Necronomicon – Zweite Edition

Das Necronomicon ist wohl das bekannteste und wichtigste Buch aus Lovecrafts „Cthulhu-Mythos“. Und obwohl es tatsächlich noch immer einige Unverbesserliche gibt, die glauben, dass das Necronomicon wirklich existiere, handelt es sich beim vorliegenden Produkt doch wieder „nur“ um ein weiteres Quellenbuch für das „Cthulhu“-Rollenspiel. Möglicherweise eine Enttäuschung für weltfremde Freizeitkultisten, aber eine Offenbarung für bodenständige „Cthulhu“-Rollenspieler.

von Dominik Cenia

 

Nachdem die erste Auflage des „Necronomicons“ ziemlich schnell vergriffen war, nutzte Pegasus die Gelegenheit, um in der zweiten Edition einige Errata auszumerzen und vor allem dem Buch eine hübschere Optik zu verpassen. Ein neu gestalteter Einband und ein neues Layout sind im Großen und Ganzen auch schon alle Änderungen, die es gegenüber der Erstauflage gibt. Das ist eigentlich nur fair von Pegasus, denn damit wird die erste Edition des Buches nicht so ohne weiteres entwertet beziehungsweise die Fangemeinde ist nicht gezwungen, sich das gleiche Buch erneut zu kaufen.

Das „Necronomicon“ gehört neben dem „Spieler-Handbuch“ und dem „Spielleiterhandbuch“ zu den wohl sinnvollsten zusätzlichen Anschaffungen für das „Cthulhu“-Rollenspiel. Das hat einen einfachen Grund: Etliche für das „Cthulhu“-Rollenspiel erschienen Quellenbücher kränkeln an dem Problem, dass sie mitunter „zu viele“ Informationen liefern. Diese sind zwar meistens spannend zu lesen, aber für den Einsatz im Rollenspiel häufig nur schwer „greifbar“. Das bekannte Problem, dass das Machtgefälle zwischen Mythoskreaturen und den Spielercharakteren häufig meilenweit auseinanderklafft, macht viele Schauplätze, Gegner und Artefakte für eine durchschnittliche „Cthulhu“-Runde fast „unantastbar“.

Das „Necronomicon“ ist jedoch ein Werk, in dem es fast durchgehend „greifbare“ Dinge gibt, die sich in einer Runde wirklich sinnvoll einsetzen lassen. Und genau das macht dieses Buch so einzigartig. Es ist spielerorientiert und nicht zu sehr mythosorientiert. Das „Necronomicon“ hält sich nicht mit völlig in der Ferne liegenden, unfassbaren Mächten auf, sondern gibt dem Spielleiter einen Setzkasten an die Hand, aus dem er die richtigen „Werkzeuge“ für seine Spieler aussuchen kann. Genau so soll es sein!

Inhaltlich bietet das „Necronomicon“ nicht nur große Teile aus den beiden Bänden „Keeper’s Companion 1“ und „Keeper’s Companion 2“, sondern auch jede Menge weiterer Entdeckungen aus den verschiedensten Chaosium Publikationen der letzten Jahre. Herausgekommen ist dabei der wohl umfassendste Sammelband zu Mythosbüchern und Artefakten, den man für das „Cthulhu“-Rollenspiel bekommen kann. Eine ganze Reihe von neuen Zaubern, sowie ein umfangreicher tabellarischer Anhang aller Bücher, Artefakte und ausgewählter Zauber ergänzen das Werk zusätzlich. Zusätzlich bieten die Autoren in einigen ergänzenden Kapiteln fortführende Informationen über die Bedeutung, Gestaltung und den sinnvollen Einsatz von Mythosbüchern im „Cthulhu“-Rollenspiel. Der Leser erhält eine grobe Übersicht über die „Geschichte des geschriebenen Wortes“ und natürlich jede Menge Szenarioideen (mehr als man mit einer Runde in einem ganzen Leben wohl spielen kann).

Wie viele Mythosbücher genau im „Necronomicon“ aufgelistet und zum Teil im Detail beschrieben sind, entzieht sich meiner Beobachtung. Laut Klappentext soll es sich um „hunderte von Büchern“ handelt. Mögen wir es mal glauben. Hinkommen kann es bestimmt.

