H. P. Lovecrafts Das Grauen von Dunwich 1

„Das Grauen von Dunwich“ gehört neben Geschichten wie „Cthulhus Ruf“ und „Die Farbe aus dem All“ zu den ikonischsten des Horror-Autors H. P. Lovecraft. Umso mehr darf man sich freuen, das der Carlsen-Verlag die Horror-Manga-Reihe, bestehend aus Adaptionen der Werke des Schriftstellers durch Illustrator und Texter Gou Tanabe, mit einem neuen Manga fortsetzt: „Das Grauen von Dunwich 1“. Von dem Begriff „Manga“ sollte man sich nicht abschrecken lassen, den die Reihe ist im westlichen Comic-Stil gehalten. Sie ist für ihre Qualität bei den Leser*innen bekannt! Ist diese Adaption ebenfalls von so hoher Güte, wie viele erhoffen?

von Markus Kolbeck

Die Ausstattung & das Original

Der Band ist 2024 als Softcover mit 216 Seiten (davon vier Seiten mit Werbung) bei Carlsen Manga auf Deutsch erschienen. Er ist komplett (bis auf das Vorwort) in Schwarz-Weiß-Zeichnungen mit vielen Grauschattierungen gehalten und stellt den ersten von drei Bänden dar, mit denen die Geschichte umgesetzt wird. Nach leider nur rund einer Stunde ist er durchgelesen. Zur Leserichtung dieser japanischen Reihe will ich hier nichts anmerken; es findet sich ein Hinweis im Buch dazu. Die Originalerzählung „The Dunwich Horror“ ist 1928 von Lovecraft geschrieben worden und wurde von ihm 1929 in dem Pulp-Magazin „Weird Tales“ veröffentlicht.

Der Originalautor & der Illustrator

Zu dem US-amerikanischen Autor Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) muss man eigentlich nichts mehr schreiben, da er in den letzten Jahrzehnten in der Mitte der Popkultur angekommen und somit weithin unter Phantastik-Fans bekannt ist. Außerdem kann man zu seiner Person und seinem Werk auch in anderen Rezensionen von mir zu der Manga-Reihe mehr nachlesen, wenn man will, und zudem gibt es Biographien wie „H. P. Lovecraft: Leben und Werk 1 & 2“ von S. T. Joshi. Zu dem japanischen Manga-Zeichner Gou Tanabe (geb. 1975) muss man eigentlich auch nicht viel mehr schreiben, denn er dürfte vielen Leser*innen bereits durch die Reihe bekannt sein.

Inhalt

Im fiktiven Dunwich, Massachusetts, USA bekommt Lavinia Whateley im Februar 1913 ein Sohn von einem Unbekannten: Wilbur. Er konnte nach sieben Monaten laufen, beherrschte mit elf Monaten die Sprache und mit vier Jahren las er bereits okkulte Texte. Zehn Jahre nach seiner Geburt (1923) setzt die eigentliche Geschichte ein. Im ersten Kapitel, „In Dunwich“ ist Professor Armitage von der Miskatonic University in Arkham auf den Jungen aufmerksam geworden. Dieser verlangt nach dem magischen Buch „Necronomicon“! Im Kapitel „Die Geburt“ wird noch einmal näher auf die Umstände der Geburt von Wilbur eingegangen. Im nächsten Kapitel, „Der Junge“ wird Wilbur zusammen mit seiner Mutter bei eigenartigem Verhalten auf dem legendenumrankten Sentinel Hill beobachtet. Im Kapitel „Nachtschwalben“ erinnert sich ein Bewohner von Dunwich im Jahr 1917, den Großvater von Wilbur bei einem blasphemischen Ritual ebenda auf diesem Hügel gesehen zu haben. Im letzten Kapitel, „Das Tor“, kommt es zu einem Todesfall. Wilbur reift zum Mann heran.

Kritik

Wer den Zeichenstil von Tanabe bereits kennt, weiß, was ihn*sie hier erwartet: Virtuose Zeichnungen mit realistischen (was Personen, Tiere, Orte, Gegenstände und Natur betrifft) und detaillierten Darstellungen. Die Geschichte wird mit der für Lovecrafts Werk nötigen dichten Atmosphäre und dem ansprechenden Stil adaptiert. Wenn man den Umfang dieses Bandes mit über 200 Seiten auf alle drei Bände hochrechnet, kommt man auf zu erwartende 600 Seiten Länge. Da es sich bei der Originalgeschichte lediglich um eine 45 Seiten lange Erzählung handelt, muss sie zwangsläufig von Tanabe ausgebaut werden. Dies sieht man auch schon am vorliegenden Band, der sich ausgiebig dem Heranwachsen von Wilbur und dessen Umständen widmet. Damit ist die Geschichte nicht mehr werktreu! Doch bleibt das Grundgerüst erhalten und alle soweit wichtigen Personen, Orte und Themen werden eingeführt. Der Illustrator und Texter geht mit diesem Band somit zum ersten Mal in dieser Reihe wirklich deutlich neue Wege, denn ältere Bände sind in der Handlung nicht so sehr ausgeweitet worden (aber auch nicht immer hundertprozentig werktreu).

Action oder Gewaltanwendungen gegen Menschen gibt es keine, jedoch Szenen, in denen Tiere zu Schaden kommen (eine Kuh wird geköpft und zwei Hunde erschossen). Das bedeutet dann konkret, dass der Horror, der sich vielerorts andeutet, subtil in Szene gesetzt wird, was Gou Tanabe auch hervorragend gelungen ist! So richtig wird sich die Geschichte aber wohl erst im zweiten Band entfalten. Nochmal ein Wort zu den Schwarz-Weiß-Zeichnungen: Diese transportieren gerade wegen ihrer Grauschattierungen die Stimmung der Geschichte gut. Ob diese so gut  herübergekommen wäre, wenn die Illustrationen in Farbe gezeichnet worden wären, zweifle ich an.

Fazit: Die Umsetzung durch Gou Tanabe ist auch mit diesem Band kongenial gelungen! Die Qualität der Zeichnungen und die dichte Atmosphäre wissen wieder einmal zu überzeugen. Ein würdiger Auftakt der Adaption eines der Meisterwerke von H. P. Lovecraft. Man darf sich auf die Bände 2 & 3 freuen!

H. P. Lovecrafts Das Grauen von Dunwich 1
Manga
Gou Tanabe
Carlsen Manga 2024
ISBN: 978-3-551-80112-8
216 S., Softcover, deutsch
Preis: 14,00 EUR

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