Der Hobbit - Die Schlacht der Fünf Heere

Spätestens seit der Peter-Jackson-Filmadaption von J.R.R. Tolkins „Der Hobbit“ kennt wohl jedes Kind das spektakuläre Ende der Geschichte, wenn Zwerge, Elben, Seemenschen, Orks und Adler im Kampf aufeinandertreffen – wobei der Film die Schlacht ein wenig übertrieben hat, aber das ist eine andere Geschichte. In dem Brettspiel „Die Schlacht der Fünf Heere“ (von den Machern von „Der Ringkrieg“) lässt sich der Konflikt nun am Tisch nachempfinden.

von Frank Stein

Das Spiel, das für zwei Spieler ab 13 Jahren geeignet sein soll (ich würde das Einstiegsalter eher bei 15 ansiedeln), ist ein strategischer Konflikt durch und durch. Mehrere Stunden lang (unter drei ist eigentlich keine Partie möglich) rekrutieren die Kontrahenten Truppen, verschieben Armeen und versuchen die unterschiedlichen Siegbedingungen zu erfüllen. Dabei ist das Spiel asymmetrisch aufgebaut. Der Spieler, der die Ork-Streitmacht mit ihrem Anführer Bolg führt, muss Siegpunkte erringen, indem er Siedlungen und Festungen erobert. Der Spieler der Menschen, Elben und Zwerge – das Spiel überspringt den Zwist der Völker untereinander –muss stattdessen ausharren, bis ein Marker auf der Schicksalsleiste von 0 bis 15 vorgerückt ist (oder Bolg stirbt, eine praktisch nicht zu schaffende Siegbedingung). Der eine Gegner greift also konstant an, der andere spielt auf Zeit.

Die Ausgangssituation ist zunächst in jeder Partie gleich. Wo welche Armeen und Rekrutierungsplättchen auf dem Schlachtfeld vor dem Einsamen Berg liegen, wird vom Regelwerk festgelegt. So soll vermutlich ein ausgeglichener Startpunkt erzeugt werden. Gleichzeitig ist das jedoch auch direkt die größte Schwäche des Spiels, denn von diesem Startpunkt aus entwickelt sich jede Partie irgendwie ähnlich, je besser die Spieler ihre Armeen kennen, umso mehr. Bei einem derart zeitaufwändigen Spiel kommt so nach wenigen Partien ein Gefühl von Wiederholung auf, dem sich auch nur bedingt durch Rollenwechsel entgegensteuern lässt. Die zweite Kritik entzündet sich am kaum ausgeglichenen Schwierigkeitsgrad. Die Orks besitzen spürbar mehr Truppen als die Freien Völker, und es ist wahnsinnig schwer für den Spieler der Menschen, Elben und Zwerge gegen diese Flut aus Angreifern acht oder mehr Runden zu bestehen, bis die Schicksalsleiste 15 erreicht. Daran ändern auch die vielen namhaften Helden – etwa Gandalf, Thorin oder Thranduil – nichts, die als „Generäle“ die Armeen der Freien Völker unterstützen. Es ist daher zu empfehlen, den taktisch versierteren Spieler in die Rolle der „Guten“ zu stecken und den weniger kundigen in die der „Bösen“.

Gespielt wird eine Partie über mehrere Runden, die sich in sechs Phasen unterteilen. Zunächst nimmt jeder Spieler seine Aktionswürfel und zieht eine Geschichtenkarte vom eigenen Stapel sowie eine Ereigniskarte vom gemeinsamen. Während die Karten im Verlauf der Runde genutzt werden können, um persönliche Vorteile zu erringen, dienen die Würfel dazu, festzulegen, was man überhaupt tun darf. Anschließend aktiviert der Spieler der Freien Völker nach Belieben Generäle und legt Führungsmarker, die seine Armeen verstärken. Generäle bieten Sondereffekte, die hilfreich im Konflikt sind, aber einen Preis haben. Denn im Gegenzug darf der Schattenspieler Schicksalsplättchen ziehen, immer nacheinander und für jeden aktivierten General eins. Die Schicksalsplättchen weisen die Zahlen eins bis drei auf und bewegen einen Marker auf der Schicksalsleiste. Logischerweise möchte der Schattenspieler möglichst geringe Zahlen ziehen. Je mehr Generäle aktiviert sind, desto besser stehen also die Chancen, eine kleine Zahl zu ziehen. Das muss der Spieler der Freien Völker abwägen. In Phase vier darf der Schattenspieler noch Führungsmarker und Große Fledermäuse, die Zusatzeffekte auslösen, legen.

