Dune – Imperium

Die Neuverfilmung des Science-Fiction-Roman-Epos „Dune“ von Frank Herbert durch Denis Villeneuve wird allerorten als (mindestens visuelles) Meisterwerk gefeiert. Dass die Macher mit dem Film groß durchstarten wollten, zeigte sich auch an der Lizenzpolitik. Selten gab es direkt zum Filmstart gleich ein Rollenspiel und vier Brettspiele. „Dune – Geheimnisse der Häuser“ haben wir schon vorgestellt, nun ist „Dune – Imperium“ an der Reihe, das Spieler in der Rolle von Hausanführern in den Wettstreit um die Vorherrschaft auf dem Wüstenplaneten Arrakis wirft.

von Frank Stein

„Dune – Imperium“ ist ein Spiel für 1 bis 4 Spieler ab 13 Jahren, das Deck-Buildung- und Worker-Placement-Mechanismen miteinander kombiniert, zwei sehr beliebte Spielmechanismen gerade unter Vielspielern, die gern taktieren. Jeder Spieler übernimmt einen von zwei Anführern eines Hauses, also beispielsweise Herzog Leto Atreides oder Baron Vladimir Harkonnen, und wird dann versuchen, durch den geschickten Einsatz von Handkarten und Agenten auf dem Spielplan Siegpunkte zu sammeln. Wer am Ende einer Runde 10 oder mehr errungen hat, der hat gewonnen. Arrakis gehört ihm.

Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler zwei Agenten sowie ein Startdeck aus 10 sogenannten Imperium-Karten. Außerdem Kontrollmarker, einen Kampfmarker und 16 Würfel, die als Soldaten dienen. Figuren und Würfel bestehen aus Holz und sind recht schlicht, was aber völlig ausreicht für diese Art von Spiel. Wäre „Dune – Imperium“ bei Kickstarter erschienen, wären vermutlich alle Einheiten Plastikminiaturen gewesen, und das Ganze hätte 50 Euro mehr gekostet. Unnötig. Alle Marker – egal ob aus Holz oder Pappe – sind absolut funktional und sehen gut genug aus. Die Spielkarten und Anführerkarten sind sogar ausnehmend atmosphärisch mit Illustrationen versehen, die an die Optik des neuen Films angelehnt ist. Das macht sich schick auf dem Tisch und ist vom Layout und der Übersichtlichkeit so gut gelungen, dass man schnell verinnerlicht hat, welche Symbole was bedeuten.



Das Spielprinz ist extrem eingängig. Zu Beginn einer Runde wird eine Karte vom Konfliktstapel aufgedeckt. Diese gibt die Belohnungen für einen Sieg im Kampf (Phase 3) in dieser Runde an. Außerdem zieht man fünf Karten von seinem Imperiums-Kartenstapel auf die Hand. Danach folgen die Spielerzüge im Uhrzeigersinn, beim Startspieler beginnend. Ist man am Zug, kann man entweder einen Agentenzug durchführen oder einen Aufdeckzug. Bei einem Agentenzug muss man eine der Handkarten auslegen. Diese gibt durch Symbole nicht nur an, auf welche Art von Felder der eigene Agent gestellt werden darf. Sie bietet zusätzlich manchmal einen Effekt im „Agentenbereich“ der Karte, der ausgelöst wird, etwa das Angebot, Truppen für Spice zu kaufen.

An Feldern gibt es einerseits Kampfschauplätze auf Arrakis, andererseits vier Fraktionen (Haus Corrino, dem der Imperator angehört, die Raumgilde, den Bene-Gesserit-Orden und die Fremen) sowie den Landsraad und die MAFEA (die größte Handelsorganisation). Je nachdem wo man seinen Agenten platziert, erhält man Ressourcen (Wasser, Spice, Solari), kann Soldaten rekrutieren, darf Intrigenkarten (spezielle Effektkarten) ziehen, zusätzliche Imperium-Karten vom eigene Stapel auf die Hand nehmen usw. Die Fraktionsfelder lohnen sich dabei doppelt, denn man gewinnt bei Besuchen einer Fraktion dort Einfluss, was nach zwei beziehungsweise vier Punkten mit einem Siegpunkt belohnt wird. Die Arrakis-Felder verstärken dagegen zusätzlich die eigenen Militärpräsenz auf dem Wüstenplaneten, was dann wichtig in Phase drei, dem Kampf wird. Wichtig noch: Natürlich braucht man nicht nur das passende Symbol eines Felds, um dort einen Agenten platzieren zu dürfen, man muss auch die Feldkosten bezahlen, je nach Ort Wasser, Spice oder Solari. Mangelverwaltung gehört also auch zum Spiel dazu.

