Grenzgänger

Der Caedwin Verlag bringt nunmehr schon seit mehreren Jahren Abenteuer für das RSP-System „Midgard“ heraus. Die Abenteuer haben zumeist einen einfachen Hintergrund und sind daher auch problemlos auf andere System übertragbar. Auch Grenzgänger setzt dieses Konzept fort.

von Reinhard Kotz

 

I. Aufmachung

Das Buch erscheint in einem zeitgemäßen Design, hat ein sehr übersichtliches Layout und ist zahlreich bebildert. Besonderst gut gefallen mir die Karten. Der Text wird oft durch eingeschobene Kästchen ergänzt, die allgemeine Zusatzinformationen zu Land und Leuten bieten, doch leider sind die Kästchen nicht immer optimal eingefügt. Erfreulich ist hingegen, dass zu den Abenteuer zahlreiche Musiktipps von bekannten Soundtracks wie „Braveheart“ oder „Pakt der Wölfe“ angegeben werden.

II. Die Abenteuer

Kainnet Rathgar – Familienfluch

Das erste Abenteuer spielt in Alba, einem schottisch angehauchten rauen Landstrich im hohen Norden, der von zahlreichen Clans beherrscht wird. Die Charaktere erhalten den Auftrag, eine adlige Göre sowie eine Botschaft nach Clynelish zu bringen. Der erste Teil des Abenteuers ist eine Reise durch den feindlichen Winter von Alba. Doch abgesehen von einer atmosphärisch ergreifenden Begegnung mit einer verhungerten Familie, wird hier wenig Spektakuläres geboten.

Am Ende der Reise stehen die Charaktere vor den Toren von Clynelish. Hier ist ein furchtbares Unglück geschehen. Im zweiten Teil gilt es nun herauszufinden, was an diesem unglücksseligen Ort geschehen ist und wer dafür verantwortlich ist. Dabei können die Charaktere auf ein lang gehütetes Geheimnis stoßen. Im Großen und Ganzen bietet auch dieser Teil nicht viel Neues, da alles irgendwie schon einmal da war. Obwohl das Abenteuer einen stimmigen Hintergrund besitzt, halte ich es für schwer, die Atmosphäre auf die Gruppe zu übertragen.

Der Teufel soll euch holen

Das zweite Abenteuer (20 Seiten) ist schon mehr nach meinem Geschmack. Als die Charaktere auf ihren Reisen durch ein kleines Dörfchen kommen, werden sie Zeugen, wie ein Adliger aus Versehen ein Kind überreitet und schwer verletzt zurücklässt. Als sie sich am nächsten nach dem Wohlbefinden des Kindes erkundigen, erfahren sie von den verängstigten Eltern, dass das Kind nachts aufstanden sei und die Hütte verlassen habe. Es habe sie dabei mit seltsamen Augen angeschaut. Die Aufgabe der Charaktere ist es nun herauszufinden, was hier faul ist.

Das Abenteuer hat einige kleinere logische Schwächen, die sich jedoch beseitigen lassen. Dafür wartet es mit einigen sehr stimmungsvollen Begegnungen auf, die sich gut in Szene setzen lassen.

Grenzgänger

Das dritte Abenteuer ist mit 43 Seiten das längste und zugleich Namensgeber für das Gesamtwerk. Auf ihrer Reise durch Clanngadarn, kehren die Charaktere über Nacht bei einer Einsiedlerin ein. Während sie schlafen, verschwindet einer Ihrer Gefährten (ein NSC). Auf der Suche nach ihm gelangen sie in das kleine Dörfchen Llanelli. Auch dort haben sich seltsame Dinge ereignet. Am See fand man einen Toten mit abgeschlagenen Kopf. Zudem sah man in der Nähe eine seltsame Gestalt mit Bocksbeinen.

Bei ihren weiteren Ermittlungen stoßen die Charaktere auf die Spuren eines Koboldvolkes und können über ein magisches Portal sogar deren Heimatwelt besuchen. Dort haben sie einige Abenteuer zu bestehen, ehe sie zurück können, um den wahren Bösewicht hinter der Geschichte zu stellen.

Diesem Abenteuer merkt man positiv an, dass es von einer Frau geschrieben worden ist. Mit Waffengewalt kommt man nicht weit, stattdessen stehen Phantasie und echtes Rollenspiel im Vordergrund. Die Spieler werden mit zahlreichen Situationen konfrontiert, in denen sie nur mit Kreativität, Phantasie und Witz bestehen können. Phasenweise wird das Abenteur sogar sehr märchenhaft. Wem dies zusagt, wird mit „Grenzgänger“ sehr viel Spaß haben.

Das Grauen von Vigales

Das letzte Abenteuer (34 Seiten) erinnert sehr start an den Film „Pakt der Wölfe“ (nicht nur, was die Musiktipps anbelangt). In Vigales, einem spanisch angehauchten Landstrich, geht eine furchtbare Bestie um, der schon mehrere Bürger zum Opfer gefallen sind. Die Charaktere werden daher vom Fürsten von Vigales beauftragt, die Bestie zu töten. Doch wie sich bald herausstellt, sind sie nicht die Einzigen, die sich mit der Sache beschäftigen. Gleich mehrere Parteien haben ihre Finger im Spiel und es nicht immer klar, welche Ziele diese verfolgen.

Bei Ihren Nachforschungen stoßen die Charaktere schließlich auf die Spur eines bereits verhafteten Magiers, über den sie in die geheimen Katakomben des Monsters gelangen können. Das Abenteuer ist sehr frei gehalten, sodass man als Spielleiter auch gut eigene Ideen einbringen kann. Zudem findet man ausreichende Informationen über die Dörfer und Städte von Vigales.

Fazit: Alle Abenteuer haben eines gemeinsam: Sie sind auf Stimmung und Flair angelegt. Zudem bieten sie einen umfangreichen Hintergrund, der bisweilen auch sehr ins Fantastische reicht. Dadurch, dass die Abenteuer meist in kleinen, abgelegenen Siedlungen spielen und keinen politischen Bezug haben, sind sie auch problemlos in jedes andere RSP-System übertragbar. Wer also an vier stimmungsvoll ausgearbeiteten Abenteuern interessiert ist, der kann hier bedenkenlos zugreifen.

Dieser Artikel erschien usprünglich im Rollenspielmagazin Envoyer.


Grenzgänger
Abenteuerband
Ulf Straßburger, Christian Effner, Katharina Prinz, Thomas Losleben
Caedwyn Games 2005
ISBN: n.a.
126 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 17,00

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