Optisch ist das Ganze mal wieder eine Augenweide: Zahlreiche „Auszüge“ aus einzelnen Mythosbüchern lassen sich direkt als Handouts verwenden und zusätzliche Abbildungen (Fotos, alte Stiche, gestellte „Archivaufnahmen“ oder „Beweisfotos“) lassen beim Lesen die richtige Atmosphäre aufkommen. Gerade der Aufwand, der teilweise bei der Bebilderung der einzelnen Bucheinbände oder der Artefakte betrieben wurde, lässt sich wohl kaum noch steigern. Hier hat man einfach alles richtig gemacht und das richtige „Händchen“ für genau solche Bilder gehabt, die auch direkt als Handout an die Spieler ausgeteilt werden können.

Dabei hat es sich die deutsche „Cthulhu“-Redaktion diesmal nicht nehmen lassen, auch ein paar nicht so ganz ernst gemeinte Passagen einzubauen. So lässt sich zum Beispiel auch das „Necronomicon von Pegasus Spiele“ unter den Mythosbüchern finden (welches verheerende Geheimnisse beinhaltet) sowie ein scheinbar rein zufällig abgedruckter Brief eines Fotoateliers „Click“ von einem gewissen Herrn „Gerold Pappel“ an den Redaktionschef Frank Heller. Gewisse Vorfälle bei dem Versuch, ein „angebliches Mythoswerk“ abzulichten, scheinen ernsthafte Auswirkungen auf das Fotoaelier gehabt zu haben. Von „Vertragsrücktritt“ ist die Rede, sowie von „solchen Büchern, mit denen wir nichts zu tun haben wollen“. Mag dieser Humor vielleicht dem eingefleischten und ernsthaften „Cthulhu“-Fan etwas zu albern sein, mir hat er gefallen. Gerade bei dem Thema „Mythosbücher“ ist es mit Sicherheit nicht verkehrt, innerhalb eines Buches ein wenig mit den Begrifflichkeiten, Übergängen und Grenzen zu „spielen“. Das „Buch“ als solches ist da einfach als Medium am Besten geeignet. Von daher wollte ich mir das Schmunzeln auch gar nicht erst verkneifen. :-)

Etwas weniger als die zweite Hälfte des „Necronomicons“ beinhaltet eine Auflistung verschiedener und nach den jeweiligen Mythos-Rassen getrennter Artefakte. Die neuen Artefakte ergänzen die Auflistung aus dem Spielleiter-Handbuch soweit ganz gut, und sind natürlich auch wieder mit reichlich Bildmaterial ausgestattet. Allerdings bin ich auch immer ein bisschen hin- und hergerissen, wenn es um solche Aufzählungen geht. Auf der einen Seite ist es natürlich verlockend, seinen Spielern ruhig auch mal eine ganze Waffenkammer mit „Blitzwerfern“ und „Shoggoten-Treibern“ zur Verfügung zu stellen. Auf der anderen Seite besteht aber natürlich die Gefahr, dem Mythos einiges an Macht zu berauben. Hier kommt es wirklich auf die richtige Dosierung an, weshalb ich jedem Spielleiter rate, mit seiner Gruppe vorher abzusprechen, wie viele „Mythos-Artefakte“ den Charakteren an die Hand gegeben werden.

Fazit: Wer durch die Auflistung der Mythoswerke, Zauber und Artefakte im „Spielleiterhandbuch“ so richtig Appetit bekommen hat, kann sich an dem Inhalt des „Necronomicons“ so richtig schön sattlesen. Das Buch enthält wahrscheinlich mehr brauchbares Quellenmaterial, als man jemals in einer Runde „verbraten“ kann, aber dafür dürfte auch wirklich für jeden etwas dabei sein. Die ganzen zusätzlichen Abbildungen, die Szenarioideen und die Tabellen im Anhang sind dabei noch zusätzlicher „Zuckerguss“. Von mir bekommt das Buch daher eine absolute Kaufempfehlung und landet auf meiner persönlichen Liste der „besten Rollenspielpublikationen 2008“ an der Spitze!


Necronomicon – Zweite Edition
Quellenbuch
Frank Heller (Hrsg.)
Pegasus Spiele 2008
ISBN: 978-3939794677
270 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 34,95

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