Magic: Ursprünge (Origins, 2016 Hauptset)

Eine Ära geht zu Ende. „Magic: Ursprünge“, oder auch das Hauptset für 2016, wird das letzte seiner Art sein. In Zukunft wird es pro Zyklus ein Haupset und eine Erweiterung geben, aber keine „Haupt-Editionen“ mehr, in denen vergangene Karten zusammengefasst, nachgedruckt und durch neue Karten ergänzt werden. Werfen wir einen Blick auf diese Edition, die Vergangenheit und Zukunft verbinden soll.

von Adaon

In diesem Artikel geht es um die Edition „Magic: Ursprünge“ für das Sammelkartenspiel „Magic“. Wenn jemand nach grundsätzlichen Informationen zu „Magic“ sucht, empfehle ich den folgenden Link:

de.wikipedia.org/wiki/Magic:_The_Gathering

Wie schon seit einem Jahr durch Wizards of the Coast angekündigt, geht eine Ära zu Ende. „Magic“ als Spiel wandelt sich. Diesmal ist die Wandlung tiefgreifender als gewohnt, da sich mit „Magic: Ursprünge“ zum einen das Format der Haupt-Edition (Core Edition bzw. Jahres-Edition) verabschiedet (was „Magic: 2015“ zum tatsächlich letzten Produkt dieser Art macht). Zum anderen wird auch eine neue Release-Politik eingeführt, in der nun pro halbem Jahr ein neuer Block und eine Ergänzung dazu vorgestellt werden. Früher gab es einen neuen Block, zwei Ergänzungen und eine Haupt-Edition. Dieses Format war schon einmal vorhanden, mit dem Lorwyn-Block, der aus „Lorwyn“ und „Shadowmoor“ bestand und ebenfalls je einen Block und eine Ergänzung bot.

Damit wird auch das Format „Standard“, das wohl das intensivste, sicherlich aber das herausfordendste Format für „Magic“-Spiele ist, verändert, in dem nun die jeweils letzten drei Blöcke als Standard gespielt werden können. Damit ändert sich Standard nun alle 18 Monate, statt wie zuvor alle 24. Etwas kostenintensiver wird es also im Standard-Format, bzw. könnte es werden, doch das „normale“ „Magic“ sollte davon unberührt bleiben.

Was aber ist mit den neuen Spielern? Die Haupteditionen brachten durch das Nachdrucken älterer Karten nicht nur die Möglichkeit für erfahrene Spieler, an diese Karten noch heranzukommen, sondern waren auch durch geringere Komplexität dafür gedacht, neue Spieler in „Magic“ einzuführen. Dies soll nun in Zukunft durch andere Produkte geschehen, wurde durch Wizards angekündigt.

Doch zurück zur Rezension. „Magic: Ursprünge“ ist zum Abschied ein interessantes, abwechslungsreiches und durchdachtes Hauptset. Die Bezeichnung „Hauptset“ dabei natürlich so nicht stimmt. Mit komplett neuen Karten und der Idee, jeder Farbe einen Planeswalker zuzuweisen und dessen Geschichte zu erzählen, setzt sich „Ursprünge“ mit dieser Thematik von früheren Haupteditionen ab, wie auch mit der Bezeichnung (statt „Magic: 2016“), und entspricht mehr der ersten Edition eines Blocks. Hier wird also statt eines Sets, das hauptsächlich Karten früherer Erweiterungen nachdruckt und dazu neue Karten mitbringt, um damit sowohl neue als auch erfahrene Spieler anzusprechen, etwas Neues vorgestellt und damit ein klarer Schnitt zur Vergangenheit gemacht. Die wenigen Karten, die nachgedruckt wurden (16 Stück), zählen nicht einmal zu den 272 Karten des Sets und sind nicht in Boostern enthalten, sondern können nur in der „Deckbaubox“ erworben werden.

Die Planeswalker sind Gideon Jura für Weiß, Jace Beleren für Blau, Liliana Vess für Schwarz, Chandra Nalaar für Rot und Nissa Revane für Grün. Momente der Jugend dieser Planeswalker vor dem Erwachen ihres Funkens werden auf vielen Karten, besonders ihrer Farbe, in Flavor-Texten angerissen.

„Magic: Ursprünge“ bietet mit ordentlichen 272 Karten, die sich in 101 Common, 80 Uncommon, 55 Rare und 16 Mythic Rare (sowie 20 Länder) aufteilen, eine Vielfalt an neuen Karten. Manche sind an bereits bekannte Konzepte angelehnt, erweitern diese oder passen perfekt in bereits bestehende Strukturen – andere sind ungewohnt und erfordern neue Herangehensweisen. Es werden folgende (neue) Mechaniken geboten:

Doppelseitige Planeswalker: Doppelseitige Karten sind seit „Innistrad“ bekannt, aber Planeswalker gehörten bisher nicht dazu. Jeder der 5 Planeswalker für „Magic: Ursprünge“ kann nicht direkt beschworen werden, sondern kommt zunächst als Kreatur mit einer Fähigkeit ins Spiel, sowie einer Voraussetzung, unter der die Karte gewendet und damit zum Planeswalker wird.

