Star Trek Discovery – Das Licht von Kahless

Die neue „Star Trek“-Serie auf Netflix hat durch spektakuläre Effekte und spannende Figuren nicht nur frischen Wind ins Franchise gebracht, sie hat das Fandom auch durch unerwartete Entscheidungen ordentlich durcheinandergewirbelt. So wurden etwa die Klingonen, der Fans liebste Alienrasse, optisch verändert und auch charakterlich vom raubeinigen Kriegervolk zur eigentümlichen Sekte. Mysteriös hier war vor allem deren Anführer T'Kuvma. Der vorliegende Comic erzählt seine Geschichte.

von Bernd Perplies

T'Kuvmas Rolle ist kurz, aber eindringlich. Er ist der Prophet dieser klingonischen Sekte, die mit dem riesigen Schiff der Toten, der „Sarcophagus“ nach dem Licht von Kahless sucht, um die zerstrittenen klingonischen Häuser wieder zu einen. Sein Schiff ist dabei ebenso alt wie unheimlich, ist die Außenhülle doch von Särgen bedeckt. 2256 stößt die „U.S.S. Shenzhou“, kommandiert von Captain Philippa Georgiou und mit Protagonistin Michael Burnham an Bord, in den ersten beiden Episoden der ersten Staffel „Star Trek Discovery“ auf T'Kuvma, sein Schiff und seine Anhänger und später kommt es zum Kampf, bei dem das Schiff schwer beschädigt wird und T'Kuvma sein Ende findet.

Der Comic setzt kurze Zeit danach ein. Voq, der albionartige Nachfolger von T'Kuvma, zweifelt an sich und seiner Kraft zu führen, während er, die Klingonin L'Rell und eine Handvoll Überlebende in der „Sarcophagus“ festsitzen. L'Rell nutzt den Moment, um Voq die Geschichte von T'Kuvma zu erzählen, wie er zu dem Mann wurde, der er am Ende war (woher auch immer sie diese teils sehr privaten Erfahrungen kennt, wird nicht verraten). Auf 96 Seiten werden die im Wesentlichen vier Stationen von T'Kuvmas Leben dann geschildert.

Es ist ein Entwicklungsroman, wie er im Buche steht. Als jüngster Spross des im Niedergang begriffenen, kleinen klingonischen Hauses Girjah wird T'Kuvma von allen nur herumgeschubst. Er hat kein Ziel und keine Kraft. Ersteres ändert sich, als er eines Tages erfährt, dass seine Schwester und einige Diener ein uraltes Raumschiffwrack der Vorfahren des Hauses Girjah wieder herrichten wollen, um damit nach Boreth zu gelangen, zu einem Kloster, das sie die Weisheiten und den Weg von Kahless, dem einstigen Imperator und größten Krieger aller Klingonen, lehren soll. Doch es wird nur T'Kuvma sein, der dort hingelangt. Die Erfahrung verändert sein Leben für immer …

Viel mehr soll gar nicht verraten werden, die Geschichte ist kurz genug. Und richtig viel Handlung hat sie eigentlich auch nicht. Stattdessen nehmen sich die Autoren Kirsten Beyer und Mike Johnson – beides absolute Kenner der jüngsten „Star Trek“-Ära – viel Zeit, die klingonische Seele zu erforschen. Natürlich gibt es auch Verrat und Intrigen, aber es überwiegt die Wandlung T'Kuvmas vom gepeinigten Jungen zum charismatischen Anführer, der die ganze Zeit von dem Traum angetrieben wird, dem Vorbild des Kahless gerecht zu werden.

Es steckt also eine Menge Klingonentum auf den Seiten, auch wenn es dem Alt-Fan nach wie vor schwer fällt in diesen optisch doch sehr von den bekannten und geliebten TNG-Klingonen abweichenden Figuren die gleiche Spezies zu erkennen. Die bizarr geriffelten und langgezogenen, glatzköpfigen Schädel suggerieren gerade bei „Star Trek“, wo jeder Hubbel auf der Stirn eine andere Spezies bedeutet, etwas völlig Neues und Fremdes. Auch ihre Freude, körperliche Herausforderungen – sei es eine Klosterprüfung, ein Gladiatorenkampf oder eine Geburt – komplett nackt zu erleben, ist eine bislang gänzlich unbekannte klingonische Eigenheit, auch wenn es zu einem so körperbetonten Volk passen mag. Allein in ihrem Reden und Kämpfen erkennt man das Klingonische wieder.

Fans freuen sich vor allem, dass der Comic ein paar Antworten auf Fragen gibt, die man zu Beginn von „Star Trek Discovery“ hatte. Wo kommt dieses seltsame Schiff her? Warum ist es mit Särgen gepflastert? Wieso wirken diese Klingonen so sektenartig religiös? Dazu wird auch noch ein interessantes Angebot zur Spekulation gemacht, wer Voq in Wahrheit ist. Der Comic verrät es nicht explizit, bietet aber genug Hinweise, um dem Leser eine hübsche Theorie zu erlauben.

Visuell weiß der Comic absolut zu gefallen. Tony Shasteen trifft bekannte Figuren wie T'Kuvma, Voq und L'Rell sehr gut. Auch die bizarr verschnörkelte Optik der „Sarcophagus“, der Rüstungen und Waffen kommen gut zur Geltung, wenngleich die Hintergründe bisweilen gemäldehafter wirken als die Figuren, die in ihnen agieren, sodass es zu leichten Brüchen in der Bildkomposition kommt. Aber das stört kaum. Alles in allem hat der Comic einen sehr deutlichen, eigenen Stil, der eine Atmosphäre des Archaischen verbreitet. („Uruk-hai im Weltraum“ schoss es mir bisweilen durch den Kopf.)

Eine Reihe Coverbilder runden das Werk ab.

Fazit: „Das Licht von Kahless“ erzählt die Vorgeschichte des enigmatischen Anführers T'Kuvma. Dessen Entwicklung wird in wichtigen Stationen nachvollzogen und bietet Fans interessante Hintergrundinformationen zu T'Kuvma selbst, aber auch zu Voq und dem Schlachtschiff „Sarcophagus“. Es lohnt sich, den Comic begleitend zu einer erneuten Sichtung der ersten beiden Episoden „Star Trek Discovery“ zu lesen. Man sieht danach einiges, was einen vielleicht irritiert hat, klarer.

Star Trek Discovery – Das Licht von Kahless
Comic
Kirsten Beyer, Mike Johnson, Tony Shasteen
Cross Cult 2019
ISBN: 978-3-95981-830-8
96 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 15,00

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