DungeonQuest – Neuauflage

Früher war einfach alles härter! In den „Fighting Fantasy“-Abenteuerspielbücher lauerte der Tod in jedem dritten Abschnitt. „Dungeons & Dragons“ spielte der Spielleiter noch gegen die Spieler. Und Brettspiele waren nicht kooperativ, sondern ein gnadenloser Wettstreit. Im Fall von „DungeonQuest“ waren sie obendrein absolut unfair, total glückgesteuert und bockschwer. Nach Jahren des Gruppenkuschelns im Genre wird der Ruf nach der Retro-Erfahrung in der letzten Zeit immer lauter. FFG hat ihn erhört und bringt uns „DungeonQuest“ in einer Neuauflage zurück.

von Frank Stein

Dreißig Jahre hat „DungeonQuest“ mittlerweile auf dem Buckel. Ursprünglich 1985 von Brio AB in Schweden als „Drakborgen“ veröffentlicht, kam es unter anderem als „Drachenhort“ von Schmidt Spiele nach Deutschland und als „DungeonQuest“ von Games Workshop nach Großbritannien. Die 2. Edition unter dem Namen „Drakborgen Legenden“ erschien 2002 nur in Schweden. 2010 ging die Lizenz an Fantasy Flight Games in den USA, die noch im selben Jahr eine optisch aufgebohrte und regeltechnisch verfeinerte 3. Edition veröffentlichen. Der Heidelberger Spieleverlag brachte das Spiel auch auf Deutsch heraus. 2014 dann erschien im Frühjahr eine „Revised Edition“, im Herbst erneut von den Heidelbergern als „Neuauflage“ nach Deutschland gebracht. Um dieses Spiel geht es hier.

In „DungeonQuest“ übernehmen 1 bis 4 Spieler je einen Helden, um mit diesem dann einen klassischen Dungeon-Crawl zu bestreiten. Von einem Eingangsturm in den vier Ecken des schachbrettartigen Spielbretts ausgehend, bewegt man sich Zug um Zug durch ein modulares und mithilfe von verdeckt gezogenen Raumplättchen gebildetes Verlies, in der Hoffnung, bei Begegnungen und Suchaktionen möglichst viel Beute zu machen, ohne dabei von Fallen und Monstern umgebracht zu werden. Nahe liegendes Ziel jedes Helden ist natürlich der Drachenhort in der Mitte des Spielbretts, denn dort warten sagenhafte Schätze, die einem den Spielsieg sichern können. Allerdings muss man stets auch noch seinen Weg aus dem Dungeon hinaus finden – und die Zeit läuft auf einer Sonnenleiste am Spielfeldrand gnadenlos mit, denn nur bei Tag kann man das Dungeon halbwegs gefahrlos (hüstel) durchstreifen.

Hält man sich noch im Inneren auf, wenn sich die Türen für die Nacht automatisch schließen, ist man sofort tot. Ebenso, wenn man seine Probe auf Gewandtheit (eines von vier Helden-Attributen) verzockt und in einen Abgrund fällt. Oder wenn man sich Dank eines Drehbodens in ein totes Endstück des Dungeons bewegt. Oder wenn einen Monster fressen. Oder Fallen mit Giftpfeilen spicken. Ist das Spiel wirklich so krass? Oh ja! In vielen Partien wird es daher gar nicht darum gehen, welcher Held mit dem meisten Gold das Dungeon verlässt, sondern wer überhaupt dieses Labyrinth der 1000 Gefahren überlebt. Das darf man nicht persönlich nehmen. Unerwartete und womöglich tödliche Hindernisse kurz vor dem sicher geglaubten Sieg gehören zu „Dungeon Quest“ einfach dazu und machen einen gehörigen Reiz dieses kurzweiligen Spiels aus. Frei nach dem Motto: Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen.