Ruhm X: eine neue Kreaturenfähigkeit, bei der die Kreatur, sobald sie einem Spieler Schaden zugefügt hat, „ruhmreich“ wird und +1/+1-Marken in Höhe ihres Ruhm-Wertes erhält, sofern sie noch nicht ruhmreich war. Auch weitere Karten aus „Magic: Ursprünge“ beziehen sich auf die neue Ruhm-Mechanik.

Zauberkunst: Ein Schlüsselwort für Spontanzauber und Hexereien. Wenn bei Verrechnung der Karte mit diesem Schlüsselwort zwei oder mehr Spontanzauber und/oder Hexereien im Friedhof des wirkenden Spielers sind, gibt es zusätzlich zum Karteneffekt noch weitere, auf der Karte aufgeführte Effekte. Damit ist Zauberkunst grundsätzlich mit Fähigkeiten vergleichbar, mit denen man für zusätzliche „Kosten“ zusätzliche Effekte erhält, wie „Wildheit“ in „Khane von Tarkir“.

Bedrohlich: Eine Kreatur mit diesem Schlüsselwort kann nur von zwei oder mehr Kreaturen geblockt werden. Diese alte Fähigkeit, verwendet beispielsweise in „Kriegstrommeln der Goblins“ oder „Imposing Visage“, erhält nun ein eigenes Schlüsselwort.

Bravour: Bekannt aus „Khane von Tarkir“, erhält eine Kreatur mit „Bravour“ +1/+1 bis zum Ende eines Zuges für jeden Nicht-Kreaturen-Zauberspruch, den ihr Beherrscher wirkt.

Hellsicht X: Eine Fähigkeit, bei der die obersten X Karten der Bibliothek des Nutzers von Hellsicht durch diesen betrachtet werden dürfen. Anschließend werden die betrachteten Karten in beliebiger Reihenfolge auf oder unter die Bibliothek gelegt.

Die Fähigkeiten sind eine gute Mischung aus Neuem und Altbekanntem. Ruhm unterstützt schnelle, kreaturenlastige Decks, Zauberkunst macht das Hinzufügen weiterer Spontanzauber und Hexereien interessanter (und unterstützt damit direkt Bravour), Bedrohlich ist eine alte Fähigkeit, die nun ein Schlüsselwort erhält, und Hellsicht ist je nach Situation recht mächtig.

Als Booster Draft lässt sich „Magic: Origins“ überraschend frisch spielen. Die Ruhm-Mechanik auf vielen Common-Kreaturen ist mächtig, wenn man die entsprechenden Karten zieht, und kann nur schwer aufzuholen sein. Die Rot-Blaue Thopter-Mechanik ist lustig, hat aber zu wenige Karten, um darauf verlässlich eine Strategie aufzubauen. Schön ist, dass jede Farbe starke Karten und Removal bieten kann, auch wenn natürlich Kombinationen notwendig sein werden. Und diese wollen wohl überlegt sein, sind doch „Mana-fixing“-Möglichkeiten selten (da die Doppelländer in Feindfarben nur als Rare vorkommen), genauso wie die geringe Anzahl an mehrfarbigen Karten (mit gerade einmal 10 Stück, alle Uncommon). Etwas Abhilfe bringen hier die Artefaktkarten, von denen es 24 Stück in allen Seltenheitsvariationen gibt.

Die „Intro Packs“, wie bekannt mit jeweils zwei Boostern als Bonus, liefern einen schnellen Start in die neue Edition. Deutlich wird hier Wert auf eine klare Farbidentität gelegt, auch wenn eine Unterstützungsfarbe genutzt wird. Die Farben sind Weiß mit Grün und vielen Kreaturen mit Ruhm; Blau mit Weiß und vielen Fliegern; Schwarz mit Rot, das Kreaturen des Gegners übernimmt und opfert; Rot mit Blau mit dem Schwerpunkt fliegender 1/1-Thopter und Möglichkeiten, diese zu verstärken; und Grün mit Schwarz, ein Elfendeck mit vielen tödlichen Kombinationen. Im Probespiel zeigte sich Schwarz mit „Dämonische Pakte“ als recht spielstark (Kreaturen opfern, um Vorteile zu erlangen, hauptsächlich die des Gegners; Erinnerungen an „Jund“ aus dem „Alara“-Block werden wach), sowie noch deutlicher Grün mit „Jagendes Rudel“ (welches tatsächlich von Anfang an sehr spielstark ist, und mit weiteren Elfenkarten nur noch stärker wird). Die übrigen Decks gegen diese beiden zu spielen, ist nicht wirklich sinnvoll, auch wenn die Decks an sich Spaß machen und gute Grundlagen bilden können.

