Held alter Tage

Im beschaulichen Suderland droht es nach einem Anschlag auf einen Kornspeicher zum offenen Konflikt zwischen den Dörfern Grünweg und Furtwasser zu kommen. Während die Dorfobersten Söldner anheuern, werden tapfere Abenteurer gesucht, die gemäß der Prophezeiung fünf magischen Insignien des Volkshelden Bernfried sammeln.

von Nicolas Hohmann

Das zweite offizielle Abenteuer zur deutschen Neuauflage aus dem Hause Sonnenfeste nennt sich „Held alter Tage“. Aufgemacht ist es als 96 Seiten starkes Heft im DIN-A4-Format. Papierqualität und Verarbeitung sind auf einem hohen Niveau. Das Bild auf dem Frontcover zeigt den von Lucio Parillo gezeichneten Helden Bernfried, um dessen Insignien es im Abenteuer geht. Die Innenabbildungen sind ebenfalls von guter Qualität, allerdings allesamt in Schwarz-Weiß, was den Stadt- und Landkarten abträglich ist. Layout und Gliederung des Textes sind sehr übersichtlich, zusätzlich gibt es noch ein ausführliches Inhaltsverzeichnis sowie Werte aller im Abenteuer auftretenden Charaktere und Spieler-Handouts im Anhang. Insgesamt also ein spielleiterfreundlicher Aufbau des Bandes.

„Held alter Tage“ ist auf der verlagseigenen Spielwelt Arborea im Suderland angesiedelt. Von der Schwierigkeit her sollten die Abenteurer nicht ganz unerfahren sein und schon ein Abenteuer erlebt haben. Ganz offensichtlich hatte der Autor da das vorangegangene Einführungsabenteuer „Elisera“, welches ebenfalls im Suderland spielt, im Sinne. Die Komplexität des Abenteuers für Spieler und Spielleiter ist auch nicht ganz trivial, da zu einigen Zeitpunkten Dinge gleichzeitig passieren und der Spielleiter die im Hintergrund ablaufenden Handlungen von mehreren Charakteren entscheiden muss. Veranschlagt wurden laut Autor 5 bis 20 Spielsitzungen für das Abenteuer. 20 Sitzungen für das Abenteuer klingen aber schon extrem und sollten nur vorkommen, wenn man die Handlung sehr ausschmückt oder sich die Spieler an einigen Punkten dann doch arg verrennen. In 8 Spielsitzungen à vier Stunden kann man das Abenteuer gut bestehen.

Ausgangspunkt der Handlung ist der schwelende Konflikt zwischen den zwei benachbarten Bauerndörfern Grünweg und Furtwasser, der seinen neuen Höhepunkt in einen Brandanschlag auf den Kornspeicher Grünwegs gefunden hat. Daraufhin wird ein Ultimatum gesetzt: In 35 Tagen soll ein Betrag von 100 Goldstücken entrichtet werden, ansonsten gibt es Krieg. Beide Dörfer rüsten sich schon für den Konflikt, doch der Seher Furtwassers glaubt an eine Vision, in der die alten Insignien des Volkshelden Bernfried wieder auftauchen und der Konflikt friedlich beigelegt wird. Also beauftragt er Abenteurer, diese alten Schätze zu finden.

Das Abenteuer spielt sich im Endeffekt also als Schatzsuche nach den fünf Insignien – Helm, Rüstung, Schild, Speer und Schwert – des Helden Bernfried ab. Aufgewertet wird dieser einfache Plot durch das Einführen von direkten Gegenspielern, einer Abenteurertruppe, die vom Zauberer Grünwegs angeheuert wurde, ebenfalls nach diesen Gegenständen zu suchen. Außerdem ergeben sich im Laufe der Zeit immer mehr Anhaltspunkte, dass irgendwer nicht sauber spielt und den Konflikt vorantreiben möchte. Höhepunkt und Ende sind dann der Einsatz aller fünf Gegenstände sowie die Entlarvung der Kriegstreiber.

Insgesamt liefert Robert Wenner mit „Held alter Tage“ ein gutes und solides Abenteuer ab. Die Grundhandlung ist einfach, wird aber durch die oben genannten Erschwernisse spannend und auch für die Spieler und ihre Charaktere herausfordernd. Schwerpunkt liegt sicherlich nicht auf dem bei „Rolemaster“ eher fatalen Kampf, sondern auf der Interaktion mit NSC und klugen Plänen, um sich um manches Hindernis herumzumogeln. Auch wenn offene Gewalt nicht zielführend ist, enthält das Szenario doch einige spannende Kampfmomente.

Die Hintergrundgeschichte erscheint mir alles in allem leider nicht ganz plausibel, vor allen Dingen die Ebene, auf der sich das Ganze abspielt, nämlich Bauerndörfer, die in den Krieg ziehen wollen. Auch die Tatsache, dass die Insignien benötigt werden, um dem legitimen adeligen Herrscher des Landes die Autorität des Volkshelden zu verleihen, wirkt etwas seltsam. Hier kann jeder Spielleiter für sich entscheiden, ob er das so übernehmen möchte. Auch muss jeder wissen, ob er reelle Namen wie Bernfried, Furtwasser oder Mengenheim in seiner Kampagne mag oder eher eine etwas phantastischere Nomenklatur wählt.

Fazit: „Rolemaster“-Neulinge sollten sich, nachdem sie „Elisera“ gemeistert haben, an „Held alter Tage“ versuchen. Rollenspielveteranen können hier auf ein solides, unterhaltsames und forderndes Kaufabenteuer zurückgreifen, das ihnen jedoch nichts Neues bieten wird.


Held alter Tage
Abenteuerband
Robert Wenner
Sonnenfeste 2008
ISBN: 9783981171877
96 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

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