Der Wunderstein vom Amazonas

„Pulp Abenteuer“ prangt auf dem Cover des „Hollow Earth Expedition“-Szenarios „Der Wunderstein vom Amazonas“. Pulp – das klingt nach klischeebeladener Action, hohem Tempo, rasanten Verfolgungsjagden und klarer Schwarz-Weiß-Zeichnung. Doch hält das Szenario, was es verspricht?

von André Frenzer

Das vorliegende Heft umfasst 32 Seiten und kommt mit einem stabil wirkenden Pappcover daher. Es enthält neben dem eigentlichen Szenario auch noch einige zusätzliche Regeln, die das Wirken religiöser Wunder abdecken und Spielern wie Spielleitern weitere Freiheiten in ihren Abenteuern bieten sollen.

Die Handlung des eigentlichen Szenarios ist klassisch: Die Charaktere sind Mitglieder im „Club der Entdecker“ (wobei auch einige Hinweise für die Einführung anderer Charaktere gegeben werden). Im Auftrag ihres Clubleiters begeben sie sich auf die Suche nach einem außergewöhnlichen Artefakt und einer verschollenen Indio-Stadt, die irgendwo tief im Amazonasbecken liegen soll. Während ihrer Suche stoßen sie auf all die wunderbaren Klischees, die das Pulpgenre ausmachen: Nazischergen, verschollene Welten, abgelegene Missionen, Riesenmoskitos und Piranhas – die Liste ließe sich noch fortführen. Für reichlich Action ist also gesorgt, doch auch ein wenig Recherche darf dieses Mal betrieben werden.

Der Aufbau des Szenarios gefällt mir dabei durchaus, ist er doch sehr einsteigerfreundlich gehalten. Ein Haufen „Vorlesetexte“ sind zwischen den Szenen eingestreut, die einem beginnenden Spielleiter das Leben doch deutlich erleichtern. Auch die Aufteilung des Abenteuers in Szenen hilft enorm, das Tempo hoch zu halten. In jeder Szene passiert etwas Spannendes; ist die Szene beendet kann – wie im Film – zur nächsten Actionszene gewechselt werden. Auch sind einige durchaus starke Spielszenen enthalten, die ein hohes Tempo und filmreife Action versprechen.

Es gibt jedoch nicht nur Positives zu berichten: Das große Finale des Szenarios wirkt ein wenig uninspiriert und verlangt von der Spielleitung, noch um einiges aufgepeppt zu werden, um wirklich spannend zu sein. Auch geben viele Beschreibungen in dem Band den Ausgang der jeweiligen Szene bereits vor: Railroading scheint in weiten Teilen vorprogrammiert. Zu guter Letzt bleiben viele Nichtspielercharaktere in ihrer Charakterzeichnung äußerst blass, was wirklich schade ist, da einige gute und interessante Ansätze zu erkennen sind.

Bleibt noch das kurze Regelpaket am Ende des Bandes, das umfangreich und praktikabel ausgefallen ist. Auch ergänzen die Regeln die Möglichkeiten für Spieler religiöser Charaktere enorm und sind damit für diese fast unverzichtbar. Insbesondere gefallen mir die Regeln für das Entwerfen eigener Wunder.

Das Layout des Bandes ist durchschnittlich, was sicherlich nichts Schlechtes bedeutet. Der Band ist übersichtlich, angenehm gut übersetzt und lektoriert, und in Extrakästen enthaltene Zusatzinformationen sind optisch klar abgegrenzt. Der Band ist reichlich und in gleich bleibender Qualität bebildert.

Fazit: Ein wunderbar klassisches Setting, viel Action und mal wieder äußerst einsteigerfreundlich, so präsentiert sich „Der Wunderstein am Amazonas“. Wen der Mangel an Bewegungsfreiheit nicht stört, und vielleicht sogar zum ersten Mal ein Pulp-Abenteuer leitet, der erhält ein klassisch-pulpiges Szenario mit Nazis, rasanten Verfolgungsjagden und unentdeckten Kulturen. Erfahrene Spielgruppen finden hier aber in Handlung und Handlungsverlauf wenig Neues. Für alle interessant ist aber der Regelteil, sodass – gerade bei dem guten Preisleistungsverhältnis – eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden kann!


Der Wunderstein vom Amazonas
Abenteuerband
Sean Gore
Uhrwerk Verlag 2011
ISBN: 978-3942012157
32 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 10,95

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