Hat man keine Agenten mehr übrig, folgt der Aufdeckzug, bei dem der Spieler alle verbliebenen Handkarten aufdeckt und die Aufdeck-Effekte abhandelt. Man bekommt hier etwa Ressourcen, außerdem Kampfstärke (für Phase 3) und Überzeugung, von der man sich aus der Auslage oberhalb des Spielplans neue, stärkere Imperium-Karten kaufen darf, die das eigene Deck spürbar aufwerten. Danach kommen alle Karten der Runde auf den Ablagestapel.



In Phase 3 folgt der Kampf. In jeder Spielrunde wird um ein Gebiet gekämpft. Um hier zu triumphieren (was ebenfalls Siegpunkte einbringt und einem die Kontrolle über das Gebiet verleiht), muss man genug Soldaten auf Arrakis haben, denn diese erhöhen die Kampfstärke in einem Konflikt, ebenso wie passende Intrigenkarten oder Karten, die im eigenen Aufdeckzug ausgelegt wurden. Dann wird schlichtweg ausgezählt. Der Spieler mit der höchsten Kampfstärke gewinnt. Je nach Spieleranzahl werden auch Zweit- und Drittplatzierte belohnt. Nur ein Spieler geht jeweils völlig leer aus. In Phase 4 „Sandwürmer“ entsteht neues Spice auf bestimmten Feldern. Und in Phase 5 „Rückruf“ werden die Agenten zurückgeholt und der Startspieler-Marker weitergegeben – sofern niemand bereits 10 Siegpunkte errungen hat.

Der ganze Mechanismus ist wirklich gut und einfach zu begreifen. Ein beispielreiches Regelwerk, das dennoch mit 16 Seiten auskommt, wovon nur 8 Seiten echte Regen sind, erleichtert zusätzlich den Einstieg ins Spiel. Dennoch ist das Spiel eher für Kenner als für Kinder gedacht! Durch die enge Verzahnung der Mechanismen und den kompetitiven Charakter muss man wirklich knobeln, was man mit seinem Zug anstellt. Denn gefühlt fehlt es immer an irgendetwas, entweder an Ressourcen oder Soldaten oder schlicht an Siegpunkten.



„Dune – Imperium“ wird regulär zu dritt oder zu viert gespielt. Im Solo-Modus oder zu zweit kommen zusätzliche „Haus-Hagal-Karten“ ins Spiel, ein automatisierter Gegner, für den es auch zwei eigene Regelblätter gibt. Bemerkenswerterweise agieren diese Karten sehr unterschiedlich in den zwei Spielvarianten. Im Spiel zu zweit ist der „Rivale“ Haus Hagal vor allem ein Störfaktor. Die Karten entsenden Agenten und blockieren damit Felder. Und sie nehmen an Konflikten teil und rauben damit gegebenenfalls Belohnungen. Das ist etwas nervig, aber kaum spielentscheidend. Im Solo-Modus dagegen werden zwei reguläre Hausanführer-Karten ausgelegt, die durch die Haus-Hagal-Karten gesteuert werden. Die sind durchaus bestrebt, Siegpunkte zu sammeln, etwa indem sie Gunst bei Frakionen erwerben und gesammelte Ressourcen gegen Siegpunkte eintauschen. Diese Gegner darf man nicht zu sehr auf die leichter Schulter nehmen, sonst ziehen sie auf der Siegpunkteleiste schwungvoll davon.

Fazit: „Dune – Imperium“ sieht nicht nur sehr schick auf dem Tisch aus, es spielt sich auch wirklich gut und bleibt in der Regel bis zum Schluss spannend. Wer gewinnt, entscheidet sich auf den letzten Metern. Die Spielmechanismen fordern ständige Entscheidungen ab und sind sehr gelungen miteinander verzahnt – auch wenn sie für sich genommen jetzt nichts Neues sind. Deck Building und Worker Placement kennt man aus diversen Spielen, wenngleich mir bislang keins untergekommen ist, das beide Aspekte verbindet. Wer gerne kompetitive Eurogames spielt und vielleicht noch eine Affinität zum „Dune“-Setting hat, kommt hier voll auf seine Kosten.

Dune – Imperium
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 13 Jahren
Paul Dennen
Dire Wolf/Asmodee 2021
EAN:
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 49,99

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