Die Regeln sind sehr eingängig und binnen Minuten verinnerlicht, was auch daran liegt, dass FFG das Regelwerk erneut so knapp wie möglich gehalten hat, während ein zweites Referenzdokument zum Nachschlagen vorliegt. Manchem werden die Mechanismen fast zu schlicht sein. So werden etwa Kämpfe in der „Neuauflage“ quasi nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip durchgeführt und sind daher ebenso glücksabhängig wie das Vordringen über zufällig gezogene Raumplättchen oder das Durchsuchen von Räumen, das Plündern von Leichen früherer Helden und das Knacken von Türen mithilfe von verdeckt gezogenen Spielkarten. Aber, he? Wer hat gesagt, dass das Leben fair wäre?

Über das Spielmaterial muss man im Fall eines FFG/Heidelberger-Spiels eigentlich kaum noch etwas sagen. Das Spielbrett besteht aus stabiler Pappe, ebenso alle Spielplättchen. Das Design ist gelungen, die zahlreichen Spielkarten werden fast durch die Bank von hübschen Illustrationen aufgewertet, deren Motive allerdings einmal mehr aus der Welt von Terrinoth stammen, dem hauseigenen Fantasy-Setting von FFG (man kennt die Welt aus „Runebound“, „Descent“, „Runewars“ und anderen Spielen). Die sechs Helden kommen als hübsch gegossene Miniaturen daher, die vielleicht nicht TableTop-Niveau haben, aber trotzdem gut aussehen. In diesem Punkt geben sich die Macher wieder einmal keine Blöße.

Wer übrigens die 3. Edition besitzt, muss nicht auf die „Neuauflage“ umsteigen. Im Internet gibt es die geänderten Regeln und die angepassten Spielmaterialien (das betrifft vor allem die Heldenbögen und die Kampfkarten) auch zum kostenlosen Download; allerdings nur auf Englisch. Viel hat sich ohnehin nicht geändert. Der Kampf wurde vereinfacht – was gar nicht unbedingt eine gute Änderung war. Man kann jetzt in jeder Kampfrunde fliehen. Man darf jeden Raum nur noch einmal durchsuchen, nicht mehrfach. Entschlossenheitsmarker – die man für misslungene Würfelwürfe bekommt und die kommende Würfelwürfe erleichtern – dürfen nun gesammelt werden. Sie verfallen nicht mehr am Ende einer Begegnung und sie sind auch nicht fest an eines der vier Attribute des Helden gebunden. Und zu guter Letzt erlaubt die Torchlight-Spielvariante ein etwas planvolleres Vorgehen, weil man in dieser sehen kann, welche Räume sich an den Raum anschließen, den man zu Beginn seines Zuges betreten hat. Das ist größtenteils Kosmetik und findet sich teilweise sogar bereits in den Spielvarianten der 3. Edition wieder.

Fazit: „DungeonQuest“ ist ein schneller und witziger Dungeon-Crawler für Spieler, die sich und Brettspiel-Partien nicht allzu ernst nehmen. Wer auf Taktieren steht und unbedingt gewinnen möchte, der ist hier völlig falsch. Hier geht es ums nackte Überleben, und darum, wie einem das Spiel in den unpassendsten Momenten tödliche Hindernisse in den Weg legt. Das ist kurzweilig und ein echter Spaß, allerdings kein Dauerbrenner. Dafür ist die Kartenauswahl – trotz der Menge an Karten – dann doch zu begrenzt, und die Spieltiefe ist – etwa im Vergleich zum missionsbasierten Vorzeige Dungeon-Crawler „Descent“ – zu gering. Im Gegenzug punktet „DungeonQuest“ durch schlanke Regeln und eine mit ca. 45 Minuten kurze Spieldauer. Als Absacker (oder auch als Einstiegsdroge für Spieler, die mit Genre-Spielen bislang wenig Erfahrung gemacht haben) auf alle Fälle zu empfehlen.


DungeonQuest – Neuauflage
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren
Jakob Bonds, Dan Glimne, Gustav Bonds
Heidelberger Spieleverlag 2014
EAN: 4015566021341
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 44,95

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