Die wichtigste Phase ist die fünfte, denn hier werden die Aktionswürfel geworfen und dann nacheinander im Wechsel abgehandelt. Mit diesen Würfeln können Armeen bewegt, Ereigniskarten gespielt, Angriffe durchgeführt oder Truppen rekrutiert werden. Der Schattenspieler hat zu Beginn sechs Würfel, der Spieler der Freien Völker fünf und beide können je einen hinzu gewinnen, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Man sieht also, dass in einer Runde verdammt viel passiert, zumal Bewegungen und Kämpfe oft kombiniert mit einem Würfel ausgelöst werden. Da kann schon mal eine halbe Stunde pro Runde vergehen. In der letzten Phase wird geprüft, ob jemand gewonnen hat – dann geht es in die nächste Runde.

Im Kampf werden im Wesentlichen sechsseitige Würfel entsprechend der Kampfstärke der eigenen Armee (maximal fünf) geworfen. Jede fünf oder sechs ist ein Schaden. Sobald man Schaden in Höhe der Armeegröße (auch maximal fünf) genommen hat, muss man ihn abbauen, indem man Armeefiguren vom Spielbrett nimmt – immer eine für zwei Schadenspunkte. Aufgepeppt wird der Kampf durch Ereigniskarten und Geländevorteile, wie Wehranlagen oder Hänge, im Grunde ist das Ganze aber recht einfach gehalten.

Überhaupt sind die Regeln des Spiels eigentlich nicht schwer. Sie sind allerdings etwas weitschweifig und umständlich auf 35 Seiten präsentiert, sodass man sich anfangs ein wenig erschlagen davon fühlt. Beispielsweise muss man sich erstmal daran gewöhnen, dass viele Effekte auf verschiedene Weise ausgelöst werden können. Eine Armee lässt sich zum Beispiel mit drei verschiedenen Würfelsymbolen aktivieren (je nach Zusammensetzung) und auch noch über Ereigniskarten. Erfreulicherweise existiert für jeden Spieler eine doppelseitige Regelübersicht, die praktisch alles enthält, was man fürs Spiel wissen muss. Zum Regelheft muss man daher während einer Partie kaum noch greifen.

Das Spielmaterial bekommt eine gute Note. Ein stimmungsvoll gemalter Spielplan und 126 Miniaturen sorgen für Atmosphäre am Tisch. Leider sind die Minis recht klein, allerdings kostet das Spiel dadurch auch maximal 70 Euro und keine 100 oder mehr, wie man es von vielen miniaturenlastigen Spielen der jüngsten Zeit kennt. Hübsche, aber nicht überladene Pappmarker und Ereigniskarten, die sich auf ihren Text, statt auf epische Optik konzentrieren, ohne dadurch hässlich zu wirken, runden das Bild eines eleganten Schlachtenspiels für Kenner ab.

Fazit: „Die Schlacht der Fünf Heere“ ist ein spannendes, aber auch forderndes und zeitaufwändiges Strategiespiel für zwei Spieler, das die finale Konfrontation des „Hobbits“ thematisch gelungen in Szene setzt. Das Spielmaterial geht für den Preis absolut in Ordnung, die Regeln sind von überschaubarer Komplexität, wenn man das Prinzip erstmal verinnerlicht hat. Ein Kritikpunkt ist der immer gleiche Spielaufbau, der auf Dauer zu ähnlichen Partien führt. Die Herausforderung liegt dabei vor allem beim Spieler der Freien Völker, der sich gegen eine gefühlte Übermacht der Orks verteidigen und irgendwie durchhalten muss bis der Schicksalsmarker ihn erlöst. Ein Spiel für Menschen, die gerne ihre Strategie mit jeder Partie weiter optimieren, ohne dabei ein völlig neues Abenteuer zu erleben. (Wer es übrigens gerne komplexer hat, sollte zum „Ringkrieg“ greifen. Gemeinhin gilt „Die Schlacht der Fünf Heere“ als „Ringkrieg light“.)


Der Hobbit – Die Schlacht der Fünf Heere
Brettspiel für 2 Spieler ab 13 Jahren
R. Di Meglio M. Maggi F. Nepitello
Ares/Heidelberger Spieleverlag 2014
EAN: 4015566032934
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 69,99

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