Gruselkabinett 186: Der Ghoul

Die Reihe „Gruselkabinett“ hat sich schon mehrfach die Geschichten klangvoller Autorennamen vorgenommen. Nun erweitert also E. T. A. Hoffmann die Vielfalt der Reihe. Wie gelungen ist die Umsetzung?

von André Frenzer

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann war ein vielseitiges Talent. Sein Wikipedia-Eintrag führt ihn als bedeutenden Schriftsteller der Romantik ebenso wie als Jurist, Komponist, Kapellmeister, Musikkritiker, Zeichner und Karikaturist. Unzweifelhaft bleiben seine Gespenstergeschichten aus dem 18. Jahrhundert ähnlich einflussreich wie Goethe oder Kafka. Marc Gruppe wählte nun „Der Ghoul“ aus dem umfangreichen literarischen Fundus Hoffmanns für sein „Gruselkabinett“ aus.

Für den jungen Grafen Hyppolit scheint es gut zu laufen. Nach dem unverhofften Tode seines Vaters kehrt er in sein elterliches Heim zurück und widmet sich fürderhin mit Inbrunst zunächst der Renovierung des Schlosses. Dann tritt auch noch – scheinbar durch Zufall – eine junge Frau in sein Leben, welche sein Herz im Sturm zu erobern vermag. Dass deren Mutter, die alte Baroness, von seinem Vater stets verhasst wurde und dass sein bester Freund und Ratgeber, sein alter Oheim, ihn eindringlich vor der Hochzeit mit der jungen Aurelie warnt, ficht den jungen Grafen nicht weiter an. Doch dann muss er feststellen, dass seine Braut in den Nächten einem unheimlichen Drang zu folgen scheint.

„Der Ghoul“ ist eine sehr klassische Gespenstergeschichte voller sattsam bekannter Motive. Auch finden sich wenige überraschende Wendungen oder größere Variationen bekannter Versatzstücke in der Handlung wieder. Dennoch – oder vielleicht auch gerade deswegen – ist „Der Ghoul“ eine sehr atmosphärische, gut erzählte Geschichte, welche den Niedergang des Grafen gekonnt porträtiert. Das Drehbuch Marc Gruppes wird der Vorlage dabei auf vielfältige Weise gerecht, nicht zuletzt in der oft wunderschön gestelzten Sprache, welche die verschiedenen Protagonisten an den Tag legen dürfen. Hier wurde auf oft auf eine Modernisierung verzichtet, was der altertümlichen Stimmung des Hörspiels sehr gut zu Gesicht steht.

Daneben schaffen es auch die verschiedenen Sprecher gekonnt, den Hörer in den Bann der Geschichte zu ziehen. Ob es die sattsam bekannte Stimme eines Jürgen Thormanns, welcher den alternden Oheim geben darf, oder die jugendlich klingenden Jesse Grimm (Graf Hyppolit) oder Uschi Hugo (Aurelie) sind: Die Rollen in diesem Kammerspiel sind hervorragend besetzt. Besonders lobend erwähnen möchte ich aber an dieser Stelle Arianne Borbach, welche die alte Baroness derart überzeugend darstellt, dass man sofort ein Gesicht vor Augen hat, wenn man ihrer Stimme lauscht. Die gewählten Musikstücke und Toneffekte unterstreichen die Atmosphäre des Stückes. Technisch ist damit, wie so oft in dieser Reihe, kein Haar in der Suppe zu finden.

Auf den ersten Blick ein wenig ungewöhnlich, gerade wegen dem vordergründig klaren und sauberen Strich, der dennoch mit vielen, erst auf den zweiten Blick erkennbaren Details aufwartet, ist das Coverbild. Dieses stammt dieses Mal von Osman Askin und unterscheidet sich en Detail von den anderen Coverbildern der Reihe, weiß aber durchaus zu gefallen.

Fazit: Ohne viele Schnörkel in der Handlung werden sattsam bekannte Geistermotive zu einer atmosphärisch dichten Geschichte verwoben, welche in ein hervorragendes Hörspiel umgesetzt wurde. Empfehlenswert.

Gruselkabinett 186: Der Ghoul
Hörspiel nach einer Erzählung von E. T. A. Hoffmann
Marc Gruppe
Titania Medien 2023
ISBN: 978-3-7857-8599-7
1 CD, ca. 57 min., deutsch
Preis: 8,49 EUR

bei amazon.de bestellen