He-Man und die Masters of the Universe 1

Sie waren das Spielzeug, das Eltern hassten, aber Kinder liebten: muskelbepackte Helden und Monster mit so klingenden Namen wie He-Man, Man-at-Arms, Skeletor oder Beast-Man. Zusammen mit den Jugendbüchern von Wolfgang Hohlbein und Filmen wie „Der Drachentöter“ entzündeten sie in den 1980ern unsere Begeisterung für Fantasy-Abenteuer, und nicht wenige Vorgärten wurden zu fernen Welt Eternia. Als Spielzeug verloren sie an Bedeutung, wurden zu Sammlerobjekten. Doch in Geschichten sind die „Masters of the Universe“ nach wie vor lebendig. Wie die neue Comic-Reihe von Panini zeigt.

von Frank Stein

Der erste Band beginnt mit einem Kniff, der sowohl Neulesern den Einstieg erleichtern soll, als auch die lange Geschichte von He-Man und den Masters of the Universe nicht verneint: Adam ist ein einfacher Holzfäller, der jedoch Nacht für Nacht Träume von bösen Mächten und heroischen Schlachten hat. Eines Tages fliegt ihm in den Wäldern auf einmal ein zutraulicher Falke zu, den er Zoar nennt und der ihm anscheinend einen Weg aus dem Wald heraus zeigen will. Nach kurzem Zögern folgt er ihm – und begibt sich damit nicht nur in die weite Welt Eternia hinaus, sondern gerät auch ins Visier einer Reihe düsterer Geschöpfe, die seinen Weg um jeden Preis aufhalten wollen. Denn Adam darf sein Ziel, Castle Grayskull, auf keinen Fall erreichen. Sonst war alle Mühe des dunklen Skeletor umsonst.

Es wird früh thematisiert und Kenner merken es auch sofort: Adam ist natürlich Prinz Adam, das „zivile“ Alter Ego von He-Man, dem offensichtlich – wie all seinen Freunden – die Erinnerung genommen wurde. Nun kehrt sie langsam zurück, was natürlich den Oberschurken Skeletor auf den Plan ruft, der dem Recken seine Diener entgegenwirft. Daraus entwickelt sich eine episodische Heldenreise – der deutsche Sammelband umfasst die US-Heftausgaben #1 bis #6 sowie die kürzere Nullnummer –, während derer der Leser mit einigen der klassischen Akteure des ehemaligen Spielzeug-Universums vertraut gemacht wird. Auf Heldenseite lernen wir so He-Man, Teela, Man-at-Arms und Battlecat kennen (wobei die Kampfkatze namentlich nicht vorgestellt wird). Die Schurken treten neben Skeletor mit Beast-Man, Trap-Jaw, Mer-Man und Evil-Lyn auf. Cameos anderer Figuren sind natürlich gegeben.

Es ist heroische Fantasy in einer eigentümlichen Techo-Mittelalter-Welt, die auf den 164 Seiten geboten wird. Mit Comics zu „Das Rad der Zeit“ oder „Game of Thrones“ ist das kaum vergleichbar. Vielmehr haben wir hier eine Variante des Superheldencomics vor uns, bloß dass die Helden und Schurken keine Mutanten sind oder Träger von Hightech-Rüstungen, sondern magische Wesen einer pseudo-archaischen Welt (in der es natürlich trotzdem, weil es ja cool ist, neben Schwertern auch Laserwaffen und kleinere Gleiter gibt). Entsprechend ähnelt sich auch die Erzählweise den Abenteuern maskierter Vigilanten: Es gibt viele Kämpfe, in denen die unterschiedlichen Akteure ihre Kräfte demonstrieren können, außerdem natürlich einen Oberbösen, der seine Untergebenen bei jedem Versagen wütend maßregelt und doch seit Jahren selbst unfähig ist, den Helden zu bezwingen.

Wenn man ein alter Fan der „Masters of the Universe“ ist, liest sich das mit dem Charme der Nostalgie. Man freut sich, bekannte Gesichter von damals zu sehen und die Nuancen zu erkennen, mit denen die Autoren Keith Giffen, Geoff Johns und James Robinson die Figuren neu interpretiert haben. Für Neuleser mag die Handlung zu wenig bieten, denn im Grunde reiht sich ein Kampf an den nächsten, Helden und Schurken werden dabei kaum charakterisiert. Dazu kommt, dass diverse Fragen unbeantwortet bleiben. So könnten sich Neuleser fragen, warum eine grüne Raubkatze, die Adam eben noch zerfetzen wollte, sich ihm auf einmal als Reittier anbietet. Und wie es genau dazu kam, dass He-Man seine Erinnerung verloren hat, wird auch bestenfalls angedeutet.

Veteranen stören sich dagegen mitunter an Details wie Teelas falscher Haarfarbe oder dass Skeletor auf einmal so ein brutaler und zynischer Fiesling geworden ist. Aber gut: Der Trend zum Düsteren besteht in den Medien ja schon seit Jahren; dass die „Masters“ davon verschont bleiben würden, war nicht zu erwarten. So richtet sich der Comic letztendlich auch viel weniger an Kinder als die bunten Heftchen der 1980er oder die damals ausgestrahlte Zeichentrickserie. Das zeigt sich auch in der Eliminierung von Comic-Relief-Figuren wie Orko (auf den ich persönlich in der Tat gut verzichten konnte). Stattdessen scheinen eher die heute erwachsenen Fans von einst die Zielgruppe zu sein. Und die sind Blut und zynische One-Liner beim Töten von Gegnern durchaus gewöhnt.

Ein Wort zur Optik: Wie so oft haben die Illustrationen typisches Comic-Heft-Niveau. Mit der fantastischen Cover-Art hat das leider wenig zu tun. Man kann die Figuren gut erkennen und die Dynamik stimmt auch. Doch der Detailgrad hält sich in Grenzen und mit zunehmender Entfernung auch die Treffsicherheit in Sachen Mimik, wie sich vor allem in der Mer-man-Episode zeigt. Zudem fällt der ständig wechselnde Zeichenstil negativ auf. Eine einheitlichere Präsentation wäre hier angenehmer gewesen. Alles in allem akzeptabel, aber – einzelne tolle Panels ausgenommen – kein Grund für eine Verbeugung vor den Künstlern.

Fazit: Jeder Neustart bringt Veränderungen mit sich. Das ist völlig legitim und im Falle von „He-Man und die Masters of the Universe“ im Wesentlichen auch gut gelungen. Man erkennt die Helden und Schurken von einst, auch wenn sie sich gewandelt haben und düsterer, „erwachsener“ geworden sind. Die in diesem Comic gebotene Geschichte hat ganz deutlich Einführungscharakter. In vielen Kämpfen lernt man Helden und Schurken kennen. Viel mehr passiert nicht. Aber es ist ja auch erst der Anfang. Erst mit dem zweiten Band, der im Herbst erscheinen soll, wird sich weisen, ob die „Masters of the Universe“ mehr zu bieten haben als seichtes Gekloppe. Altfans und Freunde etwas anderer Superheldencomics dürften ihre Freude an dem Comic haben. Leser, die primär an einer guten Fantasy-Geschichte interessiert sind, sollten vielleicht eher zu Paninis „Rad der Zeit“ oder „Game of Thrones“ greifen.


He-Man und die Masters of the Universe 1
Comic
Keith Giffen, Geoff Johns, James Robinson u.a.
Panini Comics 2014
ISBN: 978-3-95798-162-2
164 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,99

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