Ebenfalls wieder enthalten ist das „Clash Pack“, eine Packung mit zwei Decks, die für den einfachen Einstieg gedacht sind und sich gut gegeneinander spielen lassen. Die Thematiken dafür sind einerseits „Bewaffnet“, die mit weißen und grünen Kreaturen mit Ruhm und unterstützt von Zaubern versucht, rasch Schaden zu machen, um durch ruhmreiche Kreaturen die Oberhand zu gewinnen und zu behalten, und andererseits das weiß-grün-schwarze „Gefährlich“, das auf die Mechaniken „Kräftigung“ und „Standhaft“ setzt, um seine Kreaturen zu stärken und etwas Kreaturen-Entfernung mitbringt. Hat man sich mit diesen beiden Decks auseinandergesetzt und mehrere Spiele hinter sich, kann man die Decks auflösen und sich ein neues Deck bauen; ein Vorschlag wird auch gleich mitgeliefert, um sich damit im Friday-Night-Magic mit anderen Spielern messen zu können. Damit ersetzt das „Clash Pack“, wie schon seit einer Weile, die früheren „Event Decks“ (spielstarke und fertig kaufbare Decks).

Das bekannte „Fat Pack“ liefert neben 80 Basisländern 9 Booster, einen Würfel, einen „Player's Guide“ mit einer Übersicht aller Karten von „Magic: Ursprünge“ sowie faltbare Pappboxen für Decks und die Verpackung selbst, die Platz für 400 Karten bietet. Auch die Umverpackung lässt sich wenden und zeigt als Artwork einen der Planeswalker.

Die „Deckbaubox“ hingegen bringt alles, was ein neuer Spieler brauchen könnte: Karten und Länder. Viele Länder. 100 Basisländer, um genau zu sein, plus 24 andere Länder, darunter die beliebten Doppelländer aus „Khane von Tarkir“. Dazu 61 Karten, die bereits feststehen (unter anderem 16 nachgedruckte Karten), und 40 Karten aus einem zufälligen Pool von 110 Karten, wobei jeweils 10 Karten eine Gruppe bilden. Anders ausgedrückt: Man erhält 4 Gruppen von je 10 Karten aus einem Pool von 11 Gruppen. Diese Karten-Gruppen sollen eine Grundlage sein, um sich darauf eigene Decks aufzubauen, und dafür Inspiration bieten. Viele dieser Karten sind aber nicht (nur) aus „Magic: Ursprünge“, sondern aus dem „Khane von Tarkir“-Block. Abgerundet wird die Box durch 4 Booster, wobei auch hier nur ein Booster von „Magic: Ursprünge“ stammt, und die restlichen aus „Khane von Tarkir“, ein Booster sogar aus dem „Nyx“-Block davor.

Zusammengefasst macht „Magic: Ursprünge“ eine gute Figur. Natürlich ist eine der Hauptfragen, wie sich die neuen Karten in die bestehenden Editionen einfügen werden. Viele neue Kombinationen scheinen möglich, und bestehende Deckkonzepte werden sich verändern und verbessern. Schwarz-grüne Elfendecks werden, wie damals im „Lorwyn“-Block, tödliche Beliebtheit erlangen. Die Möglichkeiten, ein rot-blaues Thopter-Deck zu bauen, sind interessant und lassen sich vielseitig ausbauen, sei es mit Esper-Karten für Thopter aus dem „Alara“-Block oder anderen Artefakten und Unterstützungskarten. Ruhm-Kreaturen werden bestimmt zu neuen Decks führen, und diese schnellen Kreaturen-Decks werden sich wie immer mit Kontroll-Decks messen müssen. Ob man also Standard, Modern oder Commander spielt: Es sollte etwas für jeden dabei sein. Werft einen Blick auf die Kartenliste im Internet, und viel Glück beim Boosterkauf!

Fazit: „Magic“ erfindet sich neu. Wieder einmal. Das ist, in sich selbst, nichts Schlechtes und auch nichts Neues – vermutlich ist es eher ein Hauptgrund, warum das Spiel nach über 20 Jahren immer noch gern gespielt wird und interessant bleibt. Nicht nur die Frage, auf welche Karten man treffen wird oder welche Karten man ziehen wird, die schon jedes weitere Spiel variieren, macht „Magic“ so abwechslungsreich. Auch Regeländerungen, wie der Wegfall von Mana Burn oder Unterbrechungszaubern, neue, auf den ersten Blick unmöglich wirkende Mechaniken, wie Unzerstörbarkeit, und neue Wege das Spiel zu spielen, wie Commander, fordern immer wieder Anpassungen vom Spieler. Damit bleibt „Magic“ nicht nur interessant, es ist in gewissem Sinne auch unbequem: Das einmal Erlernte gilt nicht für immer, auch wenn die Grundlagen gleich geblieben sind. Und diese Notwendigkeit, immer dazuzulernen, seine Spielweise und damit auch sich selbst in Frage zu stellen, sorgt dafür, dass man sich immer wieder mit „Magic“ beschäftigen muss, wenn man spielen will. Das stellt wohl auch einen Anreiz dar. Sicher ist damit nur eines: Langweilig wird es nicht. Auch nicht mit „Magic: Ursprünge“.


Magic: Ursprünge
Sammelkarten-Erweiterung
Richard Garfield u.a.
Wizards of the Coast 2015
272 Karten, deutsch
Preis: EUR 3,50 (Booster) / EUR 19,00 (Intro-Pack)

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