DSA 97: Satinavs Auge

In immer noch schöner Regelmäßigkeit bringt Fantasy Productions neue Romane aus der Spielwelt Aventurien heraus und gibt dabei auch vielen Jungautoren die Chance zur Bewährung. Tobias Radloff legt hier zwar seinen ersten Aventurien-Roman vor, konnte sich seine ersten Sporen aber schon mit verschiedenen Beiträgen zu Spielhilfen und Abenteuern verdienen. Hier lässt er das Mantel-&-Degen-Genre vor des Lesers Auge zum Leben erwachen.

von Ansgar Imme

 

Nachdem Tobias Radloff beim Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ („DSA“) zuletzt durch sein hervorragendes und von der Spielerschaft sehr gut aufgenommenes Piratenabenteuer „Klar zum Entern!“ auf sich aufmerksam gemacht hat, folgt nun in der Romanserie zur Spielwelt sein Beitrag zum Mantel-&-Degen-Genre.

Silvanessa, eine junge und oft noch ungestüme und heißblütige Fechterin der Horasgarde, steht aus ihrer Sicht kurz davor, in das so genannte Erste Banner aufgenommen werden, welches für den Schutz der Kaiserin sorgt und ein hohes Ansehen genießt. Als man ihr aber die Aufnahme verweigert, gibt sie ihrem Bruder die Schuld und stellt diesen auf einem Empfang der Ritter des Ordens vom Heiligen Blute, dem Hausorden der Kaiserin Amene-Horas, bloß.

Noch während des Streits der Geschwister wird der Empfang durch einige Spießgesellen gestört, welche die Gäste ausrauben, und der Bruder Silvanessas wird vor ihren Augen getötet. Der Halbelf Tasmario, der Anführer der Räuber, scheint der Mörder gewesen zu sein, und es gilt, ihn zu fassen. Der vermeintlich so einfach aufzuklärende Mord entpuppt sich aber schnell als Verwirrspiel, in das noch andere Parteien verwickelt sind und Silvanessas Nachforschungen stören.

Silvanessa muss sich mit dem tolpatischen Magieschüler Anconio zusammentun, mit dem sie die Spuren durch die Stadt Vinsalt aus der besten Gegend des Kaiserpalastes, über die Magierakademie, bis in die Armenviertel verfolgt. Der Komtur des Ordens vom Heiligen Blute, Gasto, und sein Handlanger Enato scheinen ihr helfen zu wollen, doch gleichzeitig ein doppeltes Spiel zu spielen und einiges vor ihr geheim zu halten. Allein ihr Degen und ihre Fechtkünste helfen Anconio und ihr in manchen Situationen aus dem Gröbsten heraus.

Als sie schließlich dem vermeintlichen Mörder Tasmario gegenübersteht, ihre Rache aber doch nicht üben kann, zudem der Meister Anconios auch in das Spiel verwickelt wird und Geheimnisse um einen Zeitfrevel ans Tageslicht kommen, droht ganz Vinsalt in den Abgrund zu stürzen. Plötzlich steht nicht mehr die Aufklärung eines Mordes, sondern die Verhinderung tausendfacher Tode im Mittelpunkt.

Der Autor und sein Werk

Tobias Radloff wird, außer den „DSA“-Spielern, vermutlich wenigen Lesern ein Begriff sein. Dies kann sich aber schnell ändern. Radloff ist dreißig Jahre alt und hat einige Beiträge für Spielhilfen und Abenteuer für „Das Schwarze Auge“ veröffentlicht und vor allem durch sein aktuelles Abenteuer „Klar zum Entern!“ beeindruckt und dem Piraten-Genre im „DSA“-Universum neues Leben eingehaucht. Zudem gehen auch Beiträge zu „Cthulhu“ sowie Kurzgeschichten auf sein Konto.

Wie schon in seinen Kurzabenteuern schafft Tobias Radloff auch hier eine spannende Geschichte in der Spielwelt Aventurien. Passend zum Mantel-&-Degen-Genre geht es ständig spannend und hektisch zu, doch die schnellen Passagen wechseln sich mit ruhigen Szenen ab, die aber nicht minder spannend sind. Immer mehr wird man auch als Leser in das Geschehen hineingezogen, fiebert mit, was und wer hinter dem Ganzen stecken könnte, und versucht die Puzzleteile zusammenzubringen. Da man durch den Einblick in auch andere Personen den Protagonisten stets etwas voraus ist, kann man durchaus einiges erahnen, doch die Hintergründe bleiben einem weitestgehend bis zum Ende verschlossen.

Schon der Beginn des Romans gibt das Tempo für die folgenden Seiten vor, trotzdem gleitet dem Autor die Geschichte nicht aus den Händen. Zudem gelingt es ihm immer wieder, bei aller Spannung und Hektik wohldosierten Humor und Witz einfließen zu lassen, wobei sich vorrangig der Magierschüler Anconio und sein Meister hervortun.

Man merkt, dass Radloff einige Erfahrung über die aventurischen Lande hat und sich etliche Gedanken gemacht und recheriert hat, denn es gibt genügend Anspielungen und Hinweise auf Personen und Orte, so dass man sich heimisch fühlen kann und nahezu mit dem Finger auf der Stadtkarte die Geschichte mitspielen kann.

Die Charakterisierung der Figuren ist vielleicht noch die größte Schwäche des Romans, vor allem Silvanessa bleibt unsympathisch, unbelehrbar und recht eindimensional. Anconio hat da schon mehr Facetten und bietet dem Leser die symapthischere Erscheinung. Mit dem Ordenskomtur Gasto oder dem Fechter Enato bleiben auch die Nebenparts blass und zu vorhersehbar.

Fazit: Auch wenn das Buch mich nicht vollends begeistert hat, bietet es auf jeden Fall solide Unterhaltung im Kosmos des Schwarzen Auges und einige spannende Stunden um eine Kriminalgeschichte, die sich letztlich zur einer größeren Sache ausweitet. „DSA“-Lesern kann mal also eine Empfehlung aussprechen, wenn sie sich für das Horasreich begeistern können. Aber auch für andere Leser bleibt eine spannende Geschichte, wenn sie auch manche Hintergründe, etwa um Ordensrivalitäten, nicht ganz erfassen können.

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Satinavs Auge (DSA-Roman Nr. 97)
Fantasy-Roman
Tobias Radloff
Fantasy Productions 2007
ISBN: 3890644953
384 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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