Der Brite Terry Pratchett ist vor allem für seine „Scheibenwelt“-Romane bekannt, von denen inzwischen auch gut 30 in deutscher Übersetzung vorliegen. Die auf dem Rücken einer gigantischen Schildkröte spielenden, humorvollen Geschichten sind von reichlich skurrilen Gestalten bevölkert. Man denke nur an den dilettantischen Zauberer Rincewind, den greisen Barbaren Cohen, die Stadtwachen Colon und Nobbs oder den Troll Detritus. Das Pratchett‘sche Universum gibt aber noch weitaus mehr her, als „bloß“ die Scheibenwelt. Und vier dieser Geschichten finden sich auf der vorliegenden CD aus dem Hörverlag, übersetzt von Andreas Brandhorst, seines Zeichens selbst Autor und traditioneller Pratchett-Übersetzer.

Gleich die erste der vier Geschichten, die sowohl diesem Hörbuch als auch einer Kurzgeschichtensammlung, in der sie schon vor ein paar Jahren erstmals auf deutsch erschienen war, den Namen gab, ist eine „Scheibenwelt“-Geschichte aus dem Jahre 1993, in dem neben den beiden oben schon erwähnten Wachleuten auch noch Korporal Karotte und Hauptmann Mumm vorkommen. Einen mysteriösen Mord gilt es aufzuklären, doch während Nobby und Colon noch im Dunkeln tappen, die Leiche verhaften und eine zur Strangulation verwendete Wurstkette auffuttern wollen, hat sich schon der äußerst fleißige und gewissenhafte Karotte dem Fall um einen leb- und talentlosen Schausteller mit Tierbisswunden gewidmet.

Die zweite Geschichte mit dem seltsamen Titel „#ifdefDEBUG + world/enough“ + „time““ stammt aus dem Science-Fiction-Genre, in dem Pratchett bisher ja durchaus schon mehr als nur ein kurzes Gastspiel gab. Man denke nur an „Strata“ und „Die dunkle Seite der Sonne“. Hier geht es erneut um einen Toten, vielleicht auch einen Mord. Das Cyber-Zeitalter und virtuelle Realitäten stehen im Zentrum.

„Hollywood-Hühner“ ist dann eher ein Bericht über eine seltsame Hühnerlebensgemeinschaft, die sich auf einer Insel inmitten von Highway-Spuren in der Nähe von Los Angeles einnisteten, nachdem sie von einem Viehtransport gefallen waren, und die sich im Laufe der Jahre nicht nur vermehrten, sondern auch auf höchst seltsame Weise in ihrem Verhalten änderten.

Letztendlich findet sich mit „Die Weihnachtsfestplatte“ noch eine kleine Hommage an den Weihnachtsmann. Verbittert darüber, dass die Kinder sich heutzutage ja eh nur noch blinkendes Elektrospielzeug von ihm wünschen, ohne überhaupt an ihn zu glauben, findet dieser in einem naiven kleinen Computer einen glühenden gläubigen Verehrer, dem er die Weihnacht denkwürdig verschönern kann.

Im Gegensatz zum reißerischen Klappentext findet sich auf diesem Hörbuch eher eben nicht ein Feuerwerk an Gags, Slapstick und Irrwitz. Vielmehr schlagen eigentlich fast alle vier Geschichten eher leise Töne an, sodass erst beim zweiten Hinhören oder genaueren Drübernachdenken auch geschmunzelt werden kann. Überhaupt liegt Pratchetts Humor genau dann richtig, wenn er auch ein wenig weh tut. Schenkelklopfen ist nicht seine wahre Stärke, vielmehr erreicht Pratchett seine höchste Form, wenn er uns Menschen einen Zerrspiegel vorhält, in dem wir zwar als Zauberer, Zwerge oder Trolle erscheinen, aber die menschlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten in hohem Maße überzeichnet ad absurdum geführt werden.

Dafür ist Christian Tramitz in der Tat ein begnadeter Pratchett-Interpret. Er schafft es hervorragend, mit Veränderung von Stimmlage und Intonation den skurillen Scheibenweltbewohnern, einem träumerischen Computer oder dem Weihnachtsmann Gestalt zu verleihen.

Fazit: „Gefährliche Possen“ ist sowohl für Pratchett-Fans als auch für Tramitz-Fans unbedingt empfehlenswert. Viele bessere Interpreten für Pratchett hätte ich mir auch nicht wünschen können. Für viele wird dieses Hörbuch die erste Gelegenheit sein, noch etwas anderes als die Scheibenwelt kennen zulernen. Diese Gelegenheit sollte man nutzen.