Die Alchemie Golarions

Alchemie führt in vielen Fantasy-Rollenspielen eher ein Schattendasein und bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück. Hier ein Heiltrank, der meist noch von Wirkern göttlicher Magie hergestellt wird, oder dort ein alchemistisches Feuer. Für mich darf es daher gerne immer mehr Alchemie geben. Und genau hier legen Paizo und Ulisses ihr Handbuch zur Alchemie Golarions vor.

von Tobias Dworschak

 

Zunächst die Daten: Das Werk umfasst 36 vollfarbige Seiten in zweispaltigem Layout und einem gewohnt hochwertigem Erscheinungsbild. Autoren des Bandes sind Jason Nelson, Patrick Renie und David N. Ross, die alle eine lange Liste von Veröffentlichungen für „Pathfinder“ vorweisen können. Die Platzverschwendung in den Handbüchern durch diverse Inhaltsverzeichnisse zu Beginn erwähne ich nicht mehr gesondert, dies gehört zum Standard der Reihe.

Beim ersten Durchblättern fällt mir auf, dass fast jedes Kapitel eine bestimmte Region im Titel trägt. Das macht mich neugierig. Was ich bekomme, ist der Versuch, das Spiel um alchemistische Aspekte zu bereichern. Der Kern dabei ist die Annahme, dass die Fertigkeit Handwerk (Alchemie) als Handwerk zu lange dauert, um am Spieltisch Anwendung zu finden. Deshalb entwerfen die Autoren hier ein neues Regelsystem, die „Spontane Alchemie“. Hier kommen Rezepte ins Spiel, die unterschiedliche Reagenzien und Werkzeuge vorgeben. Hat ein Charakter alle erforderlichen Zutaten beisammen, kann er daraus mit einem erfolgreichen Fertigkeitswurf unterschiedliche Gegenstände herstellen.

Dieses System wird auf zwei Seiten zur Einleitung erklärt und die übrigen Kapitel widmen sich den notwendigen Rezepten (und anderen mehr oder minder alchemistischen Aspekten der unterschiedlichen Regionen). Ich erhalte jeweils eine kurze Einleitung, welche Rolle die Alchemie oder die in dem vorliegenden Band konkret behandelte Facette (z. B. Gifte, Bier oder Drogen) in der jeweiligen Region spielt, bevor ich neue Anwendungsmöglichkeiten für die spontane Alchemie kennen lerne. Dazwischen finde ich immer wieder andere Optionen: neue Talente, Gegenstände oder Archetypen, die alle dem Thema des Bandes treu bleiben. Dabei fällt besonders angenehm auf, dass es hier nicht nur um die kämpferische Auseinandersetzung geht. Im Einzelnen:

Die Kriegsalchemie aus Belkzen liefert viele Stimulanzien und Gifte, die zum martialischen Thema der Region passen. Die Gifte aus der Dolchmark widmen sich insbesondere den Geheimnissen der berüchtigten Giftmischergilde. Die Fungusalchemie der Derros aus den Finsterlanden beschäftigt sich mit der Manipulation allerlei Pilze, zum Beispiel als künstliche Gliedmaßen. Das magische Zwergenbier (!) liefert mit dem betrunkenen Wüter einen Barbarenarchetypen und natürlich Bierbraurezepte. Aus Katapesh kommen Drogen und Hilfsmittel zu deren Applikation. Alchemistische Pfeile aus Kyonin erweitern das Repertoire eines jeden elfischen Bogenschützen. In Nex lerne ich, Schlicke zu züchten. Die Wunschalchemie aus Thuvia beschreibt neue Legendenfähigkeiten und legendäre alchemistische Gegenstände. In Tian Xia ist Kräuterkunde der Alchemie sehr ähnlich, die sonstigen Besonderheiten halten sich aber in Grenzen, also bekomme ich hier in erster Linie weitere Rezepte mit neuen Reagenzien. In Ustalav kann ich Homunkuli verbessern und aus Varisia kommen Feuerwerkskörper für den krönenden Abschluss.

Abgerundet wird der Band durch die Vorstellung einiger Reagenzien in den Umschlagsinnenseiten sowie einem umfangreichen Index alchemistischer Rezepte.

Fazit:
Ich hatte mich sehr auf das Handbuch zur Alchemie Golarions gefreut; auch, weil ich ein großer Fan der Klasse des Alchemisten bin. Aber das Buch ist nicht das, was ich erwartet und erhofft hatte. Das führt freilich nicht dazu, dass ich mit dem Buch unzufrieden bin. Nachdem ich mich auf das neue Subsystem der spontanen Alchemie eingelassen habe, kann ich ihm eine Menge abgewinnen. Der Vorteil ist, dass hier im Grunde alle Klassen profitieren und ihre Spielweise erweitern können. Dadurch wird Alchemie in der Spielwelt verbreiteter. Mir gefallen insbesondere die unterschiedlichen alchemistischen Aspekte der einzelnen Regionen und dabei insbesondere der Umstand, dass eben nicht alles auf Magie basiert.

Die einzelnen Anwendungsmöglichkeiten  sind unterschiedlich gut ausgeprägt. Der Band behandelt alle wesentlichen Regelelemente in „Pathfinder“ und erweitert diese um neue, insgesamt originelle Optionen, die durch ihren neuen (alchemistischen) Hintergrund mal etwas anderes sind. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass das neue Subsystem mehr Buchhaltung durch die Spieler (Reagenzien) erfordert. Gleichzeitig können Rezepte neue Belohnungen für die Spieler sein.


Die Alchemie Golarions
Quellenbuch
Jason Nelson, Patrick Renie, David N. Ross
Ulisses Spiele 2015
ISBN: 978-3-95752-1-408
32 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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