Monster Vault – Threats to the Nentir Vale (v.4.0)

Willkommen im Nentir Vale, einem von Gebirgszügen umgebenen Grenzlandstrich. Auf den mutigen Abenteurer warten hier einsame Gehöfte, verlassene Dörfer und die Ruinen ehemaliger Adelssitze. Und Ungeheuer. Viele Ungeheuer, die nichts Besseres im Sinn zu haben scheinen, als der Laufbahn angehender Helden ein vorzeitiges Ende zu setzen. Was genau in den Siedlungen und der Wildnis des Nentir Vale lauert, kann man im Quellenbuch „Monster Vault – Threats to the Nentir Vale“ erfahren.

von Frank Stein

„Monster Vault – Threats to the Nentir Vale“ ist eine Art Zusatzband zu dem „Monster Vault“ für „Dungeons & Dragons Essentials“. Genau wie besagte Box besteht die durch eine Pappumhüllung zusammengehaltene Materialsammlung aus einer Kombination von Monster Tokens, Spielplan und Buch – leider ist die Pappumhüllung unten und oben offen und eignet sich daher nicht zum Aufbewahren der ausgestanzten Monster Tokens.

Die Monster Tokens und der Spielplan entsprechen dem Material in der „Monster Vault“-Box.  Es gibt acht stabile Pappbögen mit Tokens, die erneut vorne eine Illustration des Monsters zeigen und hinten einen roten Rahmen für den Zustand „bloodied“. Eine erfreuliche Verbesserung gegenüber „Monster Vault“ ist der Umstand, dass auf der Rückseite zusätzlich der Name des Monsters steht. Dadurch kann man die kleinen Ungeheuer sofort und gut den Einträgen im Monsterbuch zuordnen, auch wenn einem das Bild erstmal nichts sagt. Erfreulicherweise gibt es nicht nur Tokens für Monsterarten (wie Troll oder Twig Blight), sondern auch für Einzelcharaktere, die im Buch vorgestellt werden (etwa Melech Ambrose oder den Drachen Shadowmire).

Zum doppelseitig bedruckten Spielplan muss man eigentlich nur sagen, dass er viergeteilt ist und damit auf jeder Seite je zwei typische Schauplätze des Nentir Vale zeigt: eine Kirche oder Bürgerhalle in einem Dorf, eine Holzhütte im Sumpf, einen Flecken Wildnis und eine Höhle, in der sich womöglich ein Goblinhäuptling mit seinem Clan eingenistet hat. Die Optik der Karten entspricht dem „D&D“-Standard, wobei Kirche und Goblinhort etwas langweiliger anmuten, während Sumpf und Wildnis viel Abwechslung und Möglichkeiten für taktisches Vorgehen im Kampf bieten.

Das bereits erwähnte Monsterbuch, im Grunde das Kernstück der Sammlung, kommt als 128-seitiger Softcover-Vollfarb-Band daher. Das Buch beginnt mit fünf Sätzen der Einführung und dann einem Überblick, wie man die Monstereinträge zu lesen und zu verwenden hat. So weit, so Standard. Dann jedoch folgt unerwartet ein vierseitiger Überblick des Nentir Vale, für das zudem eine sehr grobe Karte angeboten wird. In kurzen, prägnanten Absätzen wird einem nicht nur die Geschichte dieses Landstrichs nähergebracht, sondern auch das Land selbst vorgestellt. Bereis die wenigen Sätze über Fallcrest und den Harken Forest, den Lake Nen, die Ogrefist Hills und die Witchlight Fens wecken Neugierde und beflügeln die Fantasie jedes Spielleiters.

Dass diese Kurzbeschreibungen einen konkreten Zweck verfolgen, zeigt sich dann, als es mit den Monstern losgeht. Denn „Monster Vault: Threats to the Nentir Vale“ ist nicht nur ein weiteres Sammelsurium kurioser „D&D“-Monster, auch wenn es zu Beginn mit den „Abyssal Plague Demons“ so aussieht. Stattdessen wurde viel Wert darauf gelegt, dass alle Ungeheuer sich harmonisch in das Konzept des Nentir Vale einfügen. So sind die Barrowhaunts (Geister in Hügelgräbern) nicht irgendwelche namenlosen Schrecken, sondern eine spezifische Gruppe verstorbener Krieger, die in den Gray Downs ihr Unwesen treiben. Gleiches gilt für die Drachin Bitterstrike, die den Winterbole Forest beherrscht, die Orks vom Clan Bloodspear, die Daggerburg Goblins, die den Harken Forest unsicher machen oder der Fell Court, eine Tiefling-Bande, die in den Schatten der Stadt Fallcrest haust (und der sage und schreibe zwei Seiten Fließtext mit Hintergrund-Informationen spendiert wurde).

Söldertruppen, Räuberbanden, Kriegerclans und besonders mächtige Einzelgegner (fast alles Drachen) beherrschen dieses Quellenbuch und heben es wirklich in erfreulichem Maße vom „Monster der Woche“-Konzept früherer „Monster Manuals“ ab. Auch wenn manche Verortung eines Ungeheuers im Nentir Vale eher erzwungen wirkt – etwa im Falle des Bloodfire Ooze –, ist allein der Versuch hierzu lobenswert. Es ist eine ebenso erstaunliche wie erfreuliche Entwicklung vom reinen Encounter-Gekloppe hin zum Abenteuer mit Handlung, das „D&D“ mit seiner „Essentials“-Reihe gerade durchmacht. (Es scheint, als hätten die Wizards of the Coast selbst irgendwann eingesehen, dass Rollenspiel mehr ist, als nur Kämpfe im Brettspiel-Stil und Listen von Feats und Powers, wofür „D&D 4.0“ zeitweilig ja verschrien war.)

Fazit: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich „Monster Vault – Threats to the Nentir Vale“ positiv überrascht hat. Erwartete ich ursprünglich nur eine weitere Sammlung austauschbarer Ungeheuer, wurde mir stattdessen ein fest durch die Bank überzeugendes Gesamtpaket interessanter und lebendiger Bewohner des Nentir Vale vorgestellt. Der Titel der Sammlung ist sogar insofern eigentlich irreführend, als dass die meisten der beschriebenen „Bedrohungen“ durchaus ein Anrecht darauf hat, in ihrem Heimatterritorium zu existieren. (Nicht, dass das irgendwelche übereifrigen Helden aufhalten würde, mit ihnen die Klinge zu kreuzen.) Alles in allem kann ich das Quellenbuch all jenen nur empfehlen, die Abenteuer im Nentir Vale erleben wollen. Ich halte es für sogar gelungener, als das Basiswerk „Monster Vault“ selbst.


Monster Vault – Threats to the Nentir Vale
Quellenbuch
Sterling Hershey, Brian R. James, Matt James, Steve Townshend
Wizards of the Coast 2011
ISBN: 978-0-7869-5838-2
128 S., Softcover, englisch
Preis: $ 34,99

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