollektion 36: Doktor Aphra – Umgekehrte Vorzeichen
Comic
Kieron Gillen, Simon Spurrier, Emilio Laiso u.a.
Panini Comics 2022
ISBN: 978-3-7416-3060-6
130 S., Hardcover, deutsch
Preis: 16,99 EUR

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