Aventurien, eine fantastische Welt voller Magie, Drachen, Orks, Elfen, Zwerge und fremder Wesenheiten. Eine Welt der ganz großen Abenteuer. Was den Hörer hier erwartet, dürfte also klar sein. Denkste! Die Kurzgeschichte „Der Göttergleiche“ geht ganz andere Wege. Ulrich Kiesow, der 1997 verstorbene Erfinder Aventuriens, beschränkt seine Geschichte auf einen einzigen Schauplatz: eine kleine Schänke im Nirgendwo.

Thornhild, eine Thorwalerin, und ihr Begleiter Dajin heuern als Söldner bei einer Karawane an, die auf ihrer Reise in ein Unwetter gerät. Schutz finden die Fuhrmänner in einer kleinen Schänke am Wegesrand. Dort taucht auch ein geistig zurückgebliebener Mann mit Begleitern auf, der schnell zum Objekt des Spotts wird. Als Thornhild und Dajin dann schlichtend eingreifen wollen, eskaliert die Situation.

Gesprochen wird dieses Hörbuch von Axel Ludwig, der schon in Hunderten Aufträgen sein Können unter Beweis stellen konnte. Und genau das tut er auch diesmal: Er verleiht jedem der Charaktere eine eigene Persönlichkeit, lässt die Figuren durch seine stimmliche Interpretation vor dem Auge des Hörers lebendig werden. Man scheint förmlich zu hören, dass er seine helle Freude daran hat, diese Geschichte zu präsentieren. Und dadurch springt der Funke schon nach wenigen Minuten über, der Hörer ist mittendrin, statt nur dabei.

Auf Musik wurde bei dieser Produktion komplett verzichtet, was stellenweise sicherlich etwas schade ist. Bei den nachfolgenden Hörbüchern des Horchposten-Verlags hat sich dies jedoch geändert, dort kann man zwischen den Kapiteln kurze musikalische Einspielungen genießen.

Die Wahl dieser Kurzgeschichte als Debüttitel ist sehr interessant und sollte hinterfragt werden. Zunächst einmal ist sie auch für „DSA“-Neulinge gut zu verstehen, da fast überhaupt nicht auf die Welt eingegangen wird, sieht man von ein paar Begriffen ab. Eine Geschichte aus der Feder von Ulrich Kiesow zu wählen, erscheint natürlich sinnvoll und durchaus angemessen. Nicht gleich mit einem Mammutprojekt zu starten, sondern den Markt zu testen, ist auch in jedem Fall zu verstehen.

Aber wenn man diese Geschichte hört, merkt man nach einiger Zeit, so gut sie auch vorgetragen sein mag, dass sie im Endeffekt ziemlich belanglos ist. Ein paar Betrunkene wollen einen Kampf zwischen Hund und Tanzbär sehen, eine junge Frau tanzt durch die Schänke und anschließend machen sich die Betrunkenen in noch stärker alkoholisiertem Zustand über einen Behinderten (sie nennen ihn den „Göttergleichen“, daher der etwas fehlleitende Titel) lustig. Einheit von Zeit und Ort mag sicherlich ein interessanter Ansatz sein, doch fehlt hier die interessante Ausführung. Erst kurz vor Ende des Hörbuches kommt es zu einer spannenden Szene, und kurz darauf ist schon wieder alles vorbei.

„Kino für die Ohren“ will der Horchposten präsentieren. Diesmal bleibt es jedoch eher bei einem gut aufgeführten Kammerstück.

In einem sehr schön gestalteten Digipack befindet sich neben der CD ein kleines Booklet, das in ansprechender Kürze Informationen zum Autor, seiner Welt Aventurien, dem Sprecher Axel Ludwig und dem Horchposten-Verlag vermittelt. Die Aufmachung des Produktes ist also durchweg als gelungen zu bezeichnen und dürfte kaum Wünsche offen lassen.

Fazit: Das Erstlingswerk des Horchpostens erweist sich in Aufmachung und Produktion als herausragende Arbeit. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass hier ein Verlag noch in den Kinderschuhen steckt. Bemerkenswert! Leider ist die Auswahl der Geschichte nicht ganz so glücklich verlaufen und über die Belanglosigkeit kann auch kein Axel Ludwig hinwegtäuschen. Für „DSA“-Fans zu empfehlen, ist dieses Hörbuch für Fantasy-Interessierte nicht unbedingt ein Pflichtkauf. Ganz im Gegenteil zu den Nachfolgern!