Die Welt von Avatar

2009 kam ein Science-Fiction-Film namens „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ von Regisseur James Cameron in die Kinos und wurde zum absoluten Supererfolg. Manche mögen ihn als „Pocahontas im Weltraum“ verspottet haben, die überwiegende Mehrheit der Zuschauer erlebte aber ein bildgewaltiges, hoch emotionales Abenteuer auf einer fremden Welt. Lange Jahre wurde über Fortsetzungen berichtet, die sich wieder und wieder verschoben. Nun soll „Avatar 2“ im Dezember tatsächlich erscheinen. Zur Einstimmung gibt es diesen „Reiseführer“ nach Pandora von Dorling Kindersley.

von Bernd Perplies

Der etwas mehr als DIN-A4 große Hardcoverband hat 128 vollfarbige Seiten und wurde von Joshua Izzo auf Basis der Geschichte, der Welt und der Figuren von James Camerons Film zusammengestellt. Man darf also davon ausgehen, dass alle Informationen in diesem Band als kanonisch gelten – zumindest bis ihnen Cameron in einem der vier geplanten Folgefilme widerspricht. Das farbenprächtige Buch ist weitestgehend mit Filmbildern illustriert, es wurden aber auch CGI-Modelle und Fotos von Requisiten verwendet, gerade bei den Übersichten zu Pflanzenarten auf Pandora oder den Handfeuerwaffen des RDA-Personals, das diese Welt ausbeuten will.

Bei den Filmbildern kommt es leider immer wieder zu Unschärfen beziehungsweise einem leicht matschigen Eindruck, weil sie vermutlich einfach nicht hochaufgelöst genug für einen großformatigen Buchdruck vorlagen oder aber weil es schlicht Bewegungsunschärfen gab. Das ist bei Filmbüchern immer wieder ein Problem. Kurios ist es im Fall von Camerons Film natürlich speziell, weil der fast vollständig im Computer entstanden ist und es daher eigentlich hätte machbar sein sollen, Na'vi und ihre Umgebung knackscharf aus den Render-Vorlagen zu erstellen. Aber womöglich hätte das dann „unecht“ gewirkt. Man kann damit auch durchaus leben. Was die Bilder an Atmosphäre transportieren wollen, transportieren sie.



Das Buch ist in 8 Kapitel unterteilt, die sich – nach einem Vorwort von Neytiri-Schauspielerin Zoe Saldana und Produzent Jon Landau – den Themen „Die Welt Pandora“, „Flora“, „Fauna“, „Die Na'vi“, „Clans der Na'vi“, „Heilige Stätten“, „Die RDA“ und „Neuanfänge“ widmen, wobei das letzte Kapitel nur aus einer Doppelseite besteht, die einen winzigen, winzigen Ausblick auf den Film „Avatar 2“ bietet. Ansonsten ist das Buch aber erfreulich bis erstaunlich detailliert. Mit geradezu wissenschaftlicher Erzählfreude wird etwa geschildert, warum es auf Pandora schwebende Felsen gibt. Es werden immerhin 26 von geschätzt 100.000 Pflanzenarten kurz vorgestellt und ebenso 28 Tierarten. Zwar sind die Informationen in vielen Fällen auf ein paar Zeilen beschränkt, aber immerhin gibt es zu allen Einträgen ein Bild. Wichtigen Lebensformen, wie den Flugreittieren der Na'vi wird auch schon mal eine Doppelseite spendiert. Ein paar Spielwerte dazu und das Ganze wäre ein veritables Rollenspiel-Quellenbuch.

Den Ureinwohnern von Pandora, den Na'vi, sind gleich drei Kapitel gewidmet. In ihnen werden Biologie, Kultur und Lebensraum näher betrachtet. Kurz gesagt sind Na'vi in allem besser als Menschen. Stärker, geschickter, schneller, sie können besser sehen, sind naturverbunden – durch eine Erweiterung des Nervensystems in ihren Haarzöpfen sogar mitunter wortwörtlich – und gelten als sehr spirituelle, ideale Gemeinschaft eines Volks, das sich absichtlich für eine sehr einfache, rückständige, aber eben auch ursprüngliche Lebensweise entschieden hat. Anders gesagt werden die Na'vi als die perfekten „edlen Wilden“ präsentiert. Nicht mal der Krieg zwischen Clans, von denen insgesamt sieben kurz vorgestellt werden, ist ein nennenswertes Problem. Jeder erfüllt seinen Zweck, alle dienen dem großen Geist ihrer Welt. Ein Paradies – bis die Menschen kamen.



Im „RDA“-Kapitel wird es gleich deutlich technischer und martialischer. Raumschiffdaten, Ausrüstung, Militärmaschinen und Waffensysteme stehen im Fokus. Natürlich erhält auch das Avatar-Programm ein paar Seiten, dessen Versuch einer kulturellen Annäherung an die Na'vi wirkt aber vor dem Hintergrund der allgemeinen Ausbeutungsbestrebungen der RDA eher wie ein Feigenblatt. Viele schöne Requisiten-Bilder, die jedem SF-Live-Rollenspieler die Tränen in die Augen treiben dürften, zeugen hier von der Detailfreude der Filmemacher und dem Hang von James Cameron zum „industrial SF-Design“, den er von „Terminator“ über „Aliens“ bis „Abyss“ immer wieder bewiesen hat.

Abgeschlossen wird das Buch durch ein Register, das ein schnelles Nachschlagen einzelner Begriffe ermöglicht.

Fazit: „Die Welt von Avatar“ ist ein detailverliebtes und bilderreiches Werk, das sich natürlich vor allem an „Avatar“-Fans richtet und die Zeit bis zum zweiten Film im Winter überbrücken soll. Eine Erinnerung, die Lust macht, den ersten Film erneut zu genießen. Die Aufmachung ist grundsätzlich gelungen, leider trüben einige unscharfe Bilder den guten Eindruck etwas. Bedenkt man, wie perfektionistisch Regisseur James Cameron in technischen Dingen bei seinen Filmen ist, verwundert dieses Manko ein wenig, andererseits wird er solche Begleitprodukte vermutlich einfach abnicken, weil sie für ihn selbst zu unwichtig sind. Wer das Franchise mag, kann hiermit ein wenig in die Tiefe gehen. Das Buch bleibt allerdings streng „in universe“. Es finden sich dort keinerlei Informationen zur Produktion des Films „Avatar“ selbst.

Die Welt von Avatar
Sachbuch
Joshua Izzo, James Cameron
Dorling Kindersley 2022
ISBN: 978-3-8310-3869-5
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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