Siegfried von Xanten ist die wohl schillerndste Figur des Nibelungenlieds. Dass sich die ganze Geschichte im Grunde über ihn erzählen lässt, hat wohl auch Annelie Knoblauch erkannt und den germanischen Sagenheld in den Mittelpunkt ihrer Bearbeitung des klassischen Epos gerückt.

Im Nibelungenlied geht es um Untreue, Verrat und eine Verkettung tragischer Fehlentscheidungen. Siegfried erscheint als kühner Recke, stark und arglos. Er besitzt übermenschliche Kräfte und als magisches Hilfsmittel eine Tarnkappe.

Doch woher stammt dieser edle Krieger? Wer ist dieser Mann, der den geheimnisvollen Schatz der Nibelungen hütet, in Drachenblut badet, um unverwundbar zu werden, und schließlich ins ferne Burgund auszieht – und damit in sein Verderben? Die sagenhafte Geschichte vom Drachentöter und seinen Feinden, in vorderster Front Hagen von Tronje, von der schönen burgundischen Königstochter Kriemhild und ihrer Rivalin, der isländischen Brunhild, wird hier in einer originellen und äußerst lebendigen Interpretation durch die Augen von Siegfrieds Knappen erzählt.

Mit der Konzentration auf Siegfried hat man sich auf den ersten Teil des klassischen Nibelungenlieds beschränkt. Ausgespart bleibt der zweite Teil, der von Kriemhilds Rache an ihren Verwandten und deren Verbündeten handelt – obgleich auch diese Handlung im weiteren Sinne mit Siegfrieds Schicksal verknüpft ist.

„Siegfried, der Drachentöter“ ist eine wunderbar junge und spannende Umsetzung der altbekannten Geschichten, der „alten maeren“. Von moderner Musik begleitet, macht die fesselnde Lesung von Oliver Mallison, der über eine äußerst sympathische, angenehme Stimme verfügt, großen Spaß.

Die Musik wird von der orientalischen Kurzhalslaute Oud dominiert, gespielt von Sänger, Komponist und Instrumentalist Marwan Abado. Zusammen mit Peter Rosmanith und Georg Graf hat dieser im Ganzen eine auf zahlreichen Perkussions- und Blasinstrumenten interpretierte Musik beigesteuert, die ihre Einflüsse aus osteuropäischer Volksmusik, aber auch aus orientalisch geprägter Weltmusik bezieht. Die Musik passt gut, allerdings wirkt sie gelegentlich etwas zu morgenländisch. Irritierend sind in diesem Sinne auch die „Allah hu akbar“-Klagen auf der zweiten CD während der schicksalhaften Konfrontation zwischen Kriemhild und Brunhild.

Fazit: Eine tolle, eine gelungene Umsetzung. Gut geschrieben, gut gelesen. Und die Musik – wenn auch stellenweise etwas befremdlich in der Gestaltung – ist gleichsam gut, und gekonnt eingesetzt.