Munchkin Panic

Ein kooperatives Tower-Defense-Spiel gekreuzt mit der alles-für-mich-Idee von „Munchkin“? Klingt komisch, macht jedoch fast so viel Spaß wie „Castle Panic“, und der „Munchkin“-Faktor kommt wirklich nicht zu kurz.

von Lars Jeske

Da es bislang keine deutsche Version vom 2009 bei Fireside Games erschienenen „Castle Panic“ gibt, ist die Adaption für „Munchkin“ eine tolle Variante des Spiels. Wie immer ist Pegasus Spiele der deutsche Verlag, wenn es um „Munchkin“ geht. Bei „Munchkin Panic“ ist der Name Programm, das heißt es gibt eine Verschmelzung des klassischen Tower-Defense-Spieles („Castle Panic“) mit dem unverwüstlichen Spielprinzip der Munchkins. Dies klingt im ersten Moment unmöglich, spielt man doch bei der Verteidigung der Burg kooperativ zusammen, während man bei jedem bisherigen „Munchkin“-Spiel nur auf den günstigsten Moment wartet, um seinen Mitspielern in den Rücken zu fallen.

Trotz dieses zusätzlichen Konfliktpotenzials bleibt das grundlegende „Castle Panic“-Spielprinzip gleich. Die Spieler arbeiten zusammen, um die Burg im Zentrum des Spielbretts vor den herannahenden Monstern zu beschützen. Reihum dürfen sie Karten tauschen und der aktive Spieler darf seine ausspielen. Vorrangig werden dann Kämpfer in die drei Ringe um die Burg geschickt, die die Monster aufhalten sollen. Denn diese Eindringlinge rücken unaufhörlich vor und nur zusammen haben die Spieler eine Chance, die Burg zu halten. Dieses erfolgt ohne Würfelglück oder sonstigen Trefferzufall; es ist allein wichtig, die richtigen Karten zu ziehen und geschickt Züge vorauszuplanen. So sind zum Beispiel nur die Schwertkämpfer im inneren Ring zugelassen und dann müssen sie auch noch die richtige der drei Farben haben. Die Spieler gewinnen, wenn alle Monster besiegt sind. Wohingegen das Spiel verloren geht, wenn auch das letzte der sechs Burgteile gefallen ist. Gerade wenn erst einmal ein Monster durchgebrochen ist, wird es sehr schwer, dieses aufzuhalten.

Der „Munchkin“-Faktor besteht augenscheinlich aus den verwendeten Grafiken. Sämtliche Fantasy-Monster wie Orks oder Goblins sind verschwunden und haben Gegnern Platz gemacht wie dem Untoten Pferd, der Hammer-Ratte, dem Pavillon oder dem Versicherungsvertreter. Also ein großer Wiedererkennungswert für „Munchkin“-Veteranen. Die verwendeten Bilder sind alles alte Bekannte aus den diversen „Munchkin“-Spielen, die John Kovalic illustrierte, und wurden somit aus der Reserve genommen.

Während des Spiels muss man immer abwägen, ob man den anderen Mitspielern hilft, die Monster zu besiegen, oder nunmehr zu gierig ist, sodass die Verteidigung scheitert und niemand gewinnt. Dennoch muss man weiterhin das persönliche Ziel im Auge behalten, die meisten Monstertrophäen zu sammeln, um das Spiel zu gewinnen.

Die Spielregeln für „Munchkin Panic“ sind größtenteils von „Castle Panic“ übernommen und somit gleich geblieben. Nur vom Wording her wurden diese dem „Munchkin“-Style angenährt. Größte Änderung ist, dass man um Hilfe bitten kann und dafür Monstertrophäen oder zu erwartende Schätze anbietet, anstatt Karten untereinander zu tauschen. Im Gegensatz zu „Castle Panic“ sind die Bossgegner weggefallen und auch gibt es nicht mehr die Karten, um überrannte Schutzwälle zu erneuern. Die Änderungen werden auch unumwunden in der Spielanleitung angesprochen. Apropos: Mit nur fünf Pflichtseiten kommen die Regeln recht schmal daher. Etwas Beiwerk und Erläuterungen soviel ein ausführliches Beispiel gibt es dann auf noch einmal so vielen Seiten. Die Regeln sind verständlich geschrieben und auch nicht sehr kompliziert. Das Spielmaterial ist dem der Basisidee sehr ähnlich. Das Spielbrett ist nahezu identisch zu dem von „Castle Panic“, hinzu kommen die Burg- und Mauerpappteile. Es gibt die Spielerkarten, einen Würfel und die Marker für die Monster, die aus einem Stoffbeutel gezogen werden.

Spaß macht dieses Spiel jedoch auch im „Munchkin“-Setting. Es dauert oft weit unter einer Stunde und ist sehr leicht erklärt und einfach verständlich, sodass es auch für jüngere Spieler geeignet ist. Zudem bekommt jeder Spieler einer Übersichtskarte, und die einzelnen Phasen sind auch auf dem Spielplan vermerkt. Weiterhin ist es wirklich für jede Spieleranzahl nutzbar. Der Schwierigkeitsgrad skaliert jedoch dabei, ob man nun allein spielt oder bis zu sechst. Je mehr Spieler mit beteiligt sind, desto leichter wird im Normalfall das Spiel – wenn man denn zusammenarbeitet. Ebenso ist es lustiger. Wie in der Vorlage gibt es jedoch auch Optionen und verschiedene Spielmodi, sodass je nach Wunsch entweder mehr vom kooperativen Aspekt oder alternativ dem eigentlichen „Munchkin“-Wesen widergespiegelt werden kann.

Für das Letztgenannte ist vor allem die Mehr-Munchkin-Mini-Erweiterung ein Mehrwert, welche bereits dem Basisspiel beiliegt. Diese 15 Karten beinhalten neben zusätzlichen Schätzen auch Monsterverstärker und die Option mit Charakterkarten zu spielen. Jeder Spieler ist dann also mit einer Sonderfähigkeit ausgestattet, die man schon von den klassischen „Munchkin“-Spielen kennt. Beispielsweise bekommt man als Elf einen Bonusschatz wenn man anderen hilft, Krieger dürfen mehr Waffen benutzen oder Zauberer dürfen gegebenenfalls Monster verschieben. (Für diesen Umstand des Fantasy-Flairs wurden zwar Klassen und Rassen gemixt, jedoch sind die Fähigkeiten allesamt interessant und nahezu ausgewogen.)

Durch diese Optionsvielfalt bekommt man beinahe schon zwei Spiele in einem. Das gilt es zu bedenken, da wie „Munchkin“ auch „Munchkin Panic“ im oberen Preissegment seines Genres zu finden ist, wenn man die Faktoren Inhalt, Umfang, Qualität des Materials und die Spielidee ins Kalkül zieht.

Fazit: Wer einmal ein semi-kooperatives „Munchkin“-Spiel erleben möchte, kann bei diesem Spiel-Hybriden getrost zugreifen. Besitzer von „Castle Panic“ haben lediglich eine Alternative, der Mehrwert ist eben das andere Flair und je nach Gusto die Investition wert. Durch die diversen Spielmodi sorgt das kurzweilige „Munchkin Panic“ für anhaltenden Spaß und ist durch die überaus moderate Spielzeit und die leichten Regeln auch ein gutes Familienspiel.


Munchkin Panic
Brettspiel für 1 bis 6 Spieler ab 8 Jahren
Anne-Marie de Witt
Pegasus Spiele 2014
EAN: 4-250231-706042
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 39,95

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