Eagle Eyes – In den Schatten Roms

Wenn der amerikanische Krimiautor Dashiell Hammett und der antik-römische Geschichtsschreiber Sallust zusammengearbeitet hätten, dann wäre vielleicht so etwas wie „Eagle Eyes – In den Schatten Roms“ dabei herausgekommen: Noir-Geschichten in einem ans Römische Reich angelehnten Setting.

von Bastian Ludwig

Das kleine Heftchen „Eagle Eyes“ beschreibt eine Abenteuerwelt für das Universalrollenspielsystem „Fate“, genauer, für dessen vereinfachte Variante „Turbo-Fate“. „Fate“ setzt auf ein narratives Rollenspielerlebnis; komplexe Regeln, lange Zahlentabellen und Würfelproben spielen, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle.

Dazu passend bereitet „Eagle Eyes“ dem Leser das Szenario als interessante Spielwiese auf und bringt ihm die Figuren näher, die sich darauf tummeln. Die Spieler übernehmen die Rollen sogenannter Adler, im Geheimen operierender Agenten, die für den römischen Senat in den politischen Wirren der untergehenden Republik Aufklärungs-, Vertuschungs- und Beseitigungsmissionen erfüllen.

Natürlich versucht „Eagle Eyes“ nicht, eine authentische Römische Republik darzustellen. Stattdessen werden Versatzstücke, durchaus auch aus verschiedenen Abschnitten der römischen Geschichte, zu einem auf gute Bespielbarkeit ausgelegten Fantasie-Rom zusammengesetzt, wobei Autor Pete Woodworth sich sichtlich Mühe gibt, historische Fakten stimmungsvoll einzubauen. Ergänzt wird das Ganze durch eine Portion Noir, also der düsteren Spielart des Krimis, die mit Motiven wie der Stadt als Sündenpfuhl, dem desillusionierten Ermittler, der Femme fatale, Gewalt, Korruption und Pessimismus arbeitet; ein cleverer Ansatz, passen diese Elemente doch ausgezeichnet auf die Megametropole Rom um die Zeitenwende, das pulsierende Zentrum einer sich im Todeskampf windenden Demokratie. Die dritte Zutat in diesem Gebräu von Sandalenfilm und Noir-Krimi ist eine Prise Agententeam-Thriller. Das liegt vor allem daran, dass ein Rollenspiel fast notgedrungen auf eine Protagonistengruppe setzen muss, im Fall von „Eagle Eyes“ sogar auf eine Gruppe, die mit dem Senat ein einflussreiches politisches Organ im Rücken hat, also zum System gehört, wo der Noir-Krimi eher mit dem einsamen Helden arbeitet, der allein auf weiter Flur gegen die Mächtigen kämpft.

Das Heft ist dünn, sodass es all diese Aspekte natürlich nur anreißen kann, trotzdem gelingt es Woodworth, sein Setting mit wenigen Pinselstrichen so zu umreißen, dass man ein Gefühl für das Szenario bekommt. So entsteht eine unverbrauchte Spielwelt abseits dem alles andere überstrahlendem Rollenspieltriumvirat aus Fantasy, Science-Fiction und Postapokalypse.

„Eagle Eyes“ enthält neben der Beschreibung des Szenarios und einem Spaziergang durch das antike Rom Hinweise zur Charaktererschaffung und zu Regeln, die von den Standardregeln von „Turbo-Fate“ abweichen, wobei diese überschaubar sind. Zum Schluss gibt es dann noch Tipps, wie man ein Abenteuer aufbauen kann, wobei es hier eher um kurze, knackige Missionen der Adler geht, nicht um komplexere Kampagnen. Für die muss man deutlich mehr Eigeninitiative investieren.

Das Heft ist in der Aufmachung schlicht gehalten, die von Übersetzer Alexander Klein atmosphärisch verfassten Texte sorgen aber dafür, dass man Spaß beim Schmökern hat. Toll sind auch die zahlreichen, von Arthur Asa schön gestalteten Illustrationen, die einen farbenfrohen Eindruck vom Rom, wie es sich in „Eagle Eyes“ präsentiert, vermitteln.

Fazit: Ein frisches Szenario, knapp, aber doch plastisch dargestellt und gut geschrieben: „Eagle Eyes – In den Schatten Roms“ ist ein wunderbarer Weltenband für „Turbo-Fate“.

Eagle Eyes – In den Schatten Roms
Quellenbuch (Abenteuerwelt für „Turbo-Fate“)
Pete Woodworth
Uhrwerk Verlag 2017
ISBN: 978-3-958670-78-5
64 S., Softcover, vierfarbig, deutsch
Preis: EUR 